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Genmais MON 810Landwirte hoffen auf Genehmigung

Obwohl 900 Hektar Anbaufläche für Genmais bei den Behörden angemeldet wurden, ist für 2010 noch nichts genehmigt. Einige Bauern fordern Schadenersatz für das letzte Jahr.

"Unter Vorbehalt" wurden in diesem Jahr 50 Felder für MON 810 registriert. Bild: ap

BERLIN taz | Reinhard Dennerlein redet nicht lange drum herum. "Dieses Verbot ist reine Willkür", schimpft der Landwirt aus dem fränkischen Kitzingen. Vergangenes Jahr wollte er auf 45 Hektar die gentechnisch veränderte Maissorte MON 810 aussäen. Das Anbauverbot machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Dafür gebe es "keine wissenschaftliche Begründung", poltert er. Und gibt nicht auf. Vorsichtshalber hat er in diesem Jahr wieder 30 Hektar für den MON-810-Anbau registrieren lassen. Falls das Verbot kippt.

Der Anbau der Sorte MON 810 des Genmaisherstellers Monsanto ist in Deutschland seit April 2009 nicht mehr erlaubt. Agrarministerin Ilse Aigner (CSU) sah "eine Gefahr für die Umwelt" und verbot kurz vor der Aussaat den kommerziellen Anbau. Einen Eilantrag von Monsanto gegen das Verbot lehnte das Verwaltungsgericht Braunschweig ab, für den Beginn der Hauptverhandlung gibt es noch keinen Termin.

Mit zwei weiteren Landwirten fordert Dennerlein 30.000 Euro Schadenersatz vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) - das kurzfristige Verbot habe ihm 2009 einen Ertragsausfall beschert. Das BVL hat bislang nicht reagiert. Notfalls will der Landwirt vor Gericht gehen.

Nicht nur die drei Franken hoffen, dass das Verbot rechtzeitig vor der Aussaat wieder aufgehoben wird: Im Januar wurden beim BVL bundesweit über 50 Felder als gewerbliche Anbaufläche für MON 810 registriert. Das Amt hat die Anträge "unter Vorbehalt" angenommen.

Mit der Anmeldung sichern sich gut zwei Dutzend Bauern aus Bayern, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen die Möglichkeit, den Genmais im Sommer auf insgesamt mehr als 900 Hektar auszusäen. Das entspricht einem Drittel der Fläche, auf der 2008 kommerziell angebaut wurde.

Umweltschützer wie Stefanie Hunzdorfer von Greenpeace Deutschland finden das Vorgehen des BVL angesichts von Aigners Anbauverbot "sehr erstaunlich". Zumal eine Untersuchung der Umweltorganisation ergab, dass mehrere der Registrierungen fehlerhaft sind. Demnach existieren einige eingetragene Flächen in den angegebenen Gemeinden nicht oder weisen eine völlig andere Größe auf.

Erst im vergangenen Monat flammte zudem die Diskussion über mögliche Umweltschäden durch MON 810 erneut auf. Französische Wissenschaftler von der Universität in Caen hatten eine vor Jahren von Monsanto selbst in Auftrag gegebene Studie publiziert, nach der eine Fütterung mit dem genetisch veränderten Mais bei Ratten Leber- und Nierenschäden hervorruft. Monsanto sprach von methodischen Fehlern der Forscher und veröffentlichte eine Gegendarstellung - nicht in einem Fachjournal, sondern über seine Pressestelle.

Die Zukunft von MON 810 in Deutschland ist unklar, solange der Gerichtsentscheid aussteht. Die vorhandenen Registrierungen wollte das Agrarministerium nicht kommentieren. Juristisch gesehen ist der Anbau auch nicht verboten. Es sei lediglich "die Zulassung ausgesetzt", heißt es. Praktisch bedeutet das: Anträge können gestellt, jedoch nicht genehmigt werden.

Umweltschützer kritisieren das: "Die Ministerin sollte sich deutlicher hinter das von ihr verordnete Verbot stellen", fordert Greenpeace-Expertin Hunzdorfer. "Stattdessen wartet sie nur passiv ein Gerichtsurteil ab." Auch Genbauer Dennerlein schimpft, allerdings mit einem anderen Ziel. Als Mitglied der Gentechniklobby Innoplant macht er seit Jahren politisch Druck für gentechnisch veränderte Nutzpflanzen, mit seiner Schadenersatzforderung nun auch juristisch. Ein Umfallen Aigners hält er nicht für ausgeschlossen - die entscheide mal so, mal so.

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10 Kommentare

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  • A
    Anna

    Das sind keine Landwirte, die Gen-Mais wollen, das sind unverantwortlich handelnde Agro-Unternehmen die mit Monsanto und Co. verbunden sind. Die wirklichen Landwirte demonstrieren vehement gegen Gen-Mais und anderen Genmanipulationen an Pflanzen und Tiere. Längst sind die immensen Gefahren bewiesen, (siehe Arte-Film, Monsanto mit Gift und Genen), einen Nutzen gibt es auch nicht (ebenso bewiesen). Wer immer noch Gen-Pflanzen oder Patente für etwas für die Gesellschaft sinnvolles ansieht, ist entweder nicht informiert oder arbeitet mit der "Gen-Mafia" zusammen. Es ist bewiesen, dass Wissenschaftler und Politiker korrumpiert wurden oder bei Kritik entlassen werden, alles im Film nachgewiesen. Der Film ist für den Schulunterricht empfohlen, also sicherlich alles leider wahr.

  • G
    GreenHU

    Was auch immer die Kühe dahingerafft hat, dass es der Mais war müsste bewiesen werden. In den USA wird ausschließlich BT-Mais verfüttert, ohne dass es ähnliche Berichte gäbe.

    Der Eindruck ist vielmehr, dass es sich bei dem Bauern um einen eher unsympathischen Vertreter seiner Art handelt.

  • JB
    johannes brahms

    Wichtig es doch, bereits jetzt die Stimme der von den Folgen der Genmaisverfütterung Betroffenen anzuhören:

     

    suchen sie nach "Landwirt hat alles verloren" ,

     

    namentlich Gottfried Glöckner, in seinem Konflikt mit Syngenta, der europäischen Version von Monsanto.

  • G
    GreenHU

    P.S.: Das Tazblog "Save our Seeds" lässt übrigens keine Kommentare zu, die die Gentechnik verteidigen. Es werden nur Kommentare freigeschaltet, die das Blog als Stimme der Vernunft erscheinen lassen. Nur Kommentare a là "Tofu für alle, zwangsweise" werden erlaubt - So viel zum Thema lautere Methoden der GVO-Feinde.

  • G
    GreenHU

    Interessante Einsichten zum Thema Gentechnik in Deutschland finden sich hier:

    http://www.brandenburg.de/cms/media.php/2320/gen_2008.pdf

    Im Kapitel "kommerzieller Anbau" wird zunächst ein politisches Statement gegeben, nachdem sich der Anbau derzeit nicht empfehle. Im Folgenden jedoch wird die Anbaupraxis in Brandenburg beschrieben. Dort heißt es, Bauern hätten 2007 die BT-Technologie als sehr vorteilhaft empfunden, obwohl der Zünslerbefall eher gering ausgefallen ist. Entscheidend sei gewesen, dass Sekundärerkrankungen (Pilzbefall) deutlich reduziert gewesen waren. Daher konnte man den Mais länger auf dem Feld lassen. Nach Aussage der Landwirte würden die höheren Saatgutkosten mehr als kompensiert.

    Außerdem zeigt der Bericht, dass in der Praxis Bt-Maisfelder mit großzügigen Pufferfeldern umgeben sind, so dass ein Auskreuzen ausgeschlossen werden kann.

  • PL
    Peter Langelüddeke

    Ja, ich stimme Herrn Dennerlein zu: Das Verbot war willkürlich. Und es geschah unter politischem Druck, Druck von allen möglichen Seiten, unter Druck von selbst ernannten Umweltschützern und vor allem unter Druck der CSU-Spitze aus München. Die brauchten das für den bevorstehenden Bundestagswahlkampf. In der Zwischenzeit hat sich herausgestellt, dass die Publikationen, auf die sich Frau Aigner berufen hatte, als Begründung für das Verbot nicht taugten. Die Zentrale Kommission für Biologische Sicherheit, ein Gremium unabhängiger Fachwissenschaftler aus öffentlichen Forschungseinrichtungen, hat der Ministerin klipp und klar gesagt, was von diesen Arbeiten zu halten ist, nämlich nichts. Dann sollte sie auch den Mut haben, eine Fehlentscheidung zu korrigieren.

     

    Im übrigen ist den vom Verbot betroffenen Landwirten nicht nur ein Schaden durch den Ertragsausfall entstanden, sondern auch durch schlechtere Qualität des Erntegutes. Maiskolben werden dadurch, dass sie in frühem Stadium von Maiszünsler-Raupen angeknabbert wurden, anfällig für Schimmelpilze, und die bilden dann so hochwertige, weil garantiert gentechnikfreie Pilzgifte wie Deoxynivalenol, Zearalenin oder Fumonisin. Die befallenen Körner mit diese tollen Geschmacksverstärkern dürfen die Schweine dann fressen. Ob die das wohl mögen, wenn man ihnen erzählt, das sei hohe Qualität, da gentechnikfrei?

     

    Unterschwellig wird in dem Bericht moniert, dass der „Genbauer“ („Genbauer“: Was das wohl ist?) Dennerlein als Mitglied der Gentechniklobby Innoplanta (nicht Innoplant!) politischen Druck für gentechnisch veränderte Nutzpflanzen mache. Da erlaube ich mir die Frage, was denn der von Ihnen so gern zitierte Verein Greenpeace tut. So, als ob dessen Mitglieder völlig uneigennützig arbeiteten. Sind die etwa kein Lobby-Verein? Nur: Da verwenden Sie den abwertenden Ausdruck Lobby natürlich nicht. Und was tut Greenpeace? Die machen wohlfeile und wohlgefällige Propaganda gegen Gentechnik, um Spenden zu kassieren. Oder etwa nicht?

  • WS
    Wolfgang Seebeck

    Diese "Landwirte" sollten Entschädigung an die Allgemeinheit bezahlen, weil sie entgegen dem Willen von mind. 90% der Bevölkerung irgendwelchen Dreck auf ihren Äckern anbauen wollen. Diese Genveränderungen sind nie mehr rückgängig zu machen, mit schweren Folgen für uns und unsere Nachkommen. Diese Bauern sollen mal den Film "Monsanto - Mit Gift und Genen" anschauen und sich dann rechtfertigen.

     

    Und komme mir bloß keiner mit dem Argument "schwierige wirtschaftliche Situation" - sonst könnte ein Arbeitsloser auch einen Banküberfall rechtfertigen.

  • GM
    Gosig Mus

    Das mit den Ratten versteh ich immer noch nicht so ganz. Hat mich damals schon gewundert als ich den (sehr knappen) Artikel dazu sah. Der Genmais verursacht LEBERSCHÄDEN bei Ratten??! Wenn das stimmt, dann kann es doch gar keine weitere Debatte geben. Ausserdem wäre das ja wohl eine Nachricht von einem Kaliber, dass es in der Tagesschau kommt und tagelang zu Diskussionen in den Zeitungen führt.

     

    Weder das eine noch das andere ist damals aber geschehen. Woran liegts? Ist was dran an der PR-Masche von Monsanto, und die Studie ist Mist? Oder ist deren Psy-Ops-Abteilung einfach nur so leistungsfähig wie ihr Genmais gesundheitsschädlich?

  • W
    waldbauer

    jaaaa monsanto. bestimmt ganz ungefählich das saatgut.

    agent orange is ja auch nicht gefährlich für den menschlichen organismus gewesen. das haben ja sogar "wissenschaftliche studien damals belegt". und es gibt keine anzeichen das dieser konzern seine vorgehensweise bis heute auch nur irgendwie geändert hätte. also lieber agrarwirte, lestmal was über diese firma bevor die €-zeichen in euren augen rotieren.

  • ET
    enfant terrible

    The world according to Monsanto.....

    ansehen und verstehen.....