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Geiselnahme in der UkraineOSZE leistet Hilfe

Russland soll Einfluss zur Freilassung der Militärbeobachter geltend machen, fordert die deutsche Regierung. Die OSZE selbst nimmt an Verhandlungen vor Ort teil.

Die Pressekonferenz mit den festgehaltenen OSZE-Beobachtern in Slawjansk. Bild: reuters

BERLIN taz | Die Bundesregierung hat die russische Regierung vehement aufgefordert, alles zu tun, um die sieben noch im ukrainischen Slwajansk festgehaltenen Militärbeobachter aus Deutschland und drei weiteren Staaten freizubekommen. „Wir fordern die russische Staatsführung auf, sich öffentlich wie intern für die Freilassung einzusetzen“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag.

„Wir hören von der russischen Seite weiter keine klare Stellungnahme“, beklagte Seibert. Prorussische Milizen hatten am Freitag nahe der Stadt Slawjansk acht Militärbeobachter gefangen genommen, darunter drei Bundeswehr-Soldaten und einen deutschen Dolmetscher. Ein Schwede wurde am Sonntag aus Gesundheitsgründen freigelassen.

Der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Martin Schäfer, erklärte am Montag, „es erscheint der Bundesregierung offensichtlich, dass die russische Führung Einfluss hat auf das, was in Slawjansk passiert“. Nun habe die OSZE vor Ort die Verhandlungsführung zur Freilassung der Männer übernommen.

Hierum hat Deutschland beim OSZE-Hauptquartier in Wien ausdrücklich gebeten. Denn noch am Freitagabend, direkt nach der Geiselnahme, wollte die OSZE nichts damit zu tun haben. Der Vizechef des OSZE-Krisenpräventionszentrums, Claus Neukirch, sagte im österreichischen Fernsehen, das Team sei keine OSZE-Gruppe, sondern „bilateral in der Ukraine unter einem OSZE-Dokument tätig“. Zuständig dafür sei das Zentrum für die Verifikationsaufgaben der Bundeswehr, daher „ist das eine Sache, die in der Bundesrepublik in erster Linie angelagert ist“.

Der OSZE-Sprecher Shiv Sharma erklärte der taz am Montag, die OSZE habe zunächst „etwas Bedenken gehegt“, sich in die Angelegenheit des Verteidigungsministeriums einzumischen. Aber jetzt arbeite die OSZE auf allen Ebenen an der Sache. Die Beobachtungsmissionen unter dem „Wiener Dokument“ halte man sozusagen für „einen Teil der OSZE-Familie“.

Der Linken-Verteidigungspolitiker Alexander Neu erneuerte gegenüber der taz seinen Vorwurf, die Bundesregierung habe mit der bilateralen Beobachtungsmission der zivilen OSZE-Mission in der Ukraine geschadet: „Dieser Militärbesuch war politisch unklug, und der OSZE hat man keinen Gefallen getan.“ OSZE-Sprecher Sharma sagte dazu, natürlich würden für die Verhandlungen in Slawjansk nun Ressourcen beansprucht. Aber er erkenne bislang „keinen negativen Einfluss auf unser Mandat“.

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6 Kommentare

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  • alles "eine Familie" ; )

  • Es darf gewettet werden , wer die famose Idee hatte , die Gruppe , die „bilateral in der Ukraine unter einem OSZE-Dokument tätig“ wurde , in Marsch zu setzen . Steinmeier ? 3 auf 100 . Flinten-Uschi-Hau-den-Russen ? 95 auf 100 . Merkel ? Och nöö . Doch UvdL hat Merkel rumgekriegt mit : "Wir tarnen die perfekt als harmlose OSZE-Leute, die da auch unterwegs sind !" . Steinmeier hat dann auch abgenickt : zwei Ober-Alpha-Tiere gegen eines von der SPD .

    Und jetzt sitzen die Offiziere fest ... und die o.g. Koryphäen in der Scheiße .

  • Kriegstreiberei entzieht sich immer jeder Logik.

  • Der normale Bundesbürger, der die unterschiedlichsten Varianten aus dem schwelenden (noch eingegrenzten!) Kriegsgebiet zu lesen, sehen und hören bekommt, ist mit Sicherheit an allgemein wahrheitsgerechtere Beiträge interessiert. So wurde kürzlich berichtet, dass Kriegstreiber Putin scheinbar keinen Einfluss mehr auf seine unterschiedlich genannten "Verbindungsleute" in der Ostukraine habe.

     

    Nun wird er aber von der OSZE, die scheinbar über die Handlungen ihres eigenen Vereins keine Übersicht hat, wieder kontaktiert und sogar um Hilfe gerufen, weil vereinzelte Mitglieder bei ihren unglücklich ausgewählten Kontrollen von "Fragmenten" aufgestöbert und sogar peinlichst vorgeführt wurden! Als Dank wird er die zeitgleich die nächste "Sanktionsstufe" spüren, welch kluge Diplomatie!

  • Die taz vergäbe sich nichts, wenn hier die klaren Argumente von Herrn Lambsdorff heute im Morgenmagazin wiedergegeben würden. Falls sie nicht stichhaltig sind, sollten sie widerlegt werden. Stimmen sie nämlich, dann beteiligt sich die BRD wiederum an einer Eskalation und hat jetzt auch die OSZE in diese "brandgefährliche" Taktik einbezogen.

    Die Dame Leyen muss zurücktreten und wenn nicht, sollte dies Herr Steinmeier tun, wenn er denn nicht daran mitwirken wollte, seine Einschätzung zu bewahrheiten.

  • Wer den Einmarsch Putins und die Annexion der Krim als einen legitimen Akt der Selbstbehauptung befürwortet, legitimiert damit einen Angriffakt. Dass so jemand auch terroristische Geiselnahmen rechtfertigt, ist nur eine logische Konsequenz.

     

    Putin hatte ja nicht die geringste Hemmung seine bewaffneten Spezialeinheiten einzusetzen, um militärische Gewalt auf ukrainischem Territiorium auzuüben und die dortige Bevölkerung in Geiselhaft zu nehmen, egal ob ihr das gefiel oder nicht. Und so wie die deutschen Geiseln sich jetzt als Gäste der Terroristen bezeichnen, haben sich die Krimbewohner vorher als neues Staatsvolk Russlands feiern lassen.

    Tatsache aber bleibt, der Einmarsch Putins in die Ukraine war ein Kriegsakt und schafft nach Art. 51 der UNO-Charta eine Notwehrlage, genau so wie die Geiselnahme der Separatisten ein Terrorakt war, der als Notwehrakt jegliche militärische Gewalt gegen sie rechtfertigen kann. Die Zustände in Europa unterscheiden sich kaum mehr von denen im Irak oder Afghanistan, die Herausforderungen sind die selben, die Gefahren ebenso. Der europäische Friedensordnung in Europa ist dahin, mit Riesenschritten läuft alles auf einen Krieg hinaus; fragt sich nur, ob die Nato-Kanonen genauso verrostet sind, wie die ukrainischen.^^