Geld und Putsch in Myanmar: Generalsuniform als Geldautomat
Zwei Holdinggesellschaften machen Myanmars Militär zum Player in der Wirtschaft. Das Geld spülen sie direkt in die Kassen einiger Generäle.
Auf den Putsch von 1988 folgten im Rahmen der Abkehr vom Sozialismus Privatisierungen, bei denen das Militär ein Wirtschaftsimperium aufbauen konnte. Heute sind die Generäle eine Macht im Sektor von Banken, Rohstoffen, Stahlwerken, Transport, Lebensmitteln, Getränken, Unterhaltung, Mobilfunk, Gesundheitsversorgung, Bauwirtschaft, Tourismus, Immobilien und Medien, wie eine Liste der Aktivistengruppe Justice for Myanmar zeigt.
Die Firmen des Militärs einschließlich des Sohnes und der Töchter von General Min Aung Hlaing sind an vielen Joint Ventures beteiligt, wie etwa der Mobilfunkbetreiber MyTel mit dem vietnamesischen Viettel-Konzern (der dem Verteidigungsministerium in Hanoi gehört), das Pullmann Mandalay Hotel mit der französischen Hotelgruppe Accor, der japanische Bierkonzern Kirin mit der Myanmar-Brauerei und viele andere.
Die 1990 vom Militär gegründete Holding MEHL (Myanmar Economic Holding Ltd.) und der 1997 gegründete Konzern MEC (Myanmar Economic Corporation) sind in fast jedem Wirtschaftssektor die mächtigsten Firmen. Zusammen kontrollieren sie mindestens 135 Unternehmen von Banken zur Zigarettenfabrik, von Fernsehsehsendern bis Versicherungen, von Ladenketten bis hin zu Stahlfirmen und dem Edelsteinhandel.
Seine Konzerne macht das Militär unabhängiger
Beide Holdings gehören je zur Hälfte dem Militär und zur anderen Hälfte aktiven wie früheren Kommandeuren. MEHL und MEC bieten den Streitkräften so eine finanzielle Basis, die sie unabhängiger vom Staatshaushalt und damit von ziviler Kontrolle macht. Nähere Details nennt das Militär denn auch nicht. Laut Amnesty International brachte allein MEHL von 1991 bis 2011 seinen Eignern rund 18 Milliarden US-Dollar ein.
Die Republik der Union Myanmar besteht aus 7 Staaten (ethnischer Minderheiten), 7 Regionen und der 2005 eingeweihten Hauptstadt Naypyidaw als Unionsterritorium.
Einwohner: 57 Millionen
Militär: 380.000 (geschätzt)
Bevölkerung: 135 Ethnien: Birmanen (68 Prozent), Shan (9), Karen (7), Rakhine (3,5), Chinesen (3), Inder (2)
Religion: Buddhisten (88 Prozent), Christen (6), Muslime (4)
Lebenserwartung: 69,6 Jahre
Alphabetisierung: 75,5 (rückläufig)
Pro-Kopf-BSP: 5.142 Dollar
Armutsrate: 25,6 Prozent
Exporte: China (36,5 Prozent), Thailand (21,8), Japan (6,6), Singapur (6,4), Indien (5,9): Gas, Holz, Fisch, Reis, Kleidung, Edelsteine
Importe: China (31,4 Prozent), Singapur (15), Thailand (11,1), Saudi-Arabien (7,5): Stoffe, Ölprodukte, Dünger, Maschinen, Fahrzeuge
Doch am 5. Februar erklärte überraschend der japanische Brauereikonzern Kirin, der zur Mitsubishi-Gruppe gehört und die Nr. 2 in Japan ist, seine Anteile an der Myanmar Brewery und der Mandalay Brewery zu verkaufen. Seit 2015 gehören Kirin 55 Prozent der beiden Brauereien.
Den Ausstieg begründete Kirin jetzt explizit mit dem Putsch. Bisher hatte Kirin trotz Kampagnen von Menschenrechtlern an seinen Beteiligungen in Myanmar festgehalten, obwohl UN-Ermittler Myanmars Militär des Völkermords an den Rohingya beschuldigen.
Lob für japanische Brauerei Kirin
„Kirin ist der erste Konzern nach dem Putsch, der einen Rückzug von seinen Geschäften mit dem Militär verkündet hat, und er verdient dafür Lob“, sagt Mark Farmaner von der Burma Campaign UK. „Alle internationalen Firmen, die mit Myanmars Armee Geschäfte machen, sollten diesem Beispiel folgen.“
Ein Wirtschaftsjournalist in Yangon sagt: „Die Firmen des Militärs sind überall, sein Geld kommt aus diesen Firmen, die deshalb protegiert werden, nicht nur von General Min Aung Hlaing, sondern vom gesamten Offizierskorps.“
Auf der Liste der Burma Campaign UK sind auch Firmen wie der indische Tata-Konzern, der Truppentransporter und Geländewagen an Myanmars Militär lieferte. Und Facebook, das zwar Putschführer Min Aung Hlaing wegen Hasspostings gegen Rohingya von seinen Servern verbannte, dient noch 25 Firmen und Abteilungen des Militärs wie etwa der Luftwaffe.als Plattform.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Die Wahrheit
Herbst des Gerichtsvollziehers