Gender Pay Gap bei der BBC: Klage wegen Ungleichbehandlung
Die Moderatorin Samira Ahmed verlangt eine substantielle Nachzahlung. Über Jahre hat sie weniger verdient, als ein männlicher Kollege.
Als Samira Ahmed am vergangenen Montag im Londoner Arbeitsgericht eintraf, empfingen sie jubelnde Unterstützer*innen. Die Journalistin klagt gegen ihren Arbeitgeber, die britische BBC. Ahmed wirft dem Sender vor, 85 Prozent weniger verdient zu haben als ein männlicher Kollege, und verlangt nun eine Nachzahlung von umgerechnet etwa 800.000 Euro.
„Auf der Rückseite meiner Mitarbeiterinnenkarte stehen die Werte der BBC, darunter ‚Wir respektieren uns und zelebrieren unsere Diversität‘“, so Ahmed, die zu den bekanntesten Gesichtern der BBC gehört. „Ich frage mich, wieso die BBC denkt, ich sei nur ein Sechstel so viel wert wie die Arbeit eines Mannes, der einen sehr ähnlichen Job macht.“
Ahmed beruft sich auf einen Vergleich mit ihrem männlichen Kollegen Jeremy Vine, der laut ihrer Verteidigung eine in Format und Länge vergleichbare Sendung bei der BBC moderierte. Ahmed moderiert das Format „Newswatch“ seit 2012 und erhält 440 Pfund (etwa 510 Euro) pro Sendung, während ihr Kollege Vine für sein Format 3.000 Pfund (ca. 3.480 Euro) pro Sendung erhielt – obwohl Ahmeds Sendung etwa doppelt so viele Zuschauer*innen hatte. Vine gab seine Sendung auf, als seine Vergütung reduziert wurde. Die BBC bestreitet Ahmeds Vorwürfe mit der Begründung, die Formate seien nicht vergleichbar: Vines Show sei Unterhaltung, während es bei Ahmed um Nachrichten gehe. Außerdem verdiene Ahmed so viel wie ihr männlicher Vorgänger.
Der britische Journalismusverband National Union of Journalists (NUJ) unterstützt Ahmed: „Leider hat die BBC diesen Fall nicht aufgeklärt, obwohl Samira durch langwierige, frustrierende interne Prozesse gegangen ist und hoffte, eine Lösung finden zu können“, so die NUJ-Vorsitzende Michelle Stanistreet. Auch BBC-Kolleginnen unterstützen sie in einer Stellungnahme: „Wir stehen hinter Samira, die ihrerseits hinter so vielen von uns steht, die ähnliche Kämpfe austragen.“
Erst im vergangenen Jahr hatte die BBC-China-Korrespondentin Carrie Gracie ihren Posten gekündigt und dem Sender vorgeworfen, nichts gegen den Gender Pay Gap zu tun. Durch eine Offenlegung der Gehälter hatte Gracie erfahren, dass sie ein Drittel weniger verdiente als männliche Kollegen. 170 Mitarbeiterinnen, darunter auch Ahmed, warfen daraufhin der BBC Intransparenz bei Gleichberechtigungsfragen vor. Auch deswegen gilt Ahmeds Klage als wegweisend, je nach Ausgang könnten weitere Klagen folgen – ein Urteil wird diese Woche erwartet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour