: Gegen Barbarei
■ Bremer Jugendgericht fällte mildes Urteil über Neonazi
Kleinere Zirkel rechtsradikaler Traditionspflege gibt es in allen „modernen“ Staaten. Wo diese Gruppierungen bei Wahlen antreten dürfen, können sie einige Prozente für sich verbuchen. Insbesondere in der Bundesrepublik gibt es keinen Grund, sich daran zu „gewöhnen“ oder darüber zur Tagesordnung überzugehen. Aber wie begegnet eine zivilisierte Gesellschaft den Propagandisten der modernen Barbarei? In Bremen hat ein 19jähriger bei Schießübungen einen Mann getötet und nicht einmal im Nachhinein Momente von Erschrecken oder Reue gezeigt. Schüsse mit dem Gasrevolver in ein Schwulen–Lokal hinein kommentierte er vor Gericht mit: „Ich hasse Schwule.“ Die Antifaschisten im Zuschauerraum hätten den jungen Neonazi hinter Gittern verschwinden lassen, für das „Nazi raus“ gibt es keine Befristung. Vor der Gerichtstür hätten sie ihn zusammengeschlagen, wären sie seiner habhaft geworden. Das Jugendschöffengericht verfügt nicht über solche Mittel, zum Glück. Es gab dem inzwischen 21jährigen, gestützt auf das Votum der Jugendgerichtshilfe vom „seelischen Vakuum“ des jungen Nazi, für drei Jahre einen Bewährungshelfer an die Seite. Eine schwache, wahrscheinlich hilflose Reaktion - aber zumindest eine zivilisierte. Klaus Wolschner
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