Gaza-Friedensgipfel: Ringen um raschen Rückzug
Beim Friedensgipfel in Scharm al-Scheich verkünden die Regierungschefs wenig Konkretes für einen dauerhaften Frieden zwischen Israel und der Hamas.
Am Ende kommt im Gazakrieg nun vielleicht endlich doch die Diplomatie zum Greifen. Der Durchbruch erfolgte am Sonntag in der syrischen Hauptstadt Damaskus. Dort hatte sich der zweite Mann der Hamas, Mussa Abu Marsuk, mit Vertretern verbündeter palästinensischer Fraktionen vor dem grünen Banner der Hamas versammelt, um im syrischen Staatsfernsehen einen einwöchigen Waffenstillstand zu verkünden, der sofort in Kraft treten soll. Solange gebe man der israelischen Armee Zeit, sich aus dem Gazastreifen zurückzuziehen. Am Sonntagabend berichteten Zeugen, dass sich israelische Soldaten aus dem Gazastreifen zurückziehen.
Die Verlautbarung kam zwölf Stunden, nachdem die israelische Regierung ihrerseits einen einseitigen Waffenstillstand verkündet hatte. Noch am Morgen waren vom Gazastreifen aus erneut Raketen auf Israel abgeschossen worden. In mindestens zwei Fällen kam es danach zu israelischen Angriffen.
Nun ist eine Situation entstanden, in der beide Seiten einen einseitigen Waffenstillstand verkündet haben, ohne dessen Bedingungen mit der anderen Kriegspartei ausgehandelt zu haben. Beide Seiten stellten ihre eigenen Forderungen, durch die diese wackelige Waffenruhe zu einer dauerhafteren Feuerpause werden könnte. Die israelische Regierung fordert eine Sicherung der ägyptischen Grenze und der Küste zum Gazastreifen, um den Waffennachschub für die Hamas zu unterbinden. Die Hamas verlangt einen Rückzug der israelischen Armee und ein Ende der Wirtschaftsblockade.
Zum groß angelegten Gipfeltreffen im ägyptischen Badeort Scharm al-Scheich zur Lösung des Konflikts waren weder Israel noch Vertreter der Hamas eingeladen. Dennoch erhielt der Gipfel durch die beiden zuvor getrennt verkündeten Feuerpausen eine neue Bedeutung. Hier ging es darum, das Vakuum des Waffenstillstands mit Inhalt zu füllen, der beiden Seiten zufriedenstellt. Dabei gaben die Gäste, UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, Bundeskanzlerin Andrea Merkel, der französische Präsident Nicolas Sarkozy, der britische Premier Gordon Brown und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas aber wenig konkrete Erklärungen ab. Sie alle unterstützten verbal die Waffenstillstandsinitiative des Gastgebers, des ägyptische Präsidenten Husni Mubarak. Nach arabischen Zeitungsmeldungen soll sich nach dessen Vorschlag die israelische Armee zunächst aus dem Gazastreifen zurückziehen. Danach sollen die Warenübergänge in den Gazastreifen geöffnet und unter ägyptische sowie europäische und türkische Beobachtung gestellt werden. Erst dann soll der ägyptische Grenzübergang von Rafah für den Personenverkehr wieder geöffnet werden. Dieser soll von Sicherheitskräften des Palästinenserpräsidenten Mahmud Abbas kontrolliert und von internationalen Beobachtern überwacht werden. So weit der ägyptische Plan.
Frankreich, Großbritannien, Deutschland und die USA haben ihre Hilfe angeboten, den Waffenfluss für die Hamas zu unterbrechen. Allerdings hat Mubarak bisher jegliche internationale Präsenz zur Beobachtung des 15 Kilometer langen Grenzstreifens zwischen Ägypten und dem Gazastreifen abgelehnt. Zum Abschluss des Treffens in Scharm al-Scheich erklärte der französische Präsident Sarkozy, dass nun zunächst ein weiteres Gipfeltreffen organisiert werden müsse, um die humanitäre Hilfe für den Gazastreifen zu koordinieren und Wege zu finden, die Grenzen zum Gazastreifen für Hilfslieferungen zu öffnen. Sarkozy rief Israel zu einen raschen Abzug auf. Die Präsenz der Soldaten liefere radikalen Kräften einen Vorwand für noch mehr Gewalt. Ein Berater von Palästinenserpräsident Abbas, Saeb Erekat, befürchtete ebenfalls, dass der Waffenstillstand bei israelischer Truppenpräsenz nicht halten werde.
Die arabischen Vertreter auf der Konferenz in Scharm al-Scheich, neben Mubarak und dem Chef der Arabischen Liga, Amru Mussa, der jordanische König Abdallah, werden am Montag nach Kuwait zu einem arabischen Wirtschaftsgipfel reisen. Dort wollen sie versuchen, die arabische Position gegenüber diesem Waffenstillstand nun zu vereinheitlichen. Die internationalen Vertreter, darunter auch Bundeskanzlerin Merkel, reisen noch am Sonntag weiter nach Israel.
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