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Gegen MännergewaltMit Ach und Krach

■ Trotz Gedenktag: Aggression gegen Frauen ist alltäglich. Ein Beispiel

Wegen Freiheitsberaubung und zweifacher Körperverletzung verurteilte Richterin Ellen Best gestern vor dem Amtsgericht einen Lagerarbeiter zu zehn Monaten Freiheitsstrafe auf drei Jahre Bewährung. Der 27-Jährige hatte im Frühjahr seine damalige Freundin misshandelt und eingesperrt. Trotz des weltweiten Gedenktags „Nein zu Gewalt an Frauen“, der heute und am Wochenende unter anderem von Kirchen aller Glaubensrichtungen und Gewerkschaften begangen wird – Gewalt gegen Frauen ist alltäglich.

Geschlagen, geschubst und eingesperrt hat der ungelernte Arbeiter aus Bremen das damals 17-jährige Mädchen. Die Aggressionen ihres Ex-Freundes, den sie als „jähzornig“ bezeichnet, hätten sich oft aus einfachen Kabbeleien heraus entwickelt: „Erst ist es Spaß, und wenn du dann sagst: ,Hör auf!', dann macht er trotzdem weiter.“

„Ein Zustand wie im Irrenhaus“, beschreibt die Hauptbelastungszeugin die Verhältnisse in der Huchtinger Ein-Zimmer-Wohnung des Angeklagten, in der sie mit ihm und seiner Ex-Freundin zusammen wohnte.

„Wenn ich mich trennen wollte oder wenn ich einfach nur rausgehen wollte, hat er mir den Schlüssel abgenommen.“ Sie habe bisweilen sogar erwogen, vom Vordach zu springen, um aus der Wohnung zu kommen. „Aber das war zu hoch.“

Trotz oder wegen ihrer Erfahrungen hat die Zeugin Mühe, konkrete Übergriffe zu schildern. „Für mich ist das alles gegessen, ich will da nicht mehr darüber nachdenken.“ Die Richterin hakt nach: „Hat er gedroht, Ihnen Leute auf den Hals zu hetzen?“

Das kann die Zeugin zunächst nur verneinen. Dann sagt sie: „Doch, hat er. Aber ich habe das nicht so ernst genommen.“ Wenige Tage nach dem letzten Gewaltausbruch haut sie ab, schlüpft bei einer Freundin unter und erstattet Anzeige.

Später geht sie zusammen mit dem Angeklagten nochmal aufs Polizeirevier und will die Anzeige zurücknehmen – bis ein Polizist sie unter vier Augen fragt: „Willst du wirklich so blöd sein, das zu tun?“

Nach der Vernehmung von zwei weiteren Zeuginnen ist klar, dass der ungelernte Arbeiter schon mehrfach gewalttätig geworden war.

„Meiner Meinung nach ist das alles ein Racheakt“, weist der Beschuldigte die Vorwürfe von sich. Die Zeuginnen, zum Teil frühere Freundinnen von ihm, seien eifersüchtig und „verlogen“. Wie er sich denn die ärztlich attestierten Hämatome an Händen, Beinen, Armen und Brust der einen Zeugin erkläre, wollte die Richterin wissen. „Das kann jeder gewesen sein.“ Fünf Minuten später gesteht er doch – dem geht ein Gespräch der Richterin mit dem Anwalt voraus: „Es tut mir wirklich sehr leid.“

„Mit Ach und Krach“ ringt sich Richterin Ellen Best schließlich dazu durch, die zehnmonatige Freiheitsstrafe wegen zweifacher Körperverletzung und Freiheitsberaubung noch auf drei Jahre zur Bewährung auszusetzen. „Wenn Sie ihre Stelle nicht hätten“, sagt Best im Hinblick auf den neuen Arbeitsplatz, den sich der Angeklagte selbst organisiert hat, „dann hätte ich da nicht mehr darüber nachgedacht.“

Die Zeuginnen sind sich nach der Urteilsverkündung alle einig: „Ich hätte es lieber gehabt, wenn er in den Knast gekommen wäre.“ hoi

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