Gefälschtes Facebook-Profil: Schmerzensgeld wegen Verleumdung
Ein britischer Geschäftsmann verklagt einen Schulfreund, weil dieser gefälschte Daten über ihn ins Netz gestellt hatte - und bekommt Recht. Das Risiko aber bleibt.
BERLIN taz Immer mehr Nutzer verwenden populäre soziale Netzwerke wie Facebook oder StudiVZ, um sich mit ihren Freunden, Kollegen und Bekannten zu vernetzen und sich der Internet-Welt gegenüber zu präsentieren - mit Bildern, Informationen zu Hobbys und der Angabe diverser weiterer persönlicher Details. Das Problem: Die Profile, die dazu angelegt werden müssen, sind problemlos zu fälschen, weil die Netzwerk-Betreiber nicht überprüfen, wer sie tatsächlich angelegt hat. So lassen sich auch verleumderische Informationen über eine Person verbreiten.
In Großbritannien ging ein solcher Fall nun vor ein Gericht. Mathew F., ein Geschäftsmann aus London, entdeckte auf Facebook ein Profil auf seinen Namen, das er selbst nicht verfasst hatte. Die Informationen, die dort zu lesen waren, erschreckten ihn: Seine sexuelle Orientierung war falsch dargestellt, er war als Teilnehmer mehrerer Gruppen eingetragen, die ihn als "Swinger" auswiesen und seine politische Haltung sollte angeblich recht extrem sein. Bei einer tiefergehenden Recherche entdeckte er außerdem ein Firmenprofil, in dem ihm vorgeworfen wurde, er und seine Firma schuldeten anderen große Summen. "Hat Mathew F. Sie belogen?" lautete die Überschrift. All das schockte F. sehr.
Der Urheber des insgesamt 16 Tage im Netz befindlichen falschen Profils war mit etwas Mühe bald gefunden: Es handelte sich um einen früheren Schulfreund, Grant R. F. verklagte den mutmaßlichen Profilfälscher vor dem High Court. Die Entscheidung liegt inzwischen vor: 22.000 Pfund, nicht ganz 28.000 Euro, muss R. an F. zahlen - für 15.000 Pfund für Verleumdung und 2000 Pfund für das Eindringen in seine Privatsphäre. Weitere 5.000 Pfund waren an F.s Firma zu zahlen, deren Ruf laut dem Gericht gelitten hatte. "Das falsche Profil hat mich extrem wütend gemacht", sagte F. dem britischen Sender "BBC". Dass er nun gewonnen habe, sei "toll". Es sei auch für andere Opfer wichtig, dass es die Möglichkeit gebe, sich zu wehren.
R. hatte stets behauptet, nicht hinter dem Profil zu stecken. Seine Verteidigung: Jemand müsse während einer Party von seinem Computer aus F.s falsches Facebook-Profil und das der Firma angelegt haben. Doch diese Entschuldigung sei "auf Lügen gebaut" und "extrem weit hergeholt", sagte der Richter. Indizien gab es offenbar genug: R. und F. waren zwar langjährige Freunde, hatten sich aber vor gut sechs Jahren aufgrund eines Geschäftsstreits auseinander gelebt. Laut dem Richter spielten auch Neidmomente bei der Tat eine Rolle: F. sei heute sehr geschäftlich erfolgreich, während R.s Firma sich in Liquidation befinde. Eine Medienanwältin sagte, der Fall zeige, dass das, was die Menschen online stellten, "Konsequenzen haben" könne. Der Fall gilt trotzdem als einer der ersten seiner Art - auch was die Höhe des zugesprochenen Schmerzensgeldes anbetrifft.
Bei Facebook betonte man auf Nachfrage, die Firma verbiete schon jetzt gefälschte Profile. Das Anlegen eines solchen sei ein Missbrauch der Geschäftsbedingungen. Aufgeflogene Fälschungen würden entfernt. Eine ähnliche Politik fährt auch der deutsche Marktführer StudiVZ. Das Problem: Betroffene müssen sich erst langwierig an die Betreiber des sozialen Netzwerkes wenden, bevor diese tätig werden und gefälschte Profile herunternehmen können. Möglicherweise wissen Betroffene auch gar nicht, dass ein unpassendes Profil online ist, so dass die Fälschung sich lange Zeit im Netz befinden kann. Entsprechende Fälle sind in Deutschland von Studenten und Studentinnen bekannt, denen auf StudiVZ laut eigenen Aussagen übel mitgespielt wurde, weil ihnen andere Nutzer etwas Böses wollten.
Eine weitergehende genaue Prüfung von Neumitgliedern auf ihre Identität unterlassen die großen Betreiber sozialer Netzwerke derzeit noch - der Prozess wäre teurer als derzeit und würde die Aufnahme frischer Nutzer womöglich verlangsamen. Da Facebook, StudiVZ und Co. zumeist kostenlos sind und sich durch Werbung finanzieren, liegen den Betreibern auch keine Bezahldaten vor, mit denen sich ein Neumitglied eventuell ausweisen könnte.
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