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■ Gerichtsurteil: Die FDP muß 10 Millionen Mark zurückzahlenHerr von Brauchitsch, übernehmen Sie!

In der Bundesliga drohte jetzt der Lizenzentzug. Schlecht gewirtschaftet, ab zu den Amateuren. Zehn Millionen Minus in der Kasse ist für die FDP schon existenzbedrohend. Aber können Parteien pleite gehen? Wie real diese Gefahr sein kann, weiß keine Partei besser als die FDP. Als mitgliederschwaches Gebilde, das seine Existenz noch nie aus eigenen Beiträgen sichern konnte, war die FDP schon immer auf kreative Geldbeschaffung angewiesen.

Kein Wunder, daß gerade die Freien Demokraten wahre Virtuosen unter den Spendeneintreibern wurden. Aber auch dem geschicktesten Trickser unterläuft mal ein Patzer. Der Formfehler des Hermann- Otto Solms gehört da noch in die harmlosere Kategorie. Man erinnere sich an die Geleitzüge von Otto Graf Lambsdorff, die dieser mit dem Flick-Bevollmächtigten von Brauchitsch ins Finanzministerium fahren ließ, um der superreichen Flick-Family Steuern zu sparen und der FDP etwas Geld in die Kasse zu spülen. Oder an das Rätsel um den Tod des Herbert Karry. Bis heute ist der Mord an dem FDP-Schatzmeister unaufgeklärt, konnten die Autonomen, die die Polizei als Täter verdächtigte, nicht präsentiert werden. Statt dessen hielten sich über Jahre hartnäckige Gerüchte von Waffenhändlern, die über nicht eingehaltene Versprechungen der Partei verärgert gewesen sein sollen.

Daß diese Vermutung nicht so abwegig ist, wie sie auf den ersten Blick scheinen mag, daß die FDP durchaus über gute Kontakte ins entsprechende Milieu verfügt, zeigt der jetzt bekannt gewordene Absender der 300.000-Mark-Großspende aus dem Jahr 1996. Der Waffenhändler Rolf Wegener hat sein Geld an die FDP sicher nicht aus purer Freundschaft zu Jürgen Möllemann und sicher nicht aus liberalem Idealismus überwiesen.

Doch allen Gefahren der Geldbeschaffung zum Trotz – die Freidemokraten werden es schaffen. Solange sie in der Regierung sitzen, ist eine Auflösung der Partei aus Geldmangel nicht zu befürchten. Was die Partei jetzt braucht, ist ein neuer Kreativschub. Jetzt muß Guido Westerwelle zeigen, ob er wirklich das Zeug hat, um in die Fußstapfen des Grafen Lambsdorff zu steigen. Dabei wird die Öffentlichkeit die wahren Qualitäten der heutigen FDP-Führungsgarnitur wahrscheinlich erst Jahre später bewundern können – wenn wieder einmal ein Untersuchungsausschuß damit beschäftigt ist, die Hintergründe der Rettungskampagne „Weihnachten 97“ auszuleuchten. Jürgen Gottschlich

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