Gericht moniert „Razzia“ in Ministerium: Aufregerthema verpufft
Die Durchsuchung im Bundesjustizministerium im Herbst war laut Gerichtsentscheid nicht angemessen. Dabei waren die Umstände von Anfang an seltsam.
Dabei waren die Umstände der „Razzia“ von Anfang an höchst seltsam: Die Durchsuchungen wurden von einem Staatsanwalt in Osnabrück angeordnet und von einer Amtsrichterin in Osnabrück abgesegnet, die beide aktive CDU-Anhänger sind und früher als persönliche Referenten eines CDU-Justizministers in Niedersachsen gearbeitet hatten. Auch ist es sehr ungewöhnlich, dass Staatsanwälte kurz vor einer Wahl Behörden oder Ministerien durchsuchen, weil dies als politische Einflussnahme gedeutet werden könnte.
Durchsuchung wäre „nicht erforderlich“ gewesen
Vor allem aber war nie ersichtlich, warum diese Durchsuchungen überhaupt nötig waren, denn Justiz- und Finanzministerium waren bereit, mit der Staatsanwaltschaft aus Osnabrück zusammenzuarbeiten. Allerdings reichte ihnen nicht nur ein Telefonanruf. Der zuständige Referatsleiter im Justizministerium wollte zunächst eine schriftliche Anfrage sehen, bevor er Akten herausrückte. Dieses Vorgehen war genau richtig, wie das Landgericht in Osnabrück jetzt befand.
Noch erstaunlicher: Die Staatsanwaltschaft in Osnabrück hatte Akten angefordert, die sie längst besaß. Auch alle anderen „erstrebten Beweismittel“ hätten sich bereits „bei den Ermittlungsakten befunden“, wie das Landgericht feststellte. Die Richter konstatieren daher nüchtern, dass eine „Durchsuchung nicht erforderlich gewesen“ wäre.
Konkret ging es um Verdachtsfälle bei der Financial Intelligence Unit (FIU), die Geldwäsche aufklären soll und zum Zoll gehört. Eine niedersächsische Bank hatte im Juni 2018 gemeldet, dass mehr als eine Million Euro nach Afrika transferiert werden sollten, aber der Verdacht bestand, dass damit Waffen- und Drogengeschäfte finanziert würden. Die FIU leitete diese Meldung jedoch nicht an die Kriminalämter weiter, so dass die Bank das Geld überweisen musste. Die Staatsanwaltschaft in Osnabrück ermittelt daher seit 2020 „gegen unbekannt“ wegen „Strafvereitelung im Amt“. Allerdings wird „unbekannt“ bei der FIU vermutet, nicht im Finanz- oder Justizministerium.
Das Justizministerium hat gleich nach der Bundestagswahl Beschwerde gegen die Durchsuchung eingelegt, das Finanzministerium hat darauf verzichtet. Daher hat sich das Landgericht in Osnabrück nur zum Justizministerium geäußert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!