Gefängnisalltag des Bloggers Badawi: 30 Verbrecher auf 20 Quadratmetern
Blogger Raif Badawi veröffentlicht Details über seine Haftbedingungen in Saudi-Arabien. Den Bericht (auch Vorwort seines Buches) diktierte er am Telefon.
BERLIN dpa | Der in Saudi-Arabien inhaftierte liberale Blogger Raif Badawi hat in bewegenden Worten seinen Gefängnisalltag geschildert. In dem Vorwort zu dem Buch „1000 Peitschenhiebe“, das das Nachrichtenmagazin Der Spiegel in seiner aktuellen Ausgabe abdruckt, schildert der junge Familienvater, dass er seine 20 Quadratmeter große Zelle mit 30 Verbrechern teilt – Mördern, Dieben, Drogenhändlern und Kinderschändern.
Früher habe er aus Angst vor Verbrechern zu Hause immer alle Türen und Fenster verriegelt, „und jetzt lebe ich mitten unter ihnen“. Mit Erstaunen entdeckte Badawi bei einigen Zellengenossen ein „zartes, grandioses menschliches Feingefühl“. Besonders habe ihn eine Schmiererei in einer der verdreckten Toiletten der Haftanstalt berührt. Zwischen Obszönitäten entdeckte er den Satz: „Der Säkularismus ist die Lösung!“
Das Vorwort zu dem Buch „1000 Peitschenhiebe“ (Ullstein), das an diesem Mittwoch erscheint, hatte Badawi seiner Frau laut Verlag in mehreren Telefongesprächen aus dem Gefängnis diktiert. Badawi war 2012 wegen seiner liberalen Ansichten verhaftet worden.
Er hatte auch Kritik an der saudischen Religionspolizei geübt. Ein Gericht verurteilte ihn wegen „Beleidigung des Islams“ zu 1000 Hieben, zehn Jahren Haft und einer Geldstrafe. Nach den ersten 50 Stockschlägen wurde die Vollstreckung aus gesundheitlichen Gründen ausgesetzt.
Internationale Beziehungen
Nach mehr als zwei Wochen diplomatischer Eiszeit will Saudi-Arabien wieder einen Botschafter nach Schweden schicken. Die Entscheidung zur erneuten Entsendung erfolgte laut der saudischen Nachrichtenagentur SPA nach einer offiziellen Entschuldigung aus Stockholm. Riad hatte Anfang März seinen Diplomat abgezogen, nachdem Schweden Kritik an der Menschenrechtslage in der konservativen Golfmonarchie geübt hatte.
Schwedens Außenministerin Margot Wallström hatte den Umgang mit Badawi kritisiert. Das Verteidigungsministerium beendete zudem einen seit 2005 bestehenden Rüstungsdeal mit Riad. Nach Angaben von SPA hat sich nun Schwedens Premierminister Stefan Lofven für Wallströms Äußerung entschuldigt. Der saudische König Salman habe zudem ein versöhnendes Schreiben von Schwedens König Carl XVI. Gustaf erhalten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Sourani über das Recht der Palästinenser
„Die deutsche Position ist so hässlich und schockierend“
Autounfälle
Das Tötungsprivileg
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen