Geerntet wird erst im November: „Gutes hat eben seinen Preis “
Interview REINER WANDLER
taz: Herr Serra, warum lehnen die spanischen Bauern die Pläne für eine EU-Agrarreform ab? Ricardo Serra: In der Agenda 2000 war von einer Anpassung der Agrarpolitik zur Halbzeit der Haushaltsperiode die Rede. Was der Agrarkommissar jetzt vorgelegt hat, ist hingegen ein radikaler Wandel. Es geht weit über das hinaus, was vorgesehen war.
Die Befürworter der Reform loben, dass erstmals Qualität über Quantität gestellt wird.
Mit seiner Politik wird Kommissar Fischler genau das Gegenteil erreichen. Es wird jetzt immer wieder die BSE-Krise angeführt. Die entstand doch gerade durch den zunehmenden finanziellen Druck auf die Landwirte. Das hat dazu geführt, dass die Erzeuger nach immer billigeren Futtermitteln suchten. So kam der BSE-Erreger in die Nahrungskette.
Sie glauben, dass mit einer Kürzung der an die Produktion gebundenen Subventionen das Risiko steigt?
Ja. Wenn wir eine Landwirtschaft wollen, die Sicherheit bei Grundversorgung und Qualität bietet und auch noch ökologische Aspekte berücksichtigt, dann hat das einen Preis. Es geht nicht, dass der Landwirt für immer weniger Geld immer mehr bietet.
Aber hat nicht die produktionsabhängige Subvention viele Landwirte dazu verleitet, die Stückzahlen hochzutreiben?
Fischlers Botschaft lautet: Liebe Landwirte, vergesst, was bisher war. Ihr werdet künftig eine feste Summe für eine Serie von Kriterien beziehen. Doch diese Kriterien sind mehr als vage. Alle reden vom Umweltschutz, ohne zu sagen, was damit gemeint ist.
Ist eine kostendeckende Produktion nicht auch ohne Subventionen möglich?
Ein Teil der spanischen und europäischen Landwirtschaft ist hoch rentabel und wettbewerbsfähig, zum Beispiel Obst und Gemüse. Dieser Sektor bezieht keinen Cent. Gleichzeitig hat die EU unzählige Verträge mit den südlichen Mittelmeeranrainern geschlossen. So bevorzugt man Billigkonkurrenten, die nicht die gleichen Garantien bieten wie wir: Qualität, gerechte Löhne, Sozialversicherung.
Das Subventionssystem muss aber wegen der Osterweiterung und der WTO-Verhandlungen reformiert werden.
Die EU hat sich in den letzten zehn Jahren ernsthaft auf die WTO-Kriterien vorbereitet und Hilfen gestrichen. Währenddessen erhöht unser wichtigster Konkurrent auf dem Weltmarkt, die USA, die Subventionen für Landwirte. Künftig wird ein US-Landwirt dreimal so viel staatliche Gelder beziehen wie wir in der EU. Was die Osterweiterung der EU angeht, so ist dies eine politische Entscheidung, die wir unterstützen. Aber mit neuen Mitgliedern können wir nicht mit dem gleichen Haushalt weitermachen. Der EU-Bürger muss ganz einfach entscheiden, was er will: Wollen wir einen dynamischen ländlichen Raum, mit einer Landwirtschaft, die Zukunft hat, dann kostet das Geld. RICARDO SERRA ist der Vizepräsident des größten spanischen Bauernverbandes Asaja
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