„Generation Fischstäbchen“ ohne Peilung: Wie kommt der Fisch auf den Teller?
Viele essen gerne Fische. Doch wie sie leben und woher die Meerestiere urprünglich kommen, das wissen die meisten nicht.
Wie sehen Bachforelle, Äsche, Barbe, Brachse und Kaulbarsch aus, und wie schmecken sie? Die „Generation Fischstäbchen“ hat an der Frage zu kauen. „Unsere Annahme, dass das Wissen über Süßwasserfische in der deutschen Bevölkerung eher begrenzt ist, hat sich in unserer Studie bestätigt“, sagt die Fischereibiologin Sophia Kochalski von der IGB-Arbeitsgruppe Integratives Angelfischereimanagement.
So werden die Fischarten Regenbogenforelle und Bachsaibling, die erst im 19. Jahrhundert aus Nordamerika nach Europa eingeführt wurden, von den Befragten überwiegend für heimisch gehalten. Dagegen wird der einst in deutschen Flüssen heimische Lachs hingegen von den Deutschen vornehmlich in Skandinavien verortet, wo er heute in großen Fischfarmen gezüchtet wird. „Das hat uns überrascht, weil der Lachs in Artenschutzkreisen gerne als Flaggschiffart für den Fließgewässerschutz genutzt wird und sowohl im Rhein als auch in der Elbe über Besatz wiederangesiedelt wird“, erklärt Fischforscherin Kochalski.
Die IGB-Wissenschaftler verbanden die Fischfrage auch mit ihrem Kernthema, dem Gewässerschutz, und fanden heraus, dass den Deutschen gleichwohl saubere Flüsse ein Anliegen sind. „Die Befragten sind zu ihren Überzeugungen und Einstellungen über tieferliegende naturverbundene Werte gelangt“, beschreibt Kochalski diesen Befund. Bei diesem grundlegend positiven Umweltbewusstsein liegen die Deutschen übrigens europaweit in einer Spitzenposition, wie der internationale Vergleich der Ergebnisse zeigte.
Und wie kann das Fischwissen in der Bevölkerung verbessert werden? „Für den praktischen Gewässer- und speziell den Fischartenschutz in Deutschland schlagen wir vor, verstärkt mit ausgewählten Akteuren, die sich bereits für Gewässer und das Leben darin begeistern, zusammenzuarbeiten“, rät die IGB-Forscherin. Zu diesen Akteuren zählt sie die Angler und Wildtierbeobachter (Citizen Scientist), aber auch Künstler und Historiker, „die mit ihren Bildern und Texten einen Blick unter die Wasseroberfläche gewähren und so für die Sache Fisch sensibilisieren können“. Von Bedeutung ist die Kombination von Informationen über die einzelnen Tierarten mit dem gesamten Ökosystem, hebt der Studienleiter Professor Robert Arlinghaus, Fischereiwissenschaftler am IGB und der Humboldt-Universität zu Berlin, hervor.
„Die gesellschaftliche Sensibilisierung für Gewässer- und Fischartenschutzprojekte gelingt besser, wenn der Nutzen eines ökologisch gesunden Ökosystems für den Einzelnen und die Gesellschaft hervorgehoben wird“, sagt Arlinghaus. „Das dafür nötige saubere Wasser und freifließende Flüsse sind am Ende auch Flusseigenschaften, die bedrohten Wanderfischen wie Lachs und Stör zugutekommen“, so sein Praxisfazit der Studie.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
SPD im Vorwahlkampf
Warten auf Herrn Merz
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern