Gefahrenabwehr bei der WM: Sicher ist sicher
Katar kooperiert mit diversen Ländern, sogar mit der Nato, um für alle Gefahren gewappnet zu sein. Fast 50.000 Sicherheitskräfte sind im Land.
Das führt manchmal zu Menschentrauben, aber einerseits gibt es den „Metro Man“ und seine fleißigen Helfer aus Ostafrika, die mit Lautsprechern („Metro? This way!“) und großen Schaumstoffhänden für Ordnung im Chaos sorgen, andererseits haben die Veranstalter ewig lange Labyrinthe aus Gattern vor den Metroeingängen aufgebaut. Und wer hereinwill, wo „Exit“ draufsteht, hat keine Chance, auch wenn der „Entry“ Hunderte Meter entfernt ist. Da kennen die Ordner keine Gnade.
Diese Menschenmassen, die sich auf relativ kleinem Raum ballen, sind natürlich auch ein Sicherheitsproblem, das die Veranstalter überaus ernst genommen haben, schließlich sind größere Konfliktzonen in der Region nicht allzu weit entfernt. Vor der WM gingen Bilder um die Welt, die wohl dokumentieren sollten, wie gut die Katarer vorbereitet sind auf alle Eventualitäten: Ein Trupp zog in ABC-Anzügen durch die Stadien und scannte mit irgendwas. Atomare Strahlung? Plastiksprengstoff? Ein neues Virus?
Es sah jedenfalls bedrohlich aus. Seit Jahren laufen die Vorbereitungen, die WM sicher zu machen. Die US-Amerikaner, die unweit von Doha eine große Militärbasis unterhalten, unterstützen durch das US-Heimatschutzministerium DHS. „Wir haben uns verpflichtet, eng mit Katar zusammenzuarbeiten, um sicherzustellen, dass die Welt eine sichere Weltmeisterschaft genießen kann“, sagte Rob Silvers, verantwortlich für Strategie, Polizei und Pläne im DHS, in einem Interview.
Geheimdienst im Einsatz
Die Heimatschützer haben Agenten der Transportation Security Agency (TSA) entsandt, die bei der Gepäckkontrolle der Zuschauer helfen. Eine katarische Delegation schaute sich im Vorfeld der Weltmeisterschaft mal an, wie das Procedere auf einem US-Flughafen abläuft. Silvers sagte auch, dass die Cybersecurity and Infrastructure Security Agency (CISA) Katar mit „Cyberressourcen“ versorge.
„Wir unterstützen sie mit unserem Geheimdienst in bestimmten Details und in der Koordinierung der Sicherheit des Großereignisses“, erklärt Silvers. Der US-Geheimdienst leitet die Sicherheit beim Super Bowl der American-Football-Spieler im Februar, sodass der Dienst über Fachwissen mit großen Sportveranstaltungen in seinem Heimatland verfügt.
Die Nato mischt bei der WM auch mit. Das Militärbündnis schrieb vor der WM in einer Pressemitteilung: „Die Unterstützung wird Schulungen gegen Bedrohungen durch chemisches, biologisches, radiologisches und nukleares Material umfassen, das von der Slowakei und dem Gemeinsamen CBRN-Exzellenzzentrum der Nato in der Tschechischen Republik bereitgestellt wird.“ Im Rahmen der Sicherheitshilfe hat Rumänien Schulungen zum Schutz von VIPs und zur Verhinderung von Bedrohungen durch Sprengkörper angeboten. Darüber hinaus trafen sich katarische und türkische Beamte in Doha, um, wie es so schön heißt, sicherheitsrelevante Fragen zu diskutieren.
Süleyman Soylu, der Innenminister der Türkei, hatte bereits im Januar angekündigt, 3.250 Sicherheitskräfte vorübergehend für die Sportveranstaltung nach Katar zu schicken: 3.000 Bereitschaftspolizisten, 100 türkische Spezialeinheiten, 50 Bombenerkennungshunde und ihre Hundeführer, 50 Bombenexperten und anderes Personal sind während des gesamten Turniers etwa 45 Tage im Dienst. Zudem hat Ankara 677 katarische Sicherheitsbeamte in 38 verschiedenen Berufsfeldern unterrichtet. Berichten zufolge hat Marokko ein Team von Cybersicherheitsspezialisten nach Katar entsandt.
Ben Wallace, der britische Verteidigungsminister, bestätigte im Mai, dass die britische Royal Air Force und die Royal Navy während der WM für den Antiterrorbereich verantwortlich sein würden. Wallace erklärte, dass Großbritannien und Katar „sich zusammenschließen werden, um den Luftraum abzusichern“.
Diese Art des Engagements haben sie nie zuvor einem WM-Ausrichter offeriert. Khalifa bin Hamad al-Thani, Sicherheitschef der WM und Leiter des International Police Coordination Centre (IPCC), glaubt, Katar habe die Lage mit 32.000 Polizeibeamten und 17.000 privaten Sicherheitskräften im Griff. „Die Möglichkeit“, sagt der alerte junge Mann, „dieses Turnier auszurichten, bietet die einmalige Chance für uns Araber und Muslime, der Welt das wahre Gesicht der arabischen und islamischen Kultur zu zeigen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen