Geplantes Abschiebegefängnis in NRW: Ein falsches Signal, sagt der Priester
In Mönchengladbach soll ein Abschiebegefängnis gebaut werden. Dagegen regt sich weiter Protest in der Stadt.
Damit hatte man in Mönchengladbach nicht gerechnet. Nachdem Anfang des Jahres bekannt geworden war, dass die Landesregierung hier in ein Abschiebegefängnis bauen will, regte sich in der Stadt Widerstand. Und der ist größer als selbst die ihn tragenden Initiativen erwartet hatten.
Eine breites Bündnis aus Kirchen, dem Flüchtlingsrat und Menschenrechtsgruppen hatte sich zusammengefunden, um den Bau von diesem Gefängnis, in dem bis zu 140 abzuschiebende Flüchtlinge interniert werden sollen, zu verhindern. Über 170 Bürgerinnen und Bürger hatten sich Ende Oktober in der zentralen Citykirche eingefunden, um einer Veranstaltung des Bündnisses „Abschiebegefängnis verhindern“ beizuwohnen.
Ähnlich gut besucht war nun auch eine Kundgebung im Dezember vor den Räumlichkeiten des Sitzungssaales des Mönchengladbacher Stadtrates. „30 Personen waren zu unserer Kundgebung am 17. Dezember angemeldet“, so die Sprecherin Mara Sauer vom Bündnis „Abschiebegefängnis verhindern“ gegenüber der taz. „Gekommen waren vier bis fünf Mal so viele.“
Scharf kritisiert wurde das Abschiebegefängnis auf der Kundgebung unter anderem von dem katholischen Priester Christoph Simonsen und dem evangelischen Pfarrer Wolfgang Hess. Ein Abschiebegefängnis, so Christoph Simonsen von der Citykirche, sei in einer Stadt, in der 150 Nationen zusammenleben, ein falsches Signal. „Es schürt, bewusst oder unbewusst, Vorurteile, weil der Eindruck entsteht, dass Menschen in Gewahrsam genommen werden, die sich etwas zuschulden kommen lassen haben oder andere in Gefahr bringen würden“. Simonsen fürchtet sich vor rechten Parolen „von unverantwortlichen Verantwortungsträgern, die uns immer tiefer in einen Kulturkampf stürzen, in dem die Schwächsten stigmatisiert werden. Darunter auch die Geflohenen.“
Mangelhafte Rechtsstaatlichkeit
Immer wieder weisen die Aktivisten darauf hin, dass in fast der Hälfte der Fälle Abschiebehaft nicht rechtsstaatlich abläuft. Sie berufen sich dabei auf ein taz-Interview des auf Abschiebungen spezialisierten Rechtsanwaltes Peter Fahlbusch.
Das Bündnis „Abschiebegefängnis verhindern“ hat sich viel vorgenommen. Sowohl Bund als auch Land wollen die Mönchengladbacher „Unterbringungseinrichtung für Ausreisepflichtige“ (UfA) – so der offizielle Name. Und auch SPD und CDU, die gemeinsam im Mönchengladbacher Stadtrat die Mehrheit bilden, wollen die Haftanstalt. Die Mönchengladbacher Haftanstalt wäre, wenn sie denn gebaut wird, die zweite in NRW. Derzeit gibt es in NRW eine Abschiebeanstalt mit 170 Plätzen in Büren.
„Mit der zweiten Unterbringungseinrichtung schaffen wir die notwendigen Kapazitäten, um Rückführungen weiter rechtssicher und geordnet vollziehen zu können“, zitiert das Finanzministerium die Ministerin für Flucht und Integration, Josefine Paul (Grüne) Mitte November.
Aktivist:innen bereiten sich vor
Für Mara Sauer und ihre Mitstreiter:innen geht der Kampf im neuen Jahr weiter. Einfach sei dies nicht, sei doch die Entscheidungsfindung von Behörden und Politik sehr undurchsichtig, kritisiert die Aktivistin. Auch die Stadt Mönchengladbach ist an dieser Entscheidungsfindung beteiligt, da sie die baurechtlichen Voraussetzungen schaffen muss. Und deswegen werde man sehr genau die Arbeit des Bauausschusses des Stadtrates verfolgen. „Und auch auf die nächste Ratssitzung im März, bei der der Stadtrat vermutlich seine Zustimmung geben will, bereiten wir uns vor“, so Sauer.
Abschiebegefängnisse, so Sauer, stehen für eine Gesellschaft, die sich immer mehr entmenschliche. „Menschen, die nicht den richtigen Pass haben, wird das Menschsein, ja die Legitimation zu leben, abgesprochen.“ Deswegen sei der Kampf gegen das Mönchengladbacher Abschiebegefängnis auch ein Einsatz für mehr Menschlichkeit in unserer Gesellschaft, so Sauer.
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