■ Soundcheck II: Gehört: Urban Sax
Gehört: Urban Sax. Die disparaten Töne, die aus dem Zelt auf den Deichtorhallenplatz schallten, schienen den Wartenden alles zu verraten: da drinnen, hinter den Planen, war zweifelsohne ein kleines Schiffsbatallion aufgefahren, das durch möglichst lautes Tuten und Tröten seine terrestrische Besatzung behaupten wollte. So schien es, aber das war wie so oft Lichtjahre zu kurz gedacht: Die musikalische Invasion kam aus dem Universum. Genau in jener Nacht, in der „Pathfinder“uns mit der Information versorgte, daß der rote Planet rot ist, weil er rostet, zeigten 50 extraterrestrische Wesen beim West Port, wie sie das Sauerstoffproblem gelöst haben. In weißsilberne Raumanzüge mit allerlei luftkammerähnlichen Ausstülpungen gesteckt, atmen sie durch ein rostfreies Blech, hierzuerden „Saxophon“betitelt.
Auf vier Bühnen und vor einer laufenden Horde wurden verschiedene Grundtöne geblasen, die gemeinsam Interferenzen zur Störung der Funkverbindung nach draußen erzeugten. Hilflos sah man Radiojournalisten mit erhobenen Mikros durchs Zelt stolpern. Die Blechatemwesen begannen, untereinander Kontakt aufzunehmen, kontrapunktisches Gequietsche suchte einen Rhythmus, fand ihn, schwoll an, war glücklich, brach ab, Stille. Ein neuer Ton, neue Suche und jede Menge futuristisches Gekasper. Bisweilen war die Musik etwas zu sphärisch und pathetisch, doch wo der performancemäßig aufgepeppte, minimalistische Klangteppich von Urban Sax Fahrt gewann, war die Reise durch Sax-All bestimmt drei Kometen wert.
Christiane Kühl
Foto: Steffen Kugler
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