piwik no script img

Geschäftsführerin über FSK.online"Leitlinie Risikominimierung"

Konfrontation und Verstörung müssen nicht sein, sagt die Geschäftsführerin der Freiwilligen Selbstkontrolle, Christiane von Wahlert. Ob das auch online klappt?

Filter davor: Damit der Nachwuchs nur das sieht, was er sehen darf. Bild: miss.sophie / photocase.com
Interview von Corinna Klingler

taz: Die Freiwillige Selbstkontrolle (FSK) kennt jeder, der mal im Kino war. Wird das bisherige Prinzip mit FSK.online auf das Internet übertragen?

Christiane von Wahlert: Der Jugendschutz ist im Bereich Kino und Video und im Internet gesetzlich unterschiedlich geregelt. Für die Kino- und Videoherausbringung muss der Anbieter seinen Film bei der "klassischen" FSK für eine Altersfreigabe vorlegen, sonst ist der Film automatisch nur für Erwachsene.

Im Internet liegt es in der Verantwortung des Anbieters selbst, alle Inhalte auf seiner Website einzuschätzen, ob sie für Kinder und Jugendliche einer bestimmten Altersgruppe entwicklungsbeeinträchtigend sind. Ist das der Fall, muss die Website so gestaltet sein, dass die betroffene Altersstufe die Website "üblicherweise nicht wahrnimmt", wie es im Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) formuliert ist, das heißt, der Anbieter muss bestimmte Maßnahmen ergreifen.

Bild: privat
Im Interview: Christiane von Wahlert

studierte Sozial- und Erziehungswissenschaften. Seit 1999 ist sie Geschäftsführerin der Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (Spio), seit 2002 Geschäftsführerin der FSK.

Wie sehen die aus?

Im Internet geht es vor allem darum, Zugangsbeschränkungen für Angebot und Inhalte "ab 16" und "ab 18" einzurichten. Der Anbieter kann zwischen verschiedenen Möglichkeiten wählen. Erstens, die Zeitschaltungen: Inhalte "ab 16" nur zugänglich machen zwischen 22 und 6 Uhr, Inhalte "ab 18" nur zwischen 23 und 6 Uhr.

Zweitens, technische Verbreitungsbeschränkungen: Nutzung eines von der Kommission für Jugendmedienschutz positiv bewerteten Altersverifikationssystems. Drittens: Programmierung der Website für ein Jugendschutzprogramm, das allerdings nur für Inhalte bis "16", nicht für Inhalte "ab 18". Es ist zu erwarten, dass Anfang 2012 zwei anerkannte Jugendschutzprogramme zur Verfügung stehen.

Nun ist ja das Internet nicht nur auf Deutschland beschränkt. Es gibt genügend Seiten, die Filme anbieten und ihre Server im Ausland stehen haben. Die sind meist jedem Mittelstufenschüler bekannt.

Illegale Film-Angebote im Netz verletzen nicht nur das Urheberrecht, sie umgehen auch jeglichen – nationalen – Jugendschutz. Aber deswegen auf nationaler Ebene nichts zu tun, wäre töricht. Das Internet ist kein rechtsfreier Raum.

Wie erfolgreich kann FSK.online überhaupt funktionieren?

Wie erfolgreich FSK.online funktionieren wird, lässt sich vier Tage nach der offiziellen Anerkennung schwerlich sagen. Anbieter können durch eine Mitgliedschaft bei FSK.online auch den Usern signalisieren, dass der Jugendschutz für sie ein hohes Gut darstellt. Die Leitlinie im Internet heißt Risikominimierung. Wenn ein Jugendlicher im Internet gezielt Pornografie sucht, wird er immer fündig. Es wäre ja schon etwas erreicht, wenn im "deutschen Internet" die ungewollte Konfrontation eines Kindes mit einem Inhalt verhindert wird, der es verstören kann.

Wie viele Prüfer kümmern sich um FSK.online?

Derzeit prüft FSK.online noch gar nicht, es geht ja jetzt erst los. Die FSK.online-Prüfer werden aus dem großen Kreis der etwa 250 FSK-Prüfer berufen. Wie viele FSK.online benötigen wird, hängt davon ab, wie viele Anbieter von Telemedien bei uns Mitglied werden. Mit den ganzen Vorbereitungen waren über viele Monate etwa fünf bis sechs Mitarbeiter befasst.

Fünf bis sechs Leute für das ganze Internet?

Ich sagte, mit den Vorbereitungen waren fünf bis sechs Leute befasst. FSK.online ist nicht für das ganze Internet zuständig, sondern für die Unternehmen, die sich FSK.online via Mitgliedschaft anschließen.

Wer werden die Kunden für FSK.online sein?

Wir sind lizenziert für alle Telemedien, also alles, was im Internet erscheint. In erster Linie sprechen wir die Filmbranche an, also zum Beispiel Filmverleiher, Kinobetreiber oder Videothekare mit eigenem Webauftritt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

1 Kommentar

 / 
  • FS
    Felix S.

    Dieser Artikel und dieses Interview zeigen einmal mehr die absolute Sinnlosigkeit des Jugendschutzes für Medien, vor allem im Internet.

     

    Das Interview mit Frau von Wahlert zeigt die pure Ignoranz, der penetrante Versuch an Machterhalt einer Quasibehörde von der jeder weiß dass sie komplett unnütz ist.

     

    Und Sehr geehrte Frau von Wahlert: Es gibt ein paar sehr schlüssige Punkte die jedem normal denkenden Menschen auffallen wieso der Internetjugendschutz nie funktionieren kann und wird:

     

    1.) Der Anbieter muss also eine Beschränkung einrichten. So so.

    Je mehr sie regulieren desto mehr Webseitenbetreiber ziehen ihre Internetpräsenz einfach in's nichteuropäische Ausland um. Problem gelöst und der deutsche Rechtsstaat kann nur noch ein Rechtshilfeersuchen stellen. Viel Spaß dieses nach Osteuropa zu stellen.

     

    2.) Technische Nutzungsbeschränkungen müssen vom Benutzer auf dem Rechner selbst installiert werden (und sind sehr leicht zu umgehen), aus Providerseite ist diese Restriktion auch eher ein Witz und eine Sache von nicht einmal 3 Minuten Google. Inklusive Einrichtung wohl gemerkt.

     

    3.) Programmierung der Jugendschutzprogramme: Gibt es schon, wird leicht umgangen und die USK möchte noch einmal eines bauen. Super! Das lohnt sich natürlich wirklich.

     

    4.) Natürlich geht es dabei auch um das Urheberrecht. Der taz-Autor hat ihnen explizit die Frage gestellt wie das funktionieren soll und dass viele Server im Ausland stehen. Sie fanden darauf keine Antwort deswegen gebe ich ihnen nun eine.

     

    Spezialisierte Hosting-Anbieter im Ausland werben regelrecht damit Beschwerdemails (Abuse) vollautomatisiert in den virtuellen Papierkorb zu werfen.

    Natürlich eigenen sich diese auch hervorragend zum Urheberrechtsbruch.

     

    Das langsame mahlen deutscher Amtsmühlen ist hinlänglich bekannt und vor allem können sie nicht bis in die Ukraine, Malaysia oder nach Russland reichen.

     

    Es ist diesen Anbietern die für andere Firmen Server vermieten vollkommen egal was sie mit diesen Servern anstellen oder wer sie sind. Einige bieten sogar die Bezahlung per Bargeld und Brief an.

     

    Und wissen sie was das schönste daran ist? Es gibt weder etwas das sie dagegen tun können noch können sie die Jugend vor dem Internet schützen noch können sie das Internet in irgendeiner Art und Weise regulieren.

     

    Sie haben versagt.