Genmanipulierte Lebensmittel: Gensoja macht Mäuse fetter
Der Körper nimmt manipulierte Lebensmittel offenbar leichter auf als bislang gedacht. Das zumindest legen Testreihen norwegischer Forscher an Mäusen nahe.
BERLIN taz | Gentechnisch veränderte Lebensmittel könnten zu Veränderungen im Körper führen – neue Hinweise darauf liefert jetzt eine Studie aus Norwegen. Dort wurden Mäuse und Lachse mit genmanipuliertem Mais und Soja gefüttert. Die Tiere wurden daraufhin fetter als ihre Artgenossen, die die gleiche Menge konventionelles Futter bekamen. Beunruhigt zeigen sich die Wissenschaftler allerdings auch darüber, dass die Gene aus den Futterpflanzen überhaupt in den Organen der Tiere nachweisbar waren.
Eins stellt Åshild Krogdahl von der Norwegischen Veterinärhochschule in Oslo, die die Studie durchgeführt hat, klar: Es ist keine neue Erkenntnis, dass Gene von Pflanzen, die Tiere oder Menschen essen, später im Organismus nachweisbar sind. Veränderte DNS ist bisher ihrer Ansicht nach nur deshalb nicht wissenschaftlich nachgewiesen worden, weil die Konzentration der Gene in den Nahrungsmitteln zu gering ist.
Der Knackpunkt: Krogdahl vermutet, dass manipulierte Gene genauso in den Körper übergehen wie konventionelle. „In unserer Studie haben wir herausgefunden, dass etwa 1 Prozent der Gene gefressener Pflanzen aus dem Darm in den Körper übergehen. Wir erwarten dasselbe für manipulierte Gene“, sagt die norwegische Ernährungswissenschaftlerin. Aus Sicht Krogdahls und ihrer Kollegen besteht deshalb dringend weiterer Forschungsbedarf.
Unerforschte Wirkungsweisen
Das sieht Christoph Then genauso. „Bisher wissen wir nicht, welche Wirkung gentechnisch veränderte Lebensmittel auf unseren Körper haben“, sagt der Geschäftsführer des Instituts für unabhängige Folgenabschätzung in der Biotechnologie in München. „Sicher ist jedoch“, betont er, „dass sie eine Wirkung haben.“
Then malt bedrohliche Szenarien: Beispielsweise könnten veränderte Eiweiße aus Pflanzen Immunreaktionen hervorrufen, oder Enzyme im Blut könnten sich verändern. Vollkommen unerforscht sei zudem die Wirkung sogenannter MicroRNA, einem Signalstoff aus Pflanzen, der für die Steuerung von Genen zuständig ist.
All diese möglichen Nebeneffekte der Manipulation von Genen seien von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA noch nicht einmal untersucht worden. „Die Norweger stellen in ihrer Studie ein paar sehr interessante Fragen“, sagt Then. Der Tiermediziner ist sicher: „Wir brauchen eine ganz neue Runde bei der Risikobewertung.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Krieg in der Ukraine
Biden erlaubt Raketenangriffe mit größerer Reichweite
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen
Donald Trump wählt seine Mannschaft
Das Kabinett des Grauens
Zweite Woche der UN-Klimakonferenz
Habeck wirbt für den weltweiten Ausbau des Emissionshandels