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Geiseldrama in AlgerienBlutiges Ende

Nach Angaben algerischer Sicherheitskräfte ist die Geiselnahme in Algerien beendet. Alle verbliebenen Geiseln und die Geiselnehmer sollen getötet worden sein.

Satellitenbild der Gasförderanlage bei In Amenas (Ausschnitt). Bild: dapd

ALGIER afp | Bei einem Sturmangriff auf die Geiselnehmer in Algerien sind am Samstag insgesamt 18 Menschen getötet worden. Die algerischen Sicherheitskräfte teilten mit, elf Geiselnehmer seien bei dem Einsatz am Morgen getötet worden, die Kidnapper hätten offenbar ihrerseits sieben ausländische Geiseln getötet.

Spezialeinheiten erhielten den ersten Angaben zufolge am Morgen den Auftrag, das seit Tagen andauernde Geiseldrama an einer Gasförderanlage im Süden des Landes zu beenden. „Elf Terroristen sind getötet worden und die ausländischen Geiseln sind umgekommen“, sagte ein Mitarbeiter der Sicherheitskräfte. „Wir glauben, dass sie aus Rache umgebracht worden sind.“

Insgesamt seien bei der Geiselnahme 23 Geiseln gestorben. Auch 32 Entführer seien tot, teilte das algerische Innenministerium am Samstagabend mit. Mehrere ausländische Regierungen hatten in den vergangenen Tagen an die Regierung in Algier appelliert, dem Schutz der Geiseln höchste Priorität einzuräumen.

Dem französischen Außenminister Laurent Fabius zufolge war unter den getöteten Geiseln auch ein Franzose. Der britische Außenminister William Hague bereitete seine Landsleute auf „schlechte Nachrichten“ vor. Der rumänische Regierungschef Victor Ponta teilte mit, unter den getöteten Geiseln sei ein Rumäne.

Der libysche Regierungschef Ali Seidan bestritt Angaben des algerischen Innenministeriums, wonach die Geiselnehmer aus Libyen kamen. Entsprechende „Informationen und Gerüchte“ entbehrten jeglicher Grundlage, sagte er im staatlichen libyschen Fernsehen.

Die algerische Armee hatte am Donnerstag in der Gasanlage bei In Aménas nahe der libyschen Grenze, rund 1300 Kilometer südöstlich der Hauptstadt Algier, eine erste große Befreiungsaktion gestartet, nachdem die Islamisten dort am Mittwoch hunderte Geiseln genommen hatten.

Die Islamisten fordern unter anderem ein Ende des französischen Militäreinsatzes gegen islamistische Milizen im Norden Malis. Der mauretanischen Nachrichtenagentur ANI vom Freitag zufolge hatten die Islamisten zuletzt noch drei Belgier, zwei US-Bürger, einen Japaner und einen Briten in ihrer Gewalt.

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4 Kommentare

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  • M
    mdarge

    Dem Kommentar von D.J. muss man sich leider in vielen Punkten anschließen. So geht die Gefahr keineswegs von der Sharia aus, denn es gibt keine einheitliches Gesetz. Vielmehr ist es wie im 3.Reich, wo dem Entscheider vor Ort alle Macht gegeben wurde. Die Islamisten sehen sich als Bewegung, haben keine Befehlsstruktur. So ist alles Auslegungssache. Handabhacken als Strafe kann als theoretische Option gesehen werden. Seit der Ausbreitung des Islam im Jahr 630 wurde das nie praktiziert. Erst seit der Iranischen Revolution findet man Gefallen daran. Trotzdem kann Handabhacken "ultima Ratio" für unbelehrbare Serientäter sein, oder eher präventiv nach Gusto verhängt werden. Wir haben uns an den Rechtsstaat gewöhnt, der auch im Islam möglich ist. Doch Terroristen sind an kein Gesetz gebunden. Wenn ein Kommandant das Lebensrecht eines Ungläubigen bestreitet, gibt es niemanden, bei dem man appellieren könnte. Im Gegenteil werden sogar Moslems getötet, da sie im Auftrag der "abgefallenen" Regierung standen. Da die USA in der al Qaida in Afghanistan irreguläre Kämpfer sahen, denen kein Kriegsrecht zusteht (in Guantanamo und anderswo praktiziert) sehen auch die Taliban keinen Grund irgendeine Rücksicht zu nehmen. So sie gewinnen, werden sie Rache üben, wie ihnen angetan wurde. Im Islamismus wird sich nach und nach alle Ungerechtigkeit der Welt kristallisieren. Daher müssen wir davon ausgehen, dass der "Krieg gegen den Terror" verloren geht, selbst wenn Mali gewonnen wird.

  • D
    D.J.

    Zeit, den algerischen Sicherheitskräften Dank zu sagen. Die ganz überwiegende Anzahl der Geiseln scheint gerettet worden zu sein, was bei religionstrunkenen Kidnappern eine gute Leistung ist.

    Und ein Weiteres: Habe wieder mal ständig hören müssen, dies alles ließe sich islamisch nicht begründen. Aber so einfach ist das nicht. Die Scharia gewährt Nichtmuslimen, die sich in einem islamischen Land aufhalten, Unversehrtheit an Leib und Gut nur in zwei Fällen:

    1. Der Nichtmuslim hat den Status eines Dhimmi (gilt eigentlich nur für Angehörige von Buchreligionen).

    2. Der Nichtmuslim szeht unnter Geleitschutz (aman):

     

    http://de.wikipedia.org/wiki/Musta%27min

     

    Ein Visum gilt nach Aussage "moderner" Rechtsgelehrter als Aman. Aber: Die Dschihadisten betrachten die Regierungen - z.B. in Algerien - nicht als Muslime, sondern als vom Islam Abgefallene. Darum ist deren "Aman" ungültig. Die Ungläubigen genießen also nach deren Sicht keinerlei Befugnis, sich im Land aufzuhalten und damit kein Lebensrecht.

  • V
    vic

    „Wir glauben, dass sie aus Rache umgebracht worden sind,“ sagte der Sicherheitsbeamte.

    Ich glaube, dass die Geiseln ihrer Befreiung erlegen sind.

    Militärischer Kollateralschaden eben, wie das so ist.

  • E
    emil

    geiselnehmende plus geiseln tot. ich würde sagen dieser einsatz hat nicht so gut funktioniert.