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Gentrifizierung in BerlinVon DW geschnappt

Ein Haus in der Heidelberger Straße wurde wohl an die Deutsche Wohnen verkauft. Die Be­woh­ne­r:in­nen sind vom Bezirk enttäuscht.

Oben saniert, unten die Substanz: Fassade der Heidelberger Straße 36 Foto: Privat

Berlin taz | Die Heidelberger Straße 36 in Neukölln liegt exakt an der Grenze zu Treptow und damit an der Verlaufslinie der ehemaligen Berliner Mauer. Das machte das Gebäude in der Vergangenheit zu einer zentralen Fluchtroute von Ost nach West, diverse Kellertunnel zeugen bis heute davon. Am 27. März 1962 verblutete der bekannte Fluchthelfer Heinz Jercha im Nebengebäude.

Doch der Altbau, der im Harzer Kiez gelegen ist, wurde verkauft – an die Deutsche Wohnen, wie die Mie­te­r:in­nen des Gebäudes glauben. Neuköllns grüner Baustadtrat Jochen Biedermann mochte dies der taz gegenüber „weder bestätigen, noch dementieren“. Er habe aber am Dienstag eine vom Käufer unterzeichnete Abwendungsvereinbarung gegengezeichnet. In einer solchen verpflichtet sich der Käufer eines Hauses zu diversen Milieuschutzzielen – und kann so einen Vorkauf durch den Bezirk abwenden.

Die Mie­te­r:in­nen des Hauses, von denen aus Angst vor dem neuen Besitzer niemand namentlich genannt werden möchte, sind hierüber enttäuscht und sauer. Seit Jahren kämpfen sie gegen die Verdrängung – und sie glauben kaum, dass dieser Kampf mit der Deutschen Wohnen als Vermieterin aufhören wird.

Symbolisch für das profitmaximierende Treiben des bisherigen Besitzers, dem Immobilieninvestor Horant Elgeti, der durch die GV Nordost Verwaltungsgesellschaft mbH vertreten wird, stehe die Fassade des Hauses, sagt Mieter Martin, der eigentlich anders heißt. Es ist schwer zu übersehen, was er meint: Denn die Fassade reicht nicht bis zum Boden, sondern bricht kurz zuvor ab. Darunter ist die entblößte Bausubstanz zu sehen – und das schon seit November 2019, wie Martin mitteilt.

Eingestellte Luxussanierung

Die GV Nordost habe plötzlich alle Arbeiten an der Fassade eingestellt, erzählt er. Die Bau­ar­bei­te­r:in­nen hätten einfach die Gerüste abgebaut und seien verschwunden. Eine Mieterin berichtet, sie habe beobachtet, wie bereits geliefertes Material aus dem Hinterhof wieder abtransportiert wurde.

Dabei sei erst circa ein Jahr zuvor, an Weihnachten 2018, ein äußerst umfassender Modernisierungskatalog angekündigt worden. Das Datum der Ankündigung sei dabei kein Zufall gewesen, vermutet Martin. Denn nur wenige Tage später, am 1. Januar 2019, trat eine Reform in Kraft, welche die mögliche Umlage von Modernisierungskosten auf die Jahresmiete von 11 auf 8 Prozent absenkte.

Martin vermutet, dass die GV Nordost so versucht habe, „noch auf den letzten Drücker eine ordentliche Renditesteigerung zu erzielen“. Doch dann habe man sich offenbar entschieden, zu verkaufen – und seitdem habe sich die Verwaltung kaum noch blicken lassen.

Die Mie­te­r:in­nen kritisieren, dass der Bezirk nicht genug getan habe: Der Verkauf sei nur deshalb zustande gekommen, da die Deutsche Wohnen bereit gewesen sei, einen spekulativ hohen Preis zu zahlen, sagen sie. So sei es den landeseigenen Wohnungsunternehmen unmöglich gemacht worden, das Haus zu übernehmen. Wer das akzeptiere, lasse sich von den Wohnungskonzernen „auf der Nase herumtanzen“, sagt Martin.

Der Verkauf ist nun nicht mehr abwendbar – doch Martin warnt, die Deutsche Wohnen solle sich warm anziehen, sie übernehme ein kampferprobtes Haus. Diverse Mie­te­r:in­nen würden jetzt verstärkt dazu übergehen, sich in jenem Volksbegehren zu engagieren, welches die Enteignung des Wohnungskonzerns anstrebt.

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  • Die Findung eines Kaufpreises ist Angelegenheit der beiden am Kauf beteiligten Parteien. Selbst wenn dieser niedriger gewesen wäre, hätte der Bezirk wegen der vorliegenden Anwendungsvereinbarung das Haus nicht kaufen können. Hier hat niemand irgendjemandem irgendwas weggeschnappt.