Gelder verschwunden, Mitarbeiter weg: Vorwürfe gegen Kolping-Stiftung
Die Chefin der Kolping-Stiftung in Paraguay erhebt schwere Vorwürfe: Gelder verschwunden, Mitarbeiter getürmt, Aufklärung verschleppt. Die Kolping-Zentrale dementiert.
BERLIN/ASUNCION taz | In einem Entwicklungshilfeprojekt der Kolping-Stiftung in Paraguay sind möglicherweise deutsche und europäische Entwicklungsgelder in erheblicher Höhe veruntreut worden. Die Geschäftsführerin der Kolping-Stiftung in Praguay, Brigitte Fuzellier, erhebt schwere Vorfürfe gegen die Kölner Zentrale, die "Sozial- und Entwicklungshilfe des Kolpingwerkes" (SEK).
Danach habe man dort versucht, eine Aufklärung der Vorwürfe zu behindern, da negative Auswirkungen bei der finanziellen Unterstützung durch die Europäische Union (EU) und das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) befürchtet wurden.
Nach der taz vorliegenden Projektdokumenten geht es um die mögliche Veruntreuung von mehreren hunderttausend Euro im Rahmen der falschen Bewertung eines Hauses. Es fehlen aber auch insgesamt 14 Autos der Kolping-Stiftung. Zwei verantwortliche einheimische Mitarbeiter in Paraguay sind verschwunden, gegen einen von ihnen erwirkte die paraguayische Justiz einen Haftbefehl.
Die ganze Geschichte zum Kolping-Werk und ein Interview mit dem Entwicklungspolitiker Thilo Hoppe (Grüne) finden Sie in der gedruckten taz. Am Freitag, den 6. August 2010 – an ihrem Kiosk oder direkt in Ihrem Briefkasten.
Fuzellier wirft der Kolping-Zentrale SEK in Köln vor, die Aufklärung des Falles zu behindern. Nach der taz vorliegenden Dokumenten verwies der zuständige Lateinamerika-Referent von Kolping, Peter Schwab, auf den erwarteten Image-Schaden bei einer Veröffentlichung der Vorgänge. "Mir selbst macht am meisten Sorge, inwieweit diese Altlasten Schwierigkeiten mit EU und BMZ bewirken können", schrieb Schwab in einer Email nach Paraguay.
Fuzellier hat Strafanzeige gegen Mitarbeiter des SEK und von Kolping Paraguay gestellt. Der SEK e.V. hat ihrerseits gegen Fuzellier rechtliche Schritte wegen Verdächtigung, Beleidigung, Verleumdung und übler Nachrede eingeleitet und dementiert, dass sie die Aufarbeitung der finanziellen Unregelmäßigkeiten behindert habe.
An der Aufklärung des Falls ist auch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit beteiligt. Bei der entsprechenden Überprüfung vor Ort in diesem Monat sollen auch Mitarbeiter der SEK in Köln dabei sein, denen Fuzellier vorwirft, in den Skandal persönlich verwickelt zu sein.
Der Grünen-Entwicklungspolitiker Thilo Hoppe forderte Konsequenzen: "Bei privaten und kirchlichen Projekten, die staatliche Mittel erhalten - wie im Fall Kolping - muss häufiger von staatlicher Stelle kontrolliert werden", sagte Hoppe der taz. Hoppe kritisierte die Rolle der Kolpinger Zentrale SEK scharf: "Ich habe große Fragezeichen, was die Rolle des Kolping-Werks in Köln angeht. Ich habe den Eindruck, dass dort die Angst vor einem Imageschaden bestand und die Aufklärungsarbeit in Asuncion eher behindert hat", sagte er der taz.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“