Gefälschte Wahl in Gabun: Ein Land in Aufruhr
Der Präsident „gewinnt“ die Wahl. Das Parlamentsgebäude brennt, die Oppositionszentrale wird bombardiert, es soll bis zu 50 Tote geben.
![Ein Polizist prügelt auf einen am Boden Liegenden ein Ein Polizist prügelt auf einen am Boden Liegenden ein](https://taz.de/picture/1442532/14/16955539.jpeg)
Die Gewalt begann am späten Mittwoch, unmittelbar nachdem die Wahlkommission den Sieg von Präsident Ali Bongo verkündet hatte. Erst feuerte die bereitstehende Antiaufstandspolizei Tränengas auf Demonstranten. Dann kam die Präsidialgarde dazu, es wurde scharf geschossen – und Libreville zum Schlachtfeld.
Alle Symbole der fast ein halbes Jahrhundert alten Bongo-Herrschaft wurden zur Zielscheibe des Protests: Teile des Parlamentsgebäudes brannten lichterloh, das Feuer war in der ganzen Stadt zu sehen. Die Gebäude der Staatsmedien wurden angegriffen, Geschäfte geplündert. Viele Demonstranten flüchteten sich in die Wahlkampfzentrale des Oppositionsführers Jean Ping. Daraufhin griff die Präsidialgarde diese in der Nacht mit Panzerfahrzeugen und Hubschraubern an. Mindestens zwei Menschen sollen dabei gestorben sein, Oppositionelle wurden verschleppt. Ping floh an einen geheimen Ort.
Am Donnerstagmorgen bot sich ein Bild der Verwüstung. „Qualmende Straßensperren, ausgebrannte Gebäude, verkohlte Autowracks“ vermeldete ein AFP-Reporter vom zentralen Triumphboulevard, während Polizisten jeden mutmaßlichen Versammlungsversuch sofort mit Tränengas auflösten. Polizeichef Jean-Thierry Oye Zue sagte, man habe „über 200 Plünderer“ festgenommen. Über Tote wisse er nichts. Es gebe aber sechs verletzte Polizisten „und sicherlich wurden auch Zivilisten verletzt, angesichts der Gewalt, mit der sie uns angriffen.“
Bis Mittwoch lag die Opposition klar vorne
Die Opposition ist überzeugt, dass die Regierung ihr den Sieg bei der Wahl vom 27. August gestohlen hat. Jean Ping, ehemaliger Kommissionschef der Afrikanischen Union und Einheitskandidat der Opposition, lag bis Mittwoch früh laut Teilergebnissen klar vor Amtsinhaber Ali Bongo. Der regiert Gabun seit 2009. Damals hatte er seinen seit 1967 regierenden Vater Omar Bongo abgelöst.
Aber nun hat Gabuns Wahlkommission Bongo zum Sieger mit 49,8 Prozent erklärt, gegen 48,23 Prozent für Ping. Zwischenzeitlich hatte die Kommission für Bongos Heimatprovinz Haut-Ogooué eine Wahlbeteiligung von 99,93 Prozent ermittelt und über 95 Prozent Bongo-Stimmen.
Der Vizepräsident der Wahlkommission trat empört zurück und sprach von „Lügen“. In einer eidesstattlichen Erklärung versicherte Haut-Ogooués Oppositionskoordinator, einige Wahlbeobachter hätten Geld für den Fall eines Bongo-Sieges zugesagt bekommen und deswegen der Fälschung zugestimmt. Die Opposition brachte ihre eigenen Ergebnisprotokolle in Umlauf, aus denen ein Wahlsieg Pings hervorgeht.
Aufklären ließe sich das nur, wenn die Wahlkommission pflichtgemäß die Ergebnisse jedes einzelnen Wahllokals veröffentlichte. Dies fordert jetzt die ehemalige Kolonialmacht Frankreich. Aber Gabuns Wahlkommission stellt sich taub.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Macrons Krisengipfel
Und Trump lacht sich eins
Frieden in der Ukraine
Europa ist falsch aufgestellt
Die Neuen in der Linkspartei
Jung, links und entschlossen
Krisentreffen nach Sicherheitskonferenz
Macron sortiert seine Truppen
Maßnahmenkatalog vor der Bundestagswahl
Grünen-Spitze will „Bildungswende“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
USA und Russland besetzen ihre Botschaften wieder regulär