Geheimfavorit Südafrika bei Frauen-WM: Banyana Banyana in Boykottlaune
Südafrikas Nationalspielerinnen nutzen ihren Formanstieg und setzem den Landesverband unter Druck. Es geht um Geld und Genugtuung.
Der Grund für den Streik gegen den eigenen Verband waren Diskussionen über ausstehende Prämien sowie die Tatsache, dass das Testspiel gegen Botswana lediglich im 5.000 Menschen fassenden Tsakane-Stadion nahe Johannesburg ausgetragen wurde, was die Spielerinnen als fehlenden Respekt vor ihrer Leistung ansahen. „Sie kämpfen für ihre Rechte“, so Thulaganyo Gaoshubelwe, Präsident der südafrikanischen Fußballspielergewerkschaft, in einem Video, das auf deren offiziellen Twitter-Account veröffentlicht wurde. „Der Verband will keine Geldbeträge in ihre Verträge aufnehmen. Wir müssen für die Rechte dieser Spielerinnen kämpfen.“
Ob nun neue Verträge ausgehandelt wurden, weiß man nicht – der südafrikanische Fußballverband hat auf Interviewanfragen der taz nicht reagiert. Fest steht jedoch, dass der südafrikanische Milliardär Patrice Motsepe, gleichzeitig auch Präsident des afrikanischen Fußballverbands CAF, mit seiner Stiftung einsprang und alle ausstehenden Kosten des Teams übernahm. Die Vorbereitung konnte nun also wie geplant weitergehen, beim Testspielsieg gegen WM-Teilnehmer Costa Rica (2:0) waren dann auch wieder alle Stammkräfte an Bord.
Mit ihrem Kampf um angemessene Bezahlung stehen die Südafrikanerinnen im Frauenfußball bei Weitem nicht allein da. Auch das Team aus Nigeria streitet sich um ausstehende Bonuszahlungen – so heftig, dass die Spielerinnen laut Medienberichten sogar ein Boykott ihres WM-Auftaktspiels gegen Olympiasieger Kanada in Betracht ziehen sollen. Die Kanadierinnen wiederum liegen im Clinch mit ihrem eigenen Verband, von dem sie sich in Sachen Bezahlung ebenfalls unfair behandelt fühlen. Südafrika galt in den vergangenen Jahren als Vorzeigeteam Afrikas und wird bei der Weltmeisterschaft in Australien sowie Neuseeland sogar als eine Art Geheimfavorit gehandelt.
Sieg beim Africa Cup
Das liegt unter anderem an Nationaltrainerin Ellis, die seit ihrer Übernahme der „Banyana Banyana“, wie das Team in der Heimat genannt wird, einige Erfolge einheimsen konnte. 2019 führte Ellis Südafrika erstmals zu einer Weltmeisterschaft, nur drei Jahre später folgte der größte Titel in der Frauenfußballgeschichte des Landes, als sich die Auswahl beim Afrika Cup zum besten Team des Kontinents krönen konnte.
Diesen Erfolg beansprucht der südafrikanische Fußballverband auch für sich. Im Rahmen der „Vision 2022“ sollte vor allem der Frauenfußball gestärkt werden, zum Beispiel durch eine größere finanzielle Unterstützung, der Förderung von Trainerinnen sowie der Gründung einer eigenen Liga. Diese wurde 2019 ins Leben gerufen, bis heute ist die Hollywood Bets Super League, die aus 14 Teams besteht, aber immer noch nur semiprofessionell. Erst vor wenigen Wochen äußerten Klub-Verantwortliche ihre Sorgen über die finanzielle Zukunft ihrer Vereine. Den Höhepunkt in ihren Bemühungen um den Frauenfußball soll jedoch die Weltmeisterschaft 2027 darstellen, um die sich Südafrika gegen Konkurrenten wie Deutschland bewirbt.
Es tut sich also etwas im afrikanischen Fußball der Frauen. Lange war Nigeria, das sich bisher für jede WM-Ausgabe qualifizieren konnte, das tonangebende Team auf dem Kontinent. Elfmal gewannen die „Super Falcons“ den Afrika Cup, bis ihnen Südafrika im vergangenen Jahr die Trophäe wegschnappte. Ausgeschieden ist Nigeria im Halbfinale übrigens gegen WM-Debütant Sambia, das erst vor kurzem Deutschland mit 3:1 schlug.
Ein Großteil des südafrikanischen Teams spielt in der heimischen Liga, so zum Beispiel bei den Mamelodi Sundowns, die 2021 die Premieren-Ausgabe der kontinentalen Champions League gewinnen konnten. Dieser Wettbewerb ist ein Versuch des CAF, den afrikanischen Vereinsfußball zu fördern. Dennoch ist in vielen Nationen noch Luft nach oben. Die meisten Spielerinnen können nicht von ihrem Sport leben, professionelle Ligen sind zudem eine Rarität, und es fehlt an Investitionen in den Nachwuchs sowie professionellen Trainings- und Spielbedingungen.
So wundert es nicht, dass die Leistungsträgerinnen der Banyana Banyana im Ausland spielen. Die beiden Stützen des Mittelfelds, Kapitänin Refiloe Jane sowie Linda Motlhalo, spielen in Europa, während die beiden Torschützinnen aus dem Costa-Rica-Spiel in Südkorea beziehungsweise USA ihr Geld verdienen. Wollen die Südafrikanerinnen in einer Gruppe mit Schweden, Italien und Argentinien für die eine oder andere WM-Überraschung sorgen, muss sich Coach Ellis auf diese Spielerinnen verlassen können. Und dann ist nach drei Niederlagen 2019 vielleicht auch der erste Sieg Südafrikas bei einer Weltmeisterschaft möglich.
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