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Geplante RentenreformenManches wird besser, nichts wird gut

Das Parlament berät über die Rente mit 63 und eine höhere Mütterrente. Die Reformen seien gerecht, findet Nahles – die Arbeitgeber protestieren.

Dürfen sich freuen: Rentnerinnen, deren Kinder vor 1992 zur Welt kamen. Sie bekommen 28 Euro mehr pro Monat. Bild: ap

BERLIN taz | In einer heftigen Debatte im Bundestag verteidigte am Donnerstag Andrea Nahles (SPD) die geplanten Rentenreformen. Sie seien „generationengerecht“, sagte die Ministerin, „wir erkennen die Lebensleistung von Menschen in unserem Land an“. Die Opposition kritisierte das Rentenpaket als ungerecht.

Im Rentenpaket, das in erster Lesung im Bundestag beraten wurde, sind bessere Leistungen für langjährig Versicherte, Mütter und Erwerbsgeminderte vorgesehen. Wer mindestens 45 Jahre in die Rentenversicherung eingezahlt hat, soll schon im Alter von 63 Jahren ohne Abschlag in Rente gehen können. Phasen von Arbeitslosigkeit und Kindererziehung sollen dabei mit eingerechnet werden.

Kritiker befürchten, dass dadurch Ältere schon mit 61 Jahren entlassen werden und die zwei Jahre zur vorzeitigen Rente durch den Bezug von Arbeitslosengeld überbrücken. Derzeit werde noch geprüft, wie dieser Missbrauch verhindert werden könne, sagte Nahles.

Allerdings ist dieser Missbrauch ein alter Hut: Auch heute schon ist möglich, dass Berufstätige nach langer Versicherungszeit mit 61 Jahren erst in die Arbeitslosigkeit und dann mit 63 Jahren in Rente gehen – allerdings mit Abschlägen.

9,5 Milllionen Frauen kriegen mehr

Etwa 9,5 Millionen Frauen, deren Kinder vor 1992 zur Welt kamen, bekommen pro Kind einen Rentenpunkt mehr angerechnet. Damit erhalten sie, wenn sie schon in Rente sind, ab 1. Juli 2014 im Westen brutto knapp 28 Euro monatlich, im Osten gut 26 Euro mehr an Ruhestandsgeld.

Wer aus gesundheitlichen Gründen vermindert oder gar nicht mehr arbeiten kann, soll brutto bis zu 40 Euro mehr Rente bekommen. Die Betroffenen werden so gestellt, als ob sie mit ihrem früheren durchschnittlichen Einkommen bis 62, statt wie bisher bis 60, in die Rentenkasse eingezahlt haben. Im Unterschied zur Mütterrente gilt diese Besserstellung aber erst für künftige Erwerbsminderungsrentner. Die Mehrkosten des Rentenpakets belaufen sich auf 9 bis 11 Milliarden jährlich, der dickste Brocken dabei ist die Mütterrente. Das Paket soll vor allem aus Beitragsleistungen finanziert werden.

„Rentenpaket ist ein Rückffall“

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt kritisierte, mit den Rentenplänen der Regierung würden die Jüngeren sowie viele Frauen und Ostdeutsche nicht erreicht. Der Linken-Rentenexperte Matthias Birkwald sagte in der Debatte, die Koalition gehe mit ihrem Rentenpaket zwar „mehrere Schritte in die richtige Richtung“. Die Maßnahmen wiesen aber Gerechtigkeitslücken auf und enthielten Mogelpackungen. „Manches wird besser, aber nichts wird gut.“

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) lobte das Rentenpaket als „Wendepunkt für bessere Rentenpolitik“. Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer (BDA) kritisierte das Paket als „schlimmen Rückfall“ in der Rentenpolitik. „Jetzt geht die zurückgewonnene Stabilität in der Rentenversicherung rasant wieder verloren“, erklärte er.

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