Gegen ex und hopp: Grüne wollen Pfandbecher

„Coffee to go“ ist in Wahrheit Kaffee für die Tonne. Er produziert Unmengen Müll und verschwendet Ressourcen, weshalb die Länder jetzt Alternativen suchen.

Ergibt einen schönen Müllberg: Einwegbecher stapeln sich auf einem Papierkorb. Foto: Uwe Zucchi/dpa

HAMBURG taz | Kaum zu glauben: In den 60er-Jahren wurde für Bier aus Einwegflaschen mit dem Slogan „ex und hopp“ geworben: austrinken und in den Mülleimer damit! Dass wir 50 Jahre später nicht wesentlich weiter sind, legen Zahlen der Deutschen Umwelthilfe (DUH) nahe, nach denen in Deutschland pro Jahr 2,8 Milliarden Coffee-to-go-Becher verbraucht werden – allein in Hamburg sind es 60 Millionen.

Niedersachsen und Hamburg wollen sich jetzt dieses Themas annehmen. Das Land arbeite „mit Nachdruck an einer Verringerung von Einwegbechern“, teilte das grün geführte niedersächsische Umweltministerium mit. Die entsprechende, Hamburger Behörde geht bereits mit gutem Beispiel voran: Sie führt in ihrer Kantine Mehrweg-Kaffeebecher ein. „Allein in der gemeinsamen Kantine der Umwelt- und Stadtentwicklungsbehörde fallen bislang mehr als 15.000 Wegwerfbecher jährlich an“, sagte Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne).

Die Hamburger Grünen planen für den heutigen Dienstag ein Fachgespräch mit Vertretern von Café- und Bäckereiketten. „Gemeinsam soll an der Idee eines hamburgweiten Mehrweg-Kaffeebechers gearbeitet werden“, kündigten sie an. Allein durch die 60 Millionen Becher werde so viel CO2 freigesetzt, wie von einem Mittelklassewagen, der 500-mal die Erde umrunde.

Das Grundproblem ist, dass es viel aufwändiger ist, einen Einwegbecher herzustellen, als einen Mehrwegbecher 1.000 mal zu verwenden und abzuspülen. Die Einwegbecher lassen sich überdies schlecht aus recyceltem Papier herstellen, weil Recyclingpapier Mineralölrückstände aus Druckfarben enthält.

Für die Becher müssen also Bäume gefällt werden – und zwar nicht zu knapp, wie die DUH behauptet: 43.000 pro Jahr. Innen sind die Becher – sofern sie nicht ohnehin aus Plastik bestehen – mit Plastik beschichtet, was das Recycling erschwert. Deckel und Beschichtung werden überdies aus Rohöl hergestellt, schätzungsweise 22.000 Tonnen im Jahr.

Manche VerbraucherInnen haben bereits reagiert: Sie lassen sich den Kaffee für unterwegs in mitgebrachte Mehrwegbecher füllen. Bei manchen Ketten gibt es dafür einen Rabatt. Hygienische Probleme gibt es nicht, sofern die Betriebe ihre Maschinen sauber halten und den Einfüllstutzen jeweils so verstellen, dass er nicht in Kontakt mit dem Becher kommt.

Für ein solches System wirbt seit dem Sommer die Berliner S-Bahn. Zusammen mit zwei Bio-Unternehmen vertreibt sie Mehrwegbecher für neun Euro das Stück. Von den teilnehmenden Firmen gibt es auf jeden Kaffee einen Rabatt von zehn bis 20 Cent. „Wir setzen darauf, dass die Leute in der S-Bahn das immer wieder mitbekommen“, sagt S-Bahnsprecher Ingo Priegnitz. In den ersten drei Monaten haben die Berliner rund 2.700 solcher Becher gekauft.

Für die Einwegbecher müssen Bäume gefällt werden und zwar nicht zu knapp

Der Königsweg aus Sicht der Umwelthilfe wäre ein Mehrwegbecher-System. Für die Becher würde ein Pfand erhoben, das sich bei einer beliebigen Filiale einlösen lassen würde. Diesen Weg beschreitet die Stadt Freiburg. Dort gibt es gegen ein Euro Pfand den „Freiburg Cup“, der in verschiedenen Cafés und Bäckereien zurückgegeben werden kann.

Der Deutsche Kaffeeverband lehnt den Einsatz von Mehrwegbechern „nicht komplett ab“. Allerdings sei noch zu klären, ob Mehrwegbecher nicht doch zu hygienischen Problemen führten.

Vertreter der FDP im Landtag und der Bürgerschaft empfahlen, „freiwillige Lösungen zu entwickeln, beispielsweise durch Wiederbefüllung mitgebrachter Mehrwegbecher“. Ein Pfandsystem, das auf ein Bundesland beschränkt bliebe, löse kein Problem, warnte der niedersächsische FDP-Abgeordnete Gero Hocker.

Ein Pfandsystem könne „eine Möglichkeit sein“, räumte der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Stephan Gamm ein. Der niedersächsische CDU-Abgeordnete Martin Bäumer warnte vor standortbedingten Nachteilen – gerade für kleine Läden – bei Einführung eines Pfandsystems: „Ziel muss es sein, bei der Produktion der Becher auf recycelte oder recycelbare Materialien zu setzen.“

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