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Generalversammlung der UNOAlle Atomwaffen verbieten

Die Vereinten Nationen wollen Kernwaffen international verbieten. Aber ein Drittel der Mitgliedsstaaten boykottiert die Verhandlungen.

Explosion einer Wasserstoffbombe Foto: dpa

Genf taz | Die UNO-Generalversammlung hat am Montag mit den Verhandlungen über ein vollständiges Verbot von Atomwaffen begonnen. An der Debatte nehmen zwei Drittel der 193 Mitgliedsstaaten teil. Nicht beteiligt sind neben den USA und Israel auch Deutschland und weitere Nato-Staaten, die – wie Russland – bereits im Herbst letzten Jahres gegen die Aufnahme von Verhandlungen gestimmt hatten. Enthalten haben sich bei dieser Abstimmung die Atommächte China, Indien und Pakistan.

Die Bundesregierung hat sogar überlegt, sich an einer Protestnote gegen die Verhandlungen zu beteiligen, die die US-Regierung gestern Nachmittag (New Yorker Zeit) in der UNO-Zentrale übergeben wollte. Bis zum Redaktionsschluss war das Auswärtige Amt (AA) in Berlin nicht zu der Auskunft in der Lage, ob die Bundesregierung die Protestnote unterstützt oder nicht. Das AA hatte die Ablehnung von Verhandlungen über ein vollständiges Verbot von Atomwaffen zunächst damit begründet, dadurch würde der seit 1970 existierende Vertrag zum Verbot der Weiterverbreitung von Atomwaffen (NPT) „geschwächt“.

Die Bundesregierung erklärt ihre Haltung mit einem Verweis auf die Ablehnung von Verhandlungen durch die fünf offiziellen Atomwaffenmächte. Das gilt allerdings nur für die USA, Rußland, Großbritannien und Frankreich. China hatte hat sich inzwischen für ein Verbotsabkommen ausgesprochen. Die Haltung der Bundesregierung steht in Widerspruch zu den Bekenntnissen ausnahmslos aller Vorgängerregierungen, die sich seit mehr als 25 Jahren für eine multilateral ausgehandelte Abschaffung atomarer Massenvernichtungswaffen ausgesprochen haben.

Die Internationale Kampagne zu Abschaffung von Atomwaffen (ICAN), ein weltweiter Zusammenschluss von NGOs, forderte die Bundesregierung auf, ihre ablehnende Haltung möglichst schnell zu korrigieren und sich an den Verhandlungen zu beteiligen. Das wäre nach der Geschäftsordnung der UN-Generalversammlung zu jedem Zeitpunkt des Verhandlungsprozesses möglich. Die Befürworter einer atomwaffenfreien Welt orientieren sich an den erfolgreichen Kampagnen zum Verbot von Landminen im Jahr 1997 und dem Verbot von Streumunition im Jahre 2008.

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Auch die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) äußerte sich ungewöhnlich kritisch. „Hier hat die Bundesregierung eine Chance vergeben, ein deutliches Zeichen für eine weltweite Ächtung dieser Massenvernichtungsmittel zu setzen“, erklärte der Friedensbeauftragte der EKD, Renke Brahms.

„Auch wenn die Atomwaffenstaaten nicht an diesen Verhandlungen teilnehmen, hätte Deutschland dennoch ein deutliches Signal an die Weltgemeinschaft senden können“, sagt Brahms. Es wäre vor allem eine Gelegenheit gewesen, deutlich zu machen, „dass das immer wieder in Bundestagsbeschlüssen, in Reden und auch im neuen Weißbuch formulierte Ziel einer nuklearwaffenfreien Welt wirklich ernst gemeint ist“, betont Renke Brahms. Ein Schritt wäre es, wenn sich die Bundesregierung mit Nachdruck für einen Abzug der noch in Deutschland gelagerten US-Atomwaffen stark machen würde“, unterstrich der EKD-Friedensbeauftragte.

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7 Kommentare

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  • Ob da was Substantielles rauskommt oder nicht - endlich!!! So lange warte ich schon darauf, dass jemand mal dieses Ziel zumindest als wünschenswert und lebenswichtig formuliert. Geil! Eine Riesenbewegung müsste daraus entstehen! Wenn es so weitergeht, wie es momentan aussieht, sieht's nicht gut aus für die Kinder von heute (und uns). Für dies Erde. Es ist eigentlich das Wichtigste überhaupt. Wenn man mal davon ausgeht, dass bis jetzt die Menschen in der Geschichte schon immer irgendwann alle Waffen auch angewendet haben, die sie mal erfunden haben, dann sind irgendwann all die nuklearen Sprengköpfe dran und dann noch mehr. Waren sie auch schon, aber in den Höhlen von Tora Bora. Bitte bleibt am Ball!

    • @CV:

      "Eine Riesenbewegung müsste daraus entstehen!"

       

      Wird aber nicht. Angenommen die Konferenz einigt sich darauf, die Atommächte aufzufordern, ihre Waffen zu vernichten, so werden diese es trotzdem nicht tun. Ein wunderbarer Vorwand für die Teilnehmer der Veranstaltung den Atomwaffensperrvertrag zu brechen und selbst atomar zu rüsten.

  • Die Absicht ist zwar Lobenswert. Da aber alle Atommächte die Verhandlungen ablehnen bzw. nicht voll unterstützen, kann man sich den aufwand auch schenken. Es kann ja nichts Substanzielles dabei rauskommen.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Eine (vorläufige) Nicht-Beteiligung der Atomwaffenstaaten wird den Wert des Verbotes nicht beeinträchtigen. Ein Verbot von Atomwaffen wird die Art und Weise verändern, wie die internationale Gemeinschaft Atomwaffen sieht und versteht, und sie als die unmenschlichen, unannehmbaren Waffen offenbaren, die sie sind. Diesen Weg ist die UNO mit B- und C-Waffen, Landminen und Streumunition gegangen, die jetzt alle verboten sind. Die Absicht ist mehr als lobenswert, sie ist notwendig.

      • @ICAN:

        "Eine (vorläufige) Nicht-Beteiligung der Atomwaffenstaaten wird den Wert des Verbotes nicht beeinträchtigen."

         

        Ein Verbot, welches den einzigen Besitzern der Waffen schnuppe ist, können Sie einrahmen und im Porzellanzimmer aufhängen. Es bewirkt nichts. Na gut, etwas schon. Ein paar "Aktivisten" fühlen sich besser.

         

        Die "Verbote" von Landminen und Streumunition funktionieren ja auch perfekt. Weil die wichtigsten Militärmächte nicht mitmachen, werden die Waffen trotzdem eingesetzt. Daran ändern dann auch ein paar Zeitungsmeldungen nichts.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Auch, wenn man nicht in absehbarer Zeit ein generelles Verbot durchsetzen kann, so ist doch der Dialog über dieses Thema wichtig und richtig. Wenn man den Protest gegen etwas schon deshalb einstellt, weil kein Erfolg absehbar ist, könnte jede Regierung zu jeder Zeit alles tun. Wer will das schon?!

      • @Holzkopf:

        "...so ist doch der Dialog über dieses Thema wichtig und richtig."

         

        Ja. Aber das ist ein ein Dialog von Veganern über Steaks.