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„Georgiens letzte Chance“: Der GUS-Beitritt

■ Rußland und Georgien vereinbaren auch militärische Zusammenarbeit / UNO hilft Flüchtlingen aus Abchasien / Flucht Gamsachurdias nach Tschetschenien?

Berlin/Moskau (taz/dpa) – Gegen seinen Ruf, eine „Marionette Moskaus“ zu sein, hat der georgische Staatspräsident Eduard Schewardnadse in den letzten Wochen immer wieder angekämpft – nun jedoch sehen sich seine Gegner bestätigt: Am Samstag vereinbarten die Generalstabschefs Rußlands und Georgiens eine enge militärische Zusammenarbeit. Bereits am Freitag hatte Schewardnadse den Eintritt Georgiens in die GUS angekündigt.

Gründe für seinen Schritt hatte der frühere sowjetische Außenminister genug. Nach der Rückkehr von Ex-Präsident Swiad Gamsachurdia vor zwei Wochen waren die Regierungstruppen unter starken Druck geraten, die Swiadisten hatten ihre Kontrolle über Westgeorgien ausweiten können. Vielen Georgiern, die nach der Eroberung der abchasischen Hauptstadt Suchumi diese verlassen hatten und über die Berge nach Georgien fliehen wollten, war der Fluchtweg so buchstäblich abgeschnitten worden. Da inzwischen Tausende vom Hungertod bedroht sind und Tbilissi nicht im notwendigen Umfang helfen kann, muß die UNO Lebensmittelhilfen in die Region fliegen. Auch in Suchumi selbst herrscht katastrophaler Mangel an Lebensmitteln.

Den angekündigten Beitritt zur GUS rechtfertigte Schewardnadse denn auch als „letzte Chance für die Einheit der Kaukasus-Republik“. Gemeint war damit aber wohl auch sein eigenes politisches Schicksal. Der Chef des georgischen Generalstabs kommentierte die Vereinbarung deutlich optimistischer: „Das Eis der Entfremdung schmilzt bereits.“ Dies betreffe nicht nur die militärischen, sondern die gesamten Beziehungen beider Länder.

Die militärische Zusammenarbeit sieht zunächst eine gemeinsame Nutzung von Militäreinrichtungen in Georgien vor. Danach sollendie hier stationierten russischen Truppen den Schwarzmeerhafen Poti und den Flugplatz Bambora pachten, die Nutzung von weiteren Einrichtungen wurde nicht ausgeschlossen. Als Gegenleistung erhalten die Georgier Rohstoffe und Elektroenergie. Unterzeichnet wurde außerdem ein Vertrag über den „rechtlichen Status der Truppen der Russischen Föderation, die sich zeitweise auf dem Territorium Georgiens“ befinden.

Inzwischen könnte es den georgischen Regierungstruppen denn auch gelungen sein, Gamsachurdia erneut aus dem Land zu vertreiben. Nachdem sie eine erfolgreiche Offensive auf die von seinen Anhängern gehaltene Hafenstadt Poti eröffneten, soll der Ex-Präsident in sein früheres Exil, die tschetschenische Hauptstadt Grosny, zurückgekehrt sein. her

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