Gericht kassiert Abmahnung: Ein Erfolg für die Gewerkschaft an der FU Berlin
Das Landesarbeitsgericht entscheidet, dass der FU-Präsident eine Abmahnung gegen das Vorstandsmitglied der Verdi-Betriebsgruppe zurücknehmen muss.
taz | Die Betriebsgruppe der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi an der Freien Universität Berlin (FU) hat einen Erfolg vor dem Landesarbeitsgericht erzielt. Es entschied, dass der FU-Präsident eine Abmahnung zurücknehmen muss, die er gegen das Vorstandsmitglied der Verdi-Betriebsgruppe, Lukas S., erlassen hatte.
Noch im Januar 2025 hatte das Berliner Arbeitsgericht die Abmahnung des Gewerkschafters für rechtmäßig erklärt. Die Entscheidung wurde bundesweit als Einschränkung der gewerkschaftlichen Rechte kritisiert.
Anlass für die Abmahnung war ein Aufruf der Verdi-Betriebsgruppe an der FU Berlin vom Februar 2024. Damals gingen in ganz Deutschland Hunderttausende gegen eine weitere Rechtsverschiebung auf die Straße, nachdem ein Treffen zwischen Mitgliedern von AfD und CDU, der Werteunion und Vertreter*innen der Wirtschaft in einer Villa in Potsdam bekannt geworden war.
An den Protesten hatte sich die Verdi Betriebsgruppe der FU Berlin mit einem eigenen Aufruf beteiligt. Die Gewerkschafter*innen kritisierten dort nicht nur die AfD, wie schon an dem Untertitel des Aufrufs „Gegen AfD und die Abschiebepolitik der Ampelregierung“ deutlich wurde. In einem Passus werfen sie der FU-Verwaltung vor, durch Nichteinhaltung von Tarifverträgen und der Bekämpfung der gewerkschaftlichen Mitbestimmung zur Rechtsverschiebung beigetragen zu haben.
Ein großer Erfolg
Das FU-Präsidium reagierte darauf mit der Abmahnung von Lukas S. und drei weiteren Verdi-Gewerkschafter*innen. Das Arbeitsgericht hatte die Maßnahme mit der Begründung gebilligt, dass es sich bei dem Passus in dem Aufruf um Schmähkritik handele. Dem widersprach das Landesarbeitsgericht: „Vielmehr handelte es sich um eine Meinungsäußerung mit wahrem Tatsachenkern“, stellte es fest.
Der Arbeitsrechtler Benedikt Hopmann sieht in der Entscheidung einen großen Erfolg. „Die Verdi-Betriebsgruppe der FU durfte verbreiten: Wer wie das FU-Präsidium Tarifverträge nicht einhält, bekämpft aktiv Mitbestimmung und demokratische Prozesse und sorgt so für politischen Verdruss“, schreibt er in einen Kommentar auf der Homepage der Verdi-Betriebsgruppe.
Eine Abmahnung ist arbeitsrechtlich die Vorstufe zur Kündigung. Diese Gefahr ist für Lukas S. gebannt. Bei den drei weiteren Gewerkschafter*innen an der FU, die wegen des Aufrufs eine Abmahnung bekommen haben, sind die Berufungsverfahren vor dem Landesarbeitsgericht noch nicht abgeschlossen.
Nach dem Erfolg von Lukas S. sind ihre Chancen groß, dass auch ihre Abmahnungen aufgehoben werden.
Gemeinsam für freie Presse
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Alle Artikel stellen wir frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade in diesen Zeiten müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass kritischer, unabhängiger Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert