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Geschäfte mit der Junta

Bis zum Wahlsieg der „Unidad Popular“ (UP) Allendes war die BRD Chiles drittwichtigster Handelspartner. Danach gab es dann jedoch keine nennenswerten Neuinvestitionen. Die Bundesregierung stoppte sogar alle Entwicklungsprojekte in Chile und ließ nur noch die bereits laufenden fertigstellen. Die bundesdeutsche Wirtschaft beteiligte sich zusammen mit anderen großen Industrienationen, allen voran die USA, am Handelsboykott gegen Chile. Bundesdeutsche Konzerne, die vorzugsweise in Teilen der dynamischen Wirtschaft größere Investitionen getätigt hatten, wie BASF, Bayer und Hoechst, zogen massiv Kapital aus Chile ab. Bei den Umschuldungsverhandlungen, die die Regierung Allende 1971 auch mit der BRD führte (die BRD war Chiles drittgrößter Gläubiger), verlangte die Bundesregierung von der UP Entschädigung für enteignete Betriebe, die Deutschen gehörten, andernfalls werde man den Umschuldungsverhandlungen nicht zustimmen. Mit ökonomischem Druck und Handelsboykott, mit Investitionsstopp und Kapitalabzug hat die BRD erheblich mit dazu beigetragen, daß die legitime Regierung Chiles gestürzt werden konnte. Zu einem wahren Chile–Boom der bundesdeutschen Wirtschaft kam es jedoch erst wieder nach dem Putsch der Generäle gegen die demokratisch gewählte Regierung des Sozialisten Allende. „Die Dresdner Bank war die erste deutsche Bank, die in Chile zwei Wochen nach dem Regierungswechsel präsent war, um finanzielle Unterstützung für den Wiederaufbau anzubieten.“ Mit dieser Erklärung bedankte sich der Vorsitzende der Dresdner Bank, Helmut Haeusgen, beim Junta–Chef persönlich für das gute Investitionsklima. Durch hohe Einlagen der Deutschen Bank bekam die Junta 1978 den ersten großen Kredit durch ein internationales Bankenkonsortium. Weitere Kredite flossen und fließen großzügig über die Weltbank, den Internationalen Währungsfond und die Interamerikanische Entwicklungsbank (an der BRD–Banken maßgeblich beteiligt sind). Der Handel wurde ohnehin durch die Gewährung von Hermesbürgschaften (Exportgarantien durch die Bundesregierung - im Jahr 1978 z.B. gab es Garantien für 530 Mio. DM) der Bonner Regierung schon gleich nach dem Putsch wieder kräftig in Gang gebracht. Als die Junta dann 1977 das chilenische Investitionsstatut änderte und die Importzölle und das Zinsniveau senkte, drängten sich bundesdeutsche Vertreter aus Politik und Wirtschaft geradezu darum, der Diktatur ihre Aufwartung zu machen. Heute ist Chile mit 20 Milliarden Dollar international verschuldet, die Arbeitslosenquote liegt zwischen 30 und 40 Prozent, die Inflationsrate hat sich wieder auf 20 Prozent erhöht, und der Reallohnabbau hat sich um dieselbe Prozentzahl vergrößert. Mit „Bewunderung“ und „Sympathie“ kommentierte 1981 in Santiago der Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Otto Schlecht, diese Entwicklung gegenüber Pinochet. Die Bundesrepublik nimmt zehn Prozent der chilenischen Exporte auf und ist damit hinter den USA Chiles zweitwichtigstes Käuferland. Umgekehrt lieferte die BRD–Wirtschaft Waren für 571 Millionen DM nach Chile und ist damit drittwichtigstes Lieferland. Aber seit einigen Jahren ist die Handelsbilanz für die BRD defizitär. Mit einem Handelsüberschuß von 462 Mio. DM für die Junta leistet die BRD einen wichtigen Beitrag zur Einnahme von Devisen für die Diktatur und trägt damit zur Stabilität des Pinochet–Regimes bei. Nahezu alle großen BRD–Konzerne sind im Chile–Geschäft: Siemens, AEG, Dr. Ötker, Triumph, Metallgesellschaft AG und die Chemiegiganten. Seit Jahren sickert auch immer wieder an die Öffentlichkeit, was die bundesdeutsche Wirtschaft - und Regierung - gerne vertuschen möchte: der Waffenhandel mit Chiles Diktatoren. LKWs von Magirus–Deutz, Panzerabwehrraketen, Hubschrauber und Bodenraketen von Messerschmitt–Bölkow–Blohm (MBB), U–Boote und diverses „Kleinzeug“ speziell für den Krieg nach innen: Logistik; Pistolen und automatische Waffen von Heckler und Koch. Auch daß die bundesdeutschen Konzerne Hoechst, Metallgesellschaft AG, AEG und Siemens daran beteiligt waren, dem Pinochet–Regime bei der Nutzbarmachung eines militärischen Kernforschungszentrums behilflich zu sein, ist längst kein Geheimnis mehr. Heute ist die BRD Chiles viertgrößter Waffenlieferant. Das wirtschaftliche und militärische Zusammenwirken mächtiger Finanz– und Konzernkreise der BRD mit dem Chile Pinochets existiert nicht nur mit Wissen, sondern mit Billigung und Wohlwollen der Regierung in Bonn. time

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