Gemüse mit Schönheitsfehlern: Krumme Geschäfte
Muss Gemüse perfekt sein? Nein, findet die Münchner Firma Etepetete. Sie vertreibt nicht marktkonformes Biogemüse in Ökokisten.
Zwischen 30 und 40 Prozent des Biogemüses würden nicht verkauft, weil sie den Ansprüchen des Markts nicht entsprechen, schätzt Lindermair. Das will er ändern. Seine 5-Kilo-Kiste kostet im Abo knapp 20 Euro und ist damit kaum billiger als die Abos von „normalen“ Ökokisten. Anders als andere Ketten – wie etwa die Bio Company –, die Obst und Gemüse mit Schönheitsfehlern deutlich günstiger verkaufen, setzt Etepete darauf, dass ihre Kundschaft die neue Idee schätzt – und das Gefühl, durch die Rettung von Lebensmitteln etwas Gutes zu tun.
Wie viel Biogemüse nicht verkauft wird, weil es krumm oder beschädigt ist, hängt stark vom jeweiligen Produkt und auch von den Witterungsbedingungen ab. Beispielsweise Mangold sei generell eine schwierige Kultur, sagt Lydia Hecht, Betriebsleiterin beim Etepetete-Zulieferer Biogemüsebau Wiethaler aus dem bayrischen Stallwang. „Wenn der Hase da das Herz herausfrisst, ist es auch für Etepetete nichts mehr.“ Aber Chinakohl, der mal unter-, mal übergewichtig sein könne, der lasse sich auf diesem Wege noch verkaufen.
Wiethaler wäre letztes Jahr ohne Etepetete auf vier Tonnen Biozucchini und sechs Tonnen schwarzem Biorettich sitzen geblieben, sagt Hecht.
Schwieriger Start
Die Anfangsphase sei für das Start-up nicht einfach gewesen, berichtet Lindermair. „Wenn man sagt, wir sind drei junge Kerle, und die Firma heißt Etepetete, dann muss man sich erst mal eine gewisse Ernsthaftigkeit erarbeiten. Das hat ein wenig gedauert.“ Mit dem Abomodell habe das gar nicht so viel zu tun, viel mehr mit Abläufen, die sich dann einspielten. Ab dem Zeitpunkt, zu dem die Zuliefer*innen sahen, dass kontinuierlich Ware abgenommen wurde, wuchs das Vertrauen in die Jungunternehmer.
Die Idee für ein Geschäft mit krummem Gemüse stand, nur ein eigenes Bild wollte man sich noch machen. Also fuhr Lindermair, selbst ausgebildeter Kaufmann, mit seinem alten Schulfreund und Etepetete-Mitgründer Carsten Wille aufs Land. Als die beiden selbst sahen, wie einige Tonnen Gemüse wegen äußerer Fehler nicht vermarktungsfähig waren, wurde ihnen schnell klar: So falsch kann die eigene Idee gar nicht sein. Letztlich hat die Zusammenarbeit mit Eteptete für die Zulieferbetriebe auch wirtschaftlich Sinn: „Wir bauen ja keine Zucchini an, um damit anschließend den Boden zu düngen“, sagt Hecht vom Biogemüsebau Wiethaler.
Von den Gemüsekisten lernen
Marc Schmitt-Weigand, Vorstand des Vereins Ökokiste, in dem sich rund 40 Anbieter zu einer Marke zusammengeschlossen haben, findet es „prinzipiell total cool“ was der neue Wettbewerber Etepetete macht. Es sei eine wichtige Sache, die die Jungunternehmer in die Öffentlichkeit brächten. Die Frage ist für ihn aber, ob sich auf der Idee Etepetetes ein dauerhaft tragfähiges Geschäftsmodell aufbauen lässt. Denn letzten Endes müsse man genug Kund*innen finden, die sich auch langfristig auf das nicht perfekte Gemüse einlassen. Ein Problem könnte sein, dass die Kunden nicht genau bestimmen können, wie viel sie von welchem Produkt geliefert bekommen. „Früher, vor etwa 20 bis 25 Jahren, ist die Ökokiste auch mal so gestartet.“ Inzwischen habe man das Angebot angeglichen.
Die Leute wollen regionale Produkte, aber wenn sie im Winter viermal hintereinander Kohl und Kartoffeln bekommen, wollen sie nach einer Zeit auch wieder andere Sachen“, gibt Lindermair zu.
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