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Genossenschaft als MedienmodellGarantierte Unabhängigkeit

Die Lösung: Profit- und konzernfreier Journalismus in Genossenschaften stärkt Medienfreiheit und Demokratie. Gäbe es die taz noch ohne Kooperative?

Die taz in den 80er Jahren in der Wattstraße Foto: Isabel Lott

Genossenschaften können Medien retten. Hätte sich die taz nicht in eine Kooperative umgewandelt, würde sie höchstwahrscheinlich nicht mehr existieren. 1978/79 gegründet, wurde sie im ersten Jahrzehnt ihres Bestehens immer wieder von heftigen finanziellen Existenznöten durchgeschüttelt.

Ein Teil der Redaktion wollte deshalb eine GmbH gründen, die Großinvestoren anlocken sollte. Die Mehrheit der Belegschaft aber fürchtete diese Abhängigkeit vom großen Geld, das schnell wieder abgezogen werden könnte.

Ausgerechnet der spätere Bundeskanzler Olaf Scholz, seinerzeit im Genossenschaftswesen engagiert, gab dem damaligen taz-Geschäftsführer Kalle Ruch den entscheidenden Tipp: Warum gründet ihr nicht eine Genossenschaft?

Es war unter anderem der Anwalt und spätere grüne Bundestagsabgeordnete Christian Ströbele, der dies 1991/92 juristisch wahr machte. Der Kernsatz der damals von der ­Belegschaftsmehrheit verabschiedeten Satzung lautete: Die Genossenschaft solle dazu dienen, „die Unabhängigkeit von großen Verlagen oder Konzernen zu garantieren“. Seitdem ist die „Geno“ immer mehr gewachsen, derzeit hat sie mehr als 24.000 Mitglieder. Diese haben mit ihren Anteilen unter anderem das neue Redaktionssystem und das neue Verlagshaus mitfinanziert sowie die ­Konzernfreiheit der taz garantiert. Ein voller Erfolg also, diese Rechtsform.

Superreiche und Medien-Beilage

Dieser Text ist im Rahmen einer Beilage der taz Panter Stiftung zum Thema Superreichtum und Medien am 14. März 2025 erschienen.

Ein Riesenerfolg war auch die 2008 gegründete taz Panter Stiftung, die mit dem Geld unzähliger Spender und Stifterinnen gemeinnützige Projekte im In- und Ausland finanziert: unter anderem 4.000 Nachwuchsjournalist:innen, 48 internationale Workshops, zum Teil mit Jour­na­lis­t:in­nen aus verfeindeten Ländern wie Russland und der Ukraine, 18 Panter-Preis-Verleihungen und 17 Refugiums­programme für verfolgte Medienschaffende.

In Deutschland war die taz die erste Mediengenossenschaft. Sie zeigte, dass das Modell funktioniert, und regte dadurch weitere Gründungen an. Die früheren DDR-Zeitungen Junge Welt und nd verwandelten sich ebenfalls in Kooperativen, um ihre Existenz zu sichern. Auch der nur online erscheinende Krautreporter ist als solche organisiert, seinen Namen verdankt er dem damit verbundenen Crowdfunding. In der Schweiz sind es die linke Wochenzeitung WOZ und die nur online erscheinende Republik, die von Genossenschaften getragen werden.

Non-Profit Journalismus

Mediengenossenschaften sind Teil des Non-Profit-Journalismus, der Meinungsfreiheit und Demokratie stärkt. Beispiele hierfür sind Correctiv, ­FragDenStaat, Kontext, Netzpolitik oder Investigate Europe. Der Bereich könnte stark ausgeweitet werden, wenn der Staat anerkennen würde, dass Qualitätsjournalismus fürs Gemeinwohl arbeitet und Spenden dafür steuerrechtlich absetzbar sind.

Der frei abonnierbare SEED-Newsletter des Netzwerks Recherche beschäftigt sich mit gemeinnützigen Formen der Berichterstattung und ist Teil des Grow Greenhouse, des Zentrums für gemeinnützigen Journalismus und Medienvielfalt, das von der Schöpflin Stiftung gefördert wird.

Es ist ja nicht einzusehen, warum Bridgeklubs und Hundesport als gemeinnützig gelten, nicht aber guter Journalismus. Die Journalistenvereinigung Netzwerk Recherche und andere Akteure haben hier immer wieder Änderungen gefordert. Die Ampelkoalition wollte das wohlwollend prüfen, hat das dann aber nicht mehr ausgeführt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

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3 Kommentare

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  • Danke. Schön.

    Rückblick -



    Ein etwas anders gestrickter Vorläufer in der Medienlandschaft entstand im Der Spiegel -



    “1971/1972 wurde ein Mitbestimmungsmodell und mehr Demokratie innerhalb der Redaktion beschlossen; außerdem ne Gewinnbeteiligung.“



    Lovando



    “Neutralisierung des Kapitals?! …



    Die alte Kiffnase Rudolf Augstein ließ sich schließlich zu so einem Modell breitschlagen & sich auf seine legendären weed-tuned Kolumnen reduzieren!“



    unterm—— to be correct — Funktionierte leider nicht immer - als es Jakob Augstein vande Walser gegen die Belegschaft & Franziska Augstein - seinen Buddy - das LÜGT-Gezücht Nikolaus Blome durchzudrücken! Mit krachender Bruchlandung! Woll



    Reminiszenz emtre nous only Rudolf Augstein - parkte ich doch einst meine 🦆 auf der Auffahrt eines Schloß am Kellersee Wo am Tag zuvor geparkt hatte: “Dieser Rudolf Aagstein mit seinem Kaddijak - …mit meiner Zugehfrau!!!“ - die immer noch angefressene Schloßherrin mir & Lo - meiner Mutter empört beim ☕️☕️☕️☕️ a la terrase berichtete. 🙀🥳



    & SPD & Genossenschaften -Oil of Olaf I. ?



    May be?! But!



    Abgekupfert bei der Friedensbewegung •



    & getragen von Kanzlerkandidat - 🙀 -



    Hans-Jochen Vogel! Seh ihn noch 🤖gleich!

    • @Lowandorder:

      ff



      Durch die Kongresshalle zu “Neue Genossenschaften“ von seinen Adlati an uns Friedensbewegten mit unseren schäbbigen hektographierten bläulichen Blättern auf den Tapeziertischen vorbeibugsiert zu den Hochglanzkladden der SPD! Woll



      vgl “Alte & Neue Genossenschaften - Symposium der SPD am 29. September 1986 in Bonn



      www.degruyter.com/...fgg-1987-0107/html



      Ulrich Klose Hans-Jochen Vogel ja!



      - Oil of Olaf I. Fehlanzeige -



      & es tat sich was zB -



      “Neue Genossenschaften und innovative Aktionsfelder



      Grundlagen und Fallstudien



      Herausgegeben von Prof. em. Dr. Günther Ringle, Prof. Dr. Hans-H. Münkner



      Nomos, 1. Auflage 2010, 240 Seiten



      Das Werk ist Teil der Reihe Marburger Schriften zur genossenschaftlichen Kooperation



      www.nomos-shop.de/...r-978-3-8329-5801-



      &



      Im Vorfeld des Internationalen Jahres der Genossenschaften 2025 der UNO zeigt der aktuelle Genossenschaftsbericht 2024 die wachsende Bedeutung der genossenschaftlichen Wirtschaftsform. Mit rund 7.800 Unternehmen über 22 Millionen Mitgliedern bleiben Genossenschaften eine tragende Säule der deutschen Wirtschaft. …“



      DZ BANK Die Initativbank

      • @Lowandorder:

        Ad fontes - zu den Quellen

        www.dzbank.de/cont...mit-tradition.html

        Das kuriose war - daß ausgehend vom Ziel - Neutralisierung des Kapitals - viele friedensbewegte SPD-Genossen und deren Mitstreiter in jener Zeit viele derartige Initiativen zu den unterschiedlichsten Feldern ins Leben riefen - während die offiziöse SPezialDemokratie stattdessen - von wenigen Ausnahmen abgesehen - alsbald wieder in den bekannten Tiefschlaf verfiel! Woll



        Sodass die taz-Genossenschaft - Gwücklunsch wie ein strahlender Phönix aus der Asche - ja wie ein verblüffendes Unikat daherstrahlt!