Gentrifizierung in Kreuzberg: Kiezpraxis wird verdrängt
Ein Praxisteam am Schlesischen Tor fliegt nach 40 Jahren aus ihren Räumen. Für viele Patient*innen ist die medizinische Versorgung in Gefahr.
„Wir müssen nun definitiv raus und suchen intensiv nach Räumlichkeiten“, sagt Volker Westerbarkey, Facharzt des Praxisteams, zur taz. Dass die Ärzt*innen überhaupt noch Patient*innen behandeln können, ist der Erfolg einer monatelangen Kampagne. Denn eigentlich sollte die Praxis schon zum Jahresende 2023 verschwinden. Unter dem Motto „Kiezpraxis muss bleiben“ setzten sich Patient*innen, aber auch Stadtteilinitiativen dafür ein, dass die Kündigung zurückgenommen wird.
Doch es konnte nur ein Aufschub von sechs Monaten erreicht werden. Nun soll die Praxis Ende Juni raus. Aktuell verhandelt sie noch mit den Eigentümer über einen weiteren Aufschub, bis neue Räumlichkeiten in Kreuzberg gefunden sind. Das dürfte bei den derzeitigen Gewerbemieten schwer werden.
Existenzielles suchtmedizinisches Angebot
Warum die Praxis in Kreuzberg bleiben will? „Unsere Patient*innen sind alteingesessene und neue Kreuzberger*innen, Expats aus aller Welt, Menschen der schwulen, lesbischen und queeren Communities, Menschen ohne Papiere, Tourist*innen, Menschen, die Drogen gebrauchen, Heroinabhängige in Opiatsubstitutionstherapie und viele mehr“, sagt der Mediziner Westerbarkey. „Ohne die Kiezpraxis ist ihre regelmäßige medizinische Versorgung in Gefahr.“
Seine Kollegin Stella Begrich weist dann auch auf ihr suchtmedizinisches Angebot hin, das angesichts der Drogenkrise gerade in Kreuzberg für nicht wenige Menschen existenziell ist.
Die Kreuzberger Stadtteilinitiative Bizim Kiez setzt sich ebenfalls für den Verbleib der Kiezpraxis ein. Sie fordert von der Politik Maßnahmen, damit die wichtige gesundheitliche Grundversorgung in der Stadt nicht durch Kündigungen aus Profitgründen bedroht wird. Das liegt jedoch nicht allein beim Senat, denn die Anpassung des Gewerbemietrechts ist Sache der Bundespolitik.
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