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Geplante Batteriefabrik in DithmarschenNorthvolt droht der Saft auszugehen

Ab 2025 sollte eine Fabrik des schwedischen Herstellers Northvolt in Heide Batterien für E-Autos bauen. Sie kommt wohl nicht so schnell wie erhofft.

So strahlend wie auf dieser Illustration sieht die Zukunft in Heide noch nicht aus Foto: Northvolt

Rendsburg taz | 3.000 Arbeitsplätze, eine Chance für die ländliche Region an Schleswig-Holsteins Westküste, dazu noch ein Beitrag zur Verkehrswende: Mit Begeisterung hatte Schleswig-Holsteins Landesregierung im März die Pläne der schwedischen Firma Northvolt begrüßt, eine Fabrik für die Herstellung von Batterien für E-Autos im Kreis Dithmarschen zu bauen. Nun gibt es Signale, dass die Fabrik doch nicht so schnell kommt wie erhofft. Die Landesregierung setzt auf Gespräche, aber für die Schweden geht es um Fördermillionen.

„Wir sind an einem Punkt, an dem wir möglicherweise den USA den Vorrang geben müssen“, so sagte es Northvolt-Chef Peter Carlsson vor einigen Wochen in einem Interview in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Dabei hatte er im Frühjahr noch die Region Dithmarschen, die bisher vor allem als Deutschlands größtes Kohlanbau-Gebiet bekannt ist, als „Clean Energy Valley“ gelobt.

Dass im Norden Deutschlands ausreichend sauberer Strom aus Windenergie zur Verfügung steht, war für das Unternehmen ein wichtiger Grund, hier seine Giga-Fabrik zu planen. Sie sollte ab 2025 Batterien für eine Million E-Autos im Jahr produzieren. Parallel geplant war eine Recycling-Anlage für die Aufbereitung von Alt-Batterien.

Doch seither sind die Strom- und Energiekosten gestiegen, und die USA locken mit hohen Förderungen. Carlsson warb im selben Interview unverhohlen, wenn auch in ein diplomatisches „Wir“ verpackt, um Geldgeschenke: „Wir sollten in Europa überlegen, wie wir unsere Förderinstrumente erweitern, um ein Gegengewicht zu den finanziellen Anreizen in den USA zu schaffen.“

Planungen gehen trotzdem weiter

Dabei sind bereits jetzt Fördermittel in Höhe von 150 Millionen Euro im Gespräch, hinzu kommen Infrastrukturmaßnahmen: Straßen und eine Bahnverbindung müssten entstehen, um die Fabrik anzubinden. Es sei ein „riesiges Projekt, dass vielleicht auch die Wirtschaftsstruktur in Schleswig-Holstein verändern wird“, sagte Tobias von der Heide (CDU), Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, bei der November-Sitzung des Wirtschaftsausschusses im Kieler Landtag. „Darum sind wir auch mit voller Kraft dabei.“

Obwohl es aus Schweden noch kein endgültiges Go gibt, laufen in Heide die Planungen weiter – Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) kam Anfang dieser Woche auf dem künftigen Bauplatz zu Besuch. Dort fehlen noch rund 20 Hektar der Baufläche, da zwei Land­be­sit­ze­r*in­nen nicht verkaufen wollen. „Kein Hinderungsgrund“, sagte Günther dem NDR. „Wir besprechen alles miteinander und kriegen das hin.“

Die Opposition ist weniger optimistisch: „Statt die Baustelle zu besuchen, hätten Daniel Günther und Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen lieber einen Termin bei Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck machen sollen, um zu besprechen, wie Northvolt ein attraktives Angebot unterbreitet werden kann“, ätzt Ex-Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP). „Wenn die Landesregierung jetzt nicht zügig etwas auf den Tisch legt, wird aus dem potenziellen Bauplatz leider wieder eine Wiese.“ Die Landesregierung habe „noch eine Menge eigener Hausarbeiten zu erledigen“.

Auf taz-Anfrage heißt es in der Staatskanzlei – die das Thema aus dem Wirtschaftsministerium an sich gezogen hat –, die Landesregierung befinde sich „weiter aktiv in Gesprächen mit dem Unternehmen Northvolt, mit der Bundesregierung, auf Ebene der EU sowie mit allen regionalen Akteuren, um die Ansiedlung im geplanten Zeitrahmen zu realisieren.“ Am Montag erst habe vor Ort ein Austausch mit Vertreterinnen und Vertretern der anliegenden Gemeinden stattgefunden, „um über Fragen der Infrastruktur und der Verkehrsanbindungen zu beraten“.

Enteignung schwer durchsetzbar

Gespräche gibt es auch über das Land, das Northvolt gern noch hätte, um den ursprünglichen Plan auf rund 170 Hektar zu verwirklichen. Eine rechtliche Möglichkeit gebe es nach Einschätzung der Regierung nicht: „Die angesprochene Fläche ist zur Realisierung des Projektes nicht zwingend notwendig.“

Es bestehe aber ein weiterer Kontakt zwischen den Flächeneignern, dem Unternehmen und der Landesregierung, heißt es aus der Staatskanzlei – das ist eine Bedingung für ein Enteignungsverfahren. Zudem wäre es schwer durchzusetzen, dass das Land zugunsten eines Privatunternehmens ein solches Verfahren in Gang setzt.

Bisher gibt es zwischen Land, Region und Unternehmen ein „Memorandum of Understanding“, eine Art Vorvertrag, der keine Seite bindet. Denkbar sei, so ist in Kiel zu hören, dass die Schweden zunächst ein Werk in den USA bauen, aber die Pläne für Heide nicht aufgeben.

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