: Geld für die „Kriegskasse“?
■ Die Gaspreise steigen – und die swb verkauft es als positive Botschaft / Kritiker fordern Liberalisierung der Erdgas-Versorgung
Wenn eine schlechte Unternehmensnachricht positiv verkauft wird, hat normalerweise die zuständige Abteilung für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit gut gearbeitet. So war es auch am Dienstag, als die swb AG ihre siebenprozentige Tariferhöhung, die heute in Kraft tritt, dem Erdgas nutzenden Volke verkünden ließ: Im Großstädte-Vergleich sei man weiterhin „mit am günstigsten“. Eine Kilowattstunde Erdgas kostet in Bremen inklusive aller Steuern fortan genau 7,69 Pfennige – die vierte Preisanhebung innerhalb eines Jahres.
Der Verein Haus & Grund in Bremen reagierte prompt mit einer geharnischten Pressemitteilung. Es grenze an „Hohn“, dass sich die swb AG als bundesweit besonders preiswertes großstädtisches Gasversorgungsunternehmen darstelle. Tatsächlich habe es in den vergangenen zwölf Monaten eine Preissteigerung von rund 68 Prozent gegeben, so Geschäftsführer Bernd Richter. Dies bedeute jährliche Mehrkosten von weit über sechshundert Mark. „Eine Zumutung“, wie Richter findet. Überdies: Bremen solle sich lieber an den Preisen der Umlandgemeinden orientieren und nicht an anderen Städten.
Hier liegen die Preise pro Kilowattstunde tatsächlich näher am unteren Rand der Sieben-Pfennige-Marke. Ein direkter Vergleich sei allerdings auch nur schwer möglich, da das „Kostengerüst“ im Umland ein ganz anderes sei. So sei die Instandhaltung der Gasleitungen in geringer besiedelten Gebieten weniger teuer. Außerdem würde in freistehenden Gebäuden mehr Gas verbraucht als in dichter, städtischer Bebauung – was die Durchschnittspreise senke.
Und auch wenn es im Vorjahr in Bremen überdurchschnittliche Preissteigerungen gegeben hat – so zumindest der Bundesverband der Energieabnehmer (VEA) –, steht die swb AG im Vergleich der Großstädte über 500.000 Einwohner tatsächlich nicht so schlecht da: Die Preisspanne reicht von 6,76 Pfennigen pro Kilowattstunde (Frankfurt) bis zu 8,25 in Berlin. In Hamburg bezahlt ein Vier-Personen-Haushalt derzeit 7,46 Pfennige. Ein direkter Vergleich ist jedoch auch hier schwierig, da die Grundgebühren unterschiedlich sind. Laut der Pressestelle der swb AG werden die Tarife frühestens im Oktober wieder sinken – und das nur „gegebenenfalls“. Die Gaspreise folgen denen für Öl verspätet.
Manfred Panitz vom VEA, der in erster Linie gewerbliche Kunden vertritt, macht indes noch ganz andere Gründe für die Preissteigerungen verantwortlich. Aus seiner Sicht geht es den Unternehmen angesichts der geplanten Liberalisierung der Gasversorgung darum, noch „rechtzeitig die Kriegskassen zu füllen“. Er kristisiert, dass sich die Firmen nach wie vor einer entsprechenden Regelung widersetzen würden – die bereits seit zwei Jahren auf dem Papier existiert. Dabei geht es insbesondere um die Durchleitung durch Netze, die von regionalen Anbietern kontrolliert werden. hase
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