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Gay Pride und PolitikKarneval des linken Milieus

Jan Feddersen
Kommentar von Jan Feddersen

Beim Streit um Judith Butler geht es nicht um Rassismus in der queeren Community. Sondern um unterschiedliche Vorstellungen von Politik.

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Jan Feddersen
Redakteur für besondere Aufgaben
Einst: Postbote, Möbelverkäufer, Versicherungskartensortierer, Verlagskaufmann in spe, Zeitungsausträger, Autor und Säzzer verschiedener linker Medien, etwa "Arbeiterkampf" und "Moderne Zeiten", Volo bei der taz in Hamburg - seit 1996 in Berlin bei der taz, zunächst in der Meinungsredaktion, dann im Inlandsressort, schließlich Entwicklung und Aufbau des Wochenendmagazin taz mag von 1997 bis 2009. Seither Kurator des taz lab, des taz-Kongresses in Berlin,und des taz Talks, sonst mit Hingabe Autor und Interview besonders für die taz am Wochenende. Interessen: Vergangenheitspolitik seit 1945, Popularkulturen aller Arten, besonders des Eurovision Song Contest, politische Analyse zu LGBTI*-Fragen sowie zu Fragen der Mittelschichtskritik. RB Leipzig-Fan, aktuell auch noch Bayer-Leverkusen-affin. Und er ist seit 2011 mit dem in Hamburg lebenden Historiker Rainer Nicolaysen in einer Eingetragenen Lebenspartnerschaft, seit 2018 mit ihm verheiratet. Lebensmotto: Da geht noch was!
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19 Kommentare

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  • S
    samuel

    ein wunderbarer artikel der etwas licht in das dünkel-zerfressene xberg bringt.

     

    ja auch ich war immer auf dem tCSD und nicht dem großen. aber nicht weil dieser politischer ist (das ist er nämlich nicht) sondern wegen den leckeren männern und dem suff und dem xberg strassenfest- was er ja im endeffekt ist.

     

    der tCSD leidet wie alle linken veranstaltung an maxialer selbstüberschätzung und dem wahn relevant zu sein. er ist nur eine party unter vielen ... wer was anderes behauptet solls belegen.

     

    viele grüße von der dachterasse am zickenplatz

  • T
    Thomas2

    Etwas verwunderlich sind die teils hysterischen Kommentare schon, die Jan Feddersen hier zu lesen gegeben werden.

     

    Vielleicht zur Klarstellung: Dieser Beitrag von Feddersen ist in der Rubrik "Debatte" erschienen. In der gedruckten taz findet man solche Beiträge übrigens im zweiten Buch auf der letzten Seite "Meinung + Diskussion" - vor GKM. (Nur so zur Info für die frischgebackenen Ex-Abbonenten und geneigten Nicht-taz-Käufer-aber-online-Kommentierer)

     

    Wer diesen Beitrag also als reine journalistische Lehre betrachtet, der sollte vielleicht öfter zu Produkten aus der Axel-Springer-Str. greifen, um zu lernen was schlechter Journalismus tatsächlich ist.

     

     

    Feddersen gießt hier bewusst Öl ins Feuer. Kein Wunder für einen "Senior" der "alten" CSD-Bewegung, der mit ansehen muss, wie die Bewegung zunehmend von "Links" (es steht dahin wie Links diese selbsternannten Meinungsführer über die homo/transsexuellen Köpfe tatsächlich sind) zerredet und diskrediert wird.

     

    Eine Bewegung, die es vom Juni 1969 und ein paar wenigen Schwulen(!), Transen und Lesben hin zu einer gesellschaftlich und politisch nicht mehr zu übersehenden weltweiten(!) Bürgerrechtsbewegung gebracht hat. Deren Anfang IN New York lag, wohlgemerkt, DEM Schmelztiegel der Nationen und Ethnien. Ein Anfang, in dessen Folge sich ein schwules Jahrzehnt über die Stadt ausbreitete.

     

     

    Die weitreichenden Vernetzung in alle Bereiche der Gesellschaft hinein erklärt die Massenwirkung der CSDs/Prides. Ob Stadtwerke, Parteien, Gewerkschaften, Polizei, Feuerwehr, Lehrer bis hin zu wenigen größeren Unternehmen, sie alle bzw. ihre Mitarbeiter erkennen die CSDs als legitimes Forum an und ermöglichen ihren lsbt Mitarbeitern oder Mitgliedern die offizielle Teilnahme.

     

    Das ist eine Errungenschaft die es jedes Jahr aufs neue zu erkämpfen gilt. Die aber auch vor Diskreditierung durch alternative "Nein-Initiativen" verteidigt werden muss!

     

    Jene "Nein-Initiativen" die (außer dem Horizont über der eigenen Scholle) keine weitere Welt anerkennen wollen und damit jenen Verfechtern der Welt als Scheibe aus dem 16. Jhdt. gleichen.

     

    Es täte ihnen gut zu begreifen, dass auch anderes queeres Leben eine legitime, zumal demokratische Daseinsberechtigung besitzt.

     

    Eine Erkenntnis, die auch gewissen kleinen Gruppen mit homophober religiöser Prägung in Neukölln oder Hohenschönhausen dringend kommen sollte, genauso wie jenen neo-faschistischen Holzköpfen, die sich im nord- und südöstlichen Berlin eingenistet haben.

     

    Von diesen Gruppen geht aktuell die tatsächliche Bedrohung für queere Lebensweisen aus.

    Nicht jedoch von den Diskussionen über die sog. Philosophin aus Kalifornien, den selbsternannten besseren CSD aus Kreuzberg oder den vermeintlichen Rassismus der großen CSD-Bewegung.

     

    In den zahllosen Kommentaren zum Butler-Eklat und den Folgen, liest sich das bisweilen aber anders.

  • HM
    Hans Mankillun

    So krude die politischen Koalitionen und Ideen von Judith Butler sein mögen, so wenig können diese von einem wissenschaftlichen, logischen (im Gegensatz zu einem moralischen) Standpunkt als Argument gegen ihre Gendertheorie akzeptiert werden. Es ist gut, dass Jan Feddersen darauf hinweist. Allerdings verfällt er dennoch in eine Polemik gegen Butler, die dieser teilweise deutlich Unrecht tut. Butlers politischer Vorschlag Hizbollah und Hamas als Teil der "globalen Linke" zu verstehen (und zu kritisieren), fand nicht "jüngst" sondern bereits 2006 auf einem Teach-In in Berkeley anlässlich des Libanonkriegs statt. "Im Bett" mit Hizbollah und Hamas liegt sie wegen ihrer einfältigen Position im Nahost-Konflikt und in Bezug auf sog. "Befreiungsbewegungen" noch lange nicht. Wenngleich sie die Handlungsmächtigkeit der vermeintlich "Guten", weil "kolonialisierten" Palästinenser wegredet und den selbstständig angeeigneten Antisemitismus z.B. der Hamas nahezu komplett leugnet.

     

    Hier hätte ich mir mehr Differenzierung von Feddersen und auch in den Reportagen von Martin Reichert in den letzten taz-Ausgaben gewünscht.

    Aber die beiden haben selber eine politische Mission zu erfüllen, nämlich die eigentliche Kritik von Butler am anti-muslimischen Rassismus innerhalb der Lesbian, Gay, Bisexual und Trans Community und deren Funktionalisierung für einen "modernen" Homonationalismus zu vertuschen und in eine Kommerz- und Politikformkritik umzuwandeln.

    Trotz dem inhaltlich gut ausgeführten Beitrag zur Pro&Contra-Debatte in der Taz von Tülin Duman (http://www.taz.de/1/debatte/kommentar/artikel/1/war-die-absage-von-butler-das-richtige-signal/) und den Pressemitteilungen, der von Butler erwähnten Organisationen GLADT (www.gladt.de), LesMigraS (www.lesmigras.de), SUSPECT (http://nohomonationalism.blogspot.com) und ReachOut (www.reachoutberlin.de), übergehen Feddersen und Reichert jedesmal wieder diese Kritikpunkte und zeigen damit welche Macht sie als "Weiße" gegenüber People of Colour besitzen.

    Anstatt mit dem Rassismusvorwurf umzugehen, konzentrieren die beiden sich auf das moralische Spiel des "Besser-Seins" zwischen CSD und transgenialem CSD.

     

    @Feddersen und Reichert: Nehmt endlich die Kritik ernst und begebt euch in eine Diskussion mit GLADT, LesMigraS und SUSPECT!

  • E
    Evil

    Einige Leserbrief-SchreiberInnen versuchen dem Autor Jan Feddersen jetzt auch noch seine "Verbindung zum CSD" vorzuwerfen und suggerieren wohl damit so etwas, wie "Befangenheit".

     

    Das allerdings halte ich für naiv.

    Einerseits wird im Artikel der Autor vorgestellt und dabei ausdrückliche erwähnt, dass er zu den Mitorganisatoren eines oder einiger CSDs gehört(e) und außerdem, als schwuler Mann ist man, nach der "Logik" einiger SchreiberInnen dann doch sowieso immer "befangen", schließlich ist man in irgendeiner Weise ohnehin involviert, jedenfalls niemals gänzlich unbetroffen (furchtbares Wort, aber mir fällt gerade kein anderes ein).

     

    Ich nehme Jan Feddersen ausdrücklich in Schutz und danke für seine klaren Worte. Jeder "Pragmatiker", der tatsächliche Fortschritte verzeichnen kann, ist mir lieber als "Träumer, die Maximalforderungen stellen" und sich mit "Kleinkram" nicht abgeben wollen. Dies war leicht ironisch überspitzt ausgedrückt.

     

    Danke Jan Feddersen! Und ... ich bin weder rechts, noch theorie-feindlich, aber ich will, dass Schwule und Lesben wie Menschen behandelt werden und nicht wie BürgerInnen 2. Klasse, darum engagiere ich mich seit Jahren und ... ich habe Erfolge zu verzeichnen!

  • E
    end.the.occupation

    Wer israelische Fahnen auf einer Gay-Pride schwingt, macht Werbung für Militaristen und Rassisten.

    Zugegeben - es gibt immer noch Leute die meinen, Homosexuelle könnten keine Rassisten oder Militaristen seien.

    Weit gefehlt.

     

    Immerhin:

     

    Queers Against Israeli Apartheid wins battle against censorship

    queersagainstapartheid.org/2010/06/23/queers-against-israeli-apartheid-wins-battle-against-censorship

  • A
    Andreas

    Der eine will dem Autoren "helfen", der andere dann gerade eine Anti-TAZ Bewegung ausrufen, der transgeniale CSD wird vom Autor offenbar "verachtet", und das die Fedderschen Positionen natürlich weit rechts der "Bild" sind - das ist dann natürlich auch logisch. Ich danke dem Autoren für einen frischen Gedanken in einer spannenden Debatte.

  • T
    Thomas

    Hmm. Diese CSD-Verachtung finde ich auch nicht angebracht oder besser gesagt übersieht man nicht weniges, wenn man sich quasi darüber aufregt, dass die ganzen CSD-Teilnehmer sich keinen Bundestag bauen und den ganzen Tag fordern und abstimmen. Gerade die Ablehnung so einer Strategie ist alles andere als apolitisch. Und Apolitismus kritisiert die Frau Buttler gar nicht, sondern eine bestimmte Praktik, nämlich die, in Fragebögen über Homophobie und Opfer homophober Gewalt nach der (vermuteten) Ethnie des Angreifers zu fragen; und rassisitisch ist das, weil es eine Kategorie aufmacht, die schlicht auf rassistischen Dispositionen baut, nämlich dass die Ethnie eines Menschen Anhaltspunkt für dessen Gay-Bashing wäre (es verschiebt das Problem mittels rassistisierender Praktik). Nichts anderes kritisiert sie. Und sie lehnt Gewalt strikt ab, wird also sicher nicht mit der Hisbollah oder Hamas in die Kiste hüpfen, und wieso man hier eine Sex-Metapher anstrengen muss, ist auch fraglich! Und ja, ich finde auch, dass eine solche Frage nach der Ethnie der Angreifer rassistische Implikationen hat, die abzulehnen sind bei jedem, der sie benutzt (und wenn das ein CSD-Organisatorenteam ist, dann ist eben auch das abzulehnen). Sowas nennt man eigentlich einfach Prinzipien, und die Frau Buttler richtet das an ihrem ethischen Wert der Gewaltfreiheit und Gleichheit aus (wenn die Ethnie ein kriminalisierungsprädikat wird, war es das mit der Gleichheit, denn notwendig entschuldigen sich alle "nativen" einer Nation selbst damit und verwischen nebenbei eine an sich selbst fragwürdige (weil niemals exakte) Statistik, was die Frau Buttler ebenfalls kritisiert!)

     

    merkwürdig merkqürdig herr fedderesen

  • M
    Marvin

    So etwas ist nicht lustig, so etwas ist nicht zugespitzt formuliert, so etwas ist nicht einmal kreativ. So etwas ist einfach nur gemein (und zwar nicht im Sinne von bissig oder mutig), so etwas ist einfach verleumdend.

     

    Auch rechte Texte, inhaltlich falsche, eigentlich wütend-machende Texte von Springer oder sonstwem, kann ich irgendwie anerkennen. Ich kann anerkennen, wenn eine mir noch so unsympathische Ansicht originell, logisch, bissig, gut vorgetragen wird, egal aus welcher Ecke sie kommt, selbst von WaffenlobbyistInnen oder AKW-BetreiberInnen.

     

    Aber sowas ist einfach Pro-Köln-Stil: Schlicht nicht ernst zu nehmen.

     

    Butler ist bestimmt nicht perfekt und der tCSD ist bestimmt nicht perfekt und ideologische Betonköppe sind sicherlich auch nicht perfekt. Könnte man kritisieren. Aber so...?

     

    Ich überlege, ob ich dir nicht vielleicht helfen könnte. Ich mag hier nicht so rumschreien, das hat sowas rüpelhaftes, hohles, destruktives.

     

    Vielleicht schreibe ich dir den Artikel einfach neu, versuche das was du meinst zum Ausdruck zu bringen.

     

    Ich bekomm den Gedanken nicht aus dem Kopf, dass du die Kommentare hier liest und dich bestätigt fühlst, dass hier die kommentieren, die die Wahrheit nicht warhhaben wollen, die, die du "kritisierst".

     

    Ich glaub nämlich nicht, dass das so ist. Ich steh da auf gar keiner Seite, war noch nie bei irgendeinem Berliner CSD und kenn die ganzen Stories gar nicht. War mir nur zu pauschal und ungerecht. Buenas tardes.

     

    P.S.

     

    Ist alles nicht so arrogant gedacht, wie es womöglich 'rüberkommt.

  • JP
    Jenni Probst

    Meine Vorredner haben inhaltliches schon beschrieben. Unfassbar, dass in der taz so ein Geschmiere ohne Gegenposition und Aufklärung über die Wirkungsbereiche des Verfassers(er scheint ja dem CSD e.V. verbunden) Raum gegeben wird.

    Das ist kein Journalismus, dass ist Polemik der übelsten Art !!

  • DJ
    Der JB

    Was Herr Feddersen über die CSD e.V. vs. die transgeniale CSD meint, ist uns eigentlich egal. Er darf bitte schön selbstverständlich als Journalist, als Mitbürger, als Privatperson und als schwuler Mann die CSD e.V. verteidigen und die transgeniale CSD verachten.

    Was aber fragwürdig ist, jetzt ethisch, ist nämlich, dass Herr Feddersen selbst für die CSD e.V. gearbeitet hat. Das kann man mühelos und ruhig nachgoogeln, man endet letzendlich auf der Internetseite der CSD e.V.. Ich zitiere: "Politik & Forderungen: Jan Feddersen" - was übrigens also völlig problemlos ist, zumindestens im ersten Umgang.

    Dass Herr Feddersen es in seinem Artikel nicht sagt, ist auch verständlich.

    Dass Herr Feddersen in der TAZ, für welche er arbeitet, über der CSD e.V. schreibt, für welche er gearbeitet hat, ist nun journalistisch seltsam - um ein Euphemismus zu benutzen.

    Das die Redaktion der TAZ, dass auch nicht ankündigt bzw. schweigt ist nicht mehr seltsam, sondern fragwürdig und sehr problematisch.

  • K
    Knüppel

    Ich bin in der zweiten Hälfte der 1960er Jahr politisiert worden, damals stand auf Homosexualität in Deutschland Haft (und zwar nicht nur theoretisch, sondern das wurde von Richtern auch umgesetzt, die damit nahtlos an ihre Tätigkeit und "Gesinnung" während der Nazizeit anknüpfen konnten ...).

     

    Als die ersten (sehr politischen) Schwulen-Gruppen entstanden, gab es sehr bald die "Fraktion", die es unter "Maximalforderungen" nicht machte und es gab die "Dickbrettbohrer", die ihre Ziele von der völligen rechtlichen Gleichstellung zwar niemals aus dem Blick verloren, gleichwohl Schritt für Schritt Zugeständnisse und letztlich Erfolge erkämpften.

     

    Nichts, aber auch gar nichts hätte sich für uns verändert, wenn wir uns nicht selbst darum gekümmert hätten und ... wenn es nicht kluge Strategen in unseren Reihen gegeben hätte, die das "alles oder nichts und zwar sofort" in "steter Tropfen ..." transformiert hätten.

     

    Soviel zu meinem gesellschaftspolitischen Background im Bereich Schwulen- und Lesben-Emanzipation.

     

    Wenn ich heute nun gelegentlich lese, wie "kommerziell, unpolitisch und damit letztlich unwichtig" die regelmäßigen CSD- und Pride-Paraden geworden seien, so kann ich mit dieser Kritik leben. Für viele (auch und besonders junge) Schwule und Lesben ist es einfach ein tolles Gefühl mal an einem Tag mit so vielen anderen Schwulen und Lesben einen Umzug der Lebensfreude zu genießen. Es bedeutet auch: "Seht her, es gibt uns, so wenige sind wir nicht, auch wenn uns viele im Alltag am liebsten gar nicht wahrnehmen wollen."

     

    Ich darf noch auf einen, wie ich meine, sehr gelungenen Artikel, der sich u.a. mit den CSDs befasst, des geschätzten Online-Journalisten Stefan Niggemeier verlinken: http://www.stefan-niggemeier.de/blog/die-schwulen-sollen-wieder-verschwinden/

     

    Mit freundlichen Grüßen

    Knüppel

  • SR
    Sabine Rettler

    Die Frage ist doch was unter Politik verstanden wird, die Grenzen in denen Sie POLITIK machen, sind nicht die Grenzen aller. Es ist immer das Gleiche, wer nicht so partizipiert, wie es der "demokratische Staat" vorgibt, kann halt nicht mitmachen. Die Kritik an sich an der Eingetragenen Partnerschaft wird dabei zum Bespiel überhaupt nicht ernst genommen, geschweige denn, dass sie angehört wird. "Mund halten, Euch gehts doch so gut hier". Es geht aber nicht allen "gut" hier, nur weil auf der Verpackung Demokratie steht. Es ging beim Transgenialen CSD ausdrücklich um Rassismus, Transphobie, Islamophobie, Antisemitismus innerhalb von Homokontexten. Diese Kritik schmettern Sie ab, ohne sich damit auseinander zu setzen und verbreiten das aufgrund ihrer Lobby und Genervheit über Personengruppen, die mehr wollen, als eine weiße homogene deutsche Homosexuellenbewegung. Es geht nicht per se um Bürgerrechte, weil man dazu erst einmal Bürger sein muss in einem Land das eine restriktive Einwanderungspolitik durch CDU,SPD und FDP usw. betreibt. So einfach, wie Sie die Fronten darstellen ist es nicht. Ansatt also auf Kritik einzugehen, ist der Transgeniale CDS halt "karnevalsitisch"! Super! Tolle politische Tiefe! Genial Jan Feddersen!

  • ML
    marthe l.

    Also, Herr Feddersen, ich muss mich doch wundern. Von aussen betrachtet ist die Auseinandersetzung um die politische Linie zwar ganz interessant, aber die taz scheint sich beim Denken dann doch immer mal wieder im Weg zu stehen. Dieser Hass auf Judith Butler..., wieso eigentlich? (Sie sind ja nicht der erste, denn das frag ich micht schon, seit sie in den USA vor 20 Jahren ihr Publikum zu polarisieren begann). Der Vorwurf, dass Butler sich mit Bürgerrechten weder beschaeftigen könne noch wolle, ist ja wohl ein Witz. Dass sie einiges geleistet hat, dadurch dass sie über die Grenzen und Probleme der bürgerrechtlichen Politiken nachdachte, kann Ihnen doch nicht entgangen sein. Bisher hielt ich Sie und Kollegen Reichert für intelligente Beobachter und Schreiber (ohne deswegen mit Ihnen übereinzustimmen), aber irgendwas stimmt da eindeutig nicht mehr. Also, was isses denn?

  • S
    Sturm

    Den konkreten Rassismusvorwurf Butlers an den CSD kann ich zwar auch nicht ganz nachvollziehen. Kritik an der Kommerzialisierung sowie der latenten Duldung von Oppression finde ich dagegen berechtigt.

     

    Jan Feddersen schiesst hier voellig uebers Ziel hinaus und unterstellt Butler Positionen, die sie meines Wissens nicht hat. Z.B. zu Israel: zu dem was sie wirklich sagt siehe Interview mit der israelischen Zeitung Haaretz vor wenigen Monaten.

     

    Der Artikel ist wenig informativ und handelt hauptsaechlich von Feindbildern des Autors. Das dumme, kindische und laecherliche linke Millieu. Schlimm!

  • P
    prediger

    feddersen hat ja noch nie so recht begriffen, dass es politische arbeit auch jenseits von auf die juristische ebene zielendem lobbyismus gibt. aber diese arbeit nicht nur nicht anzuerkennen, sondern sogar komplett zu leugnen ("nie ging es um anderes denn um bürgerInnenrechte"), das ist in seiner ignoranz und anmaßung schon einigermaßen schockierend.

     

    die unselige sitte, geduldige aufklärung und lobbyarbeit einerseits und aufrüttelnde, systemkritische provokation andererseitss nicht als einander ergänzende strategien zu sehen, sondern als feinde gegeneinander auszuspielen, findet hier einen weiteren traurigen gipfelpunkt.

  • T
    tosh1980

    Ich hoffe, dass sich das homosexuelle "linke Millieu" und seine Sympathisanten nunmehr geschlossen von der TAZ verabschieden.

    Dieser Artikel ist eine Ungeheuerlichkeit.

  • H
    Hans

    Lieber Herr Feddersen,

    ich gebe Ihnen recht, dass die politischen Umwälzungen und "Verbesserungen" der Lage der Queers aus dem politischen Mainstream von Queers selbst oder Sympathisanten mit Macht oder Lobby kommen. Es stimmt auch, dass wir mittlerweile in anderen Zeiten leben und politische Veränderungen nicht mehr auf der Strasse stattfinden. Ein Grund auch, warum sich viele Menschen so ohnmächtig fühlen, die nicht Teil der Lobby sind. Diese müssen also entweder versuchen sich selbst eine Lobby zu schaffen mit Mitteln, mit denen sie nicht umgehen können/wollen oder versuchen Ihren Unmut anders auszudrücken, indem sie auf die Strasse gehen zum Beispiel.

     

    Es ist traurig zu sehen, wie sie Idealismus als Wirkungslos verdammen, da er immer am Anfang steht. Hinter ihrem Artikel steht eine realistische aber dennoch arme technokratische Denke.

     

    Die Frage nach Judith Butler hin oder her, es geht nicht darum, welcher CSD politischer oder bedeutender ist, es geht darum, dass wir erinnern, und nach mehr, nach Gleichberechtigung streben. Und dass Menschen die sich politisch ohnmächtig fühlen, sich aber nicht in Parteien oder Lobbys integrieren wollen sich trotzdem ausdrücken können.

     

    Eine letzte Anmerkung:

    Sie haben einen ausgeprägten Wortschatz und eigentlich mag ich es, wenn Autoren damit umgehen, da ich mich durch das lesen solcher Texte auch selbst beweihräuchere. Doch meine Freunde sagen mir immer, wenn ich mit meinem Wortschatz so umgehen..."Du musst dich nicht mit deinem Wortschatz profilieren, wir hören dir auch zu wenn du normal redest."

  • T
    transdyke

    meinen glückwunsch an den autor, der mit seiner terminologie am ende selbst auf das eingeht, was ich mir beim lesen des artikels permanent gedacht habe: getroffene hunde bellen. ein autor, der "den ersten hamburger csd" mitorganisiert hat und nicht wahrhaben kann, dass sich der politische (menschliche... whatever) anspruch in den dazwischen liegenden 3 jahrzehnten von hundert auf sagen wir 2,5 prozent heruntergeschraubt hat. folgerichtig an dieser lobeshymne auf den lobbyismus ist nur eines: dass sich der MANN, der sich in seiner eitelkeit gekränkt fühlt und deswegen mit allen (für das thema völlig irrelevanten) "argumentativen" mitteln versucht, eine FRAU zu diskreditieren, vom hetero zum lobby-schwulen geworden ist. "weiß" war er und wird er bleiben. guido's with you, i s'pose.

    in diesem sinne: quod erat demonstrandum

    solidarische grüße an die veranstaltenden des tCSD aus göttingen.

  • M
    Marvin

    Der Kölner CSD hatte vor drei Jahren das Motto "Homo europäicus - Geht aufrecht!"

    In einer Broschüre wurde der Stand der LGBT's in den europäischen Ländern, angelehnt an die Evolutionstheorie, durch Staats- und Regierungsoberhäupter dargestellt, die entweder krabbelten (Polens Präsident Kacziensky) oder eben aufrecht gingen (Angela Merkel).

    Abgesehen von der zweifelhaften künstlerischen Umsetzung bestehen zwei bis drei Probleme:

     

    1. Der ganze Kampf um Gleichheit wird auf die Gesetzeslage reduziert. (Was ist mit den Fußballvereinen, den Rollen, den Bildern, der katholischen Kirche...?)

     

    2. Man suggeriert, der Kampf sei (zumindest in Deutschland) gewonnen, blickt in das rückständige Ausland, verlagert die Wut, die Aktivität, versetzt das ganze auf eine andere Schiene: Aus dem Kampf um Befreiung (radikal, konsequent) wird die Charity-Aktion für die Entwicklungsländer (nebenbei, lustig, für's gute Gewissen, Spendengalamentalität).

     

    3. Ja, die ganzen Erfolge sind wunderbar, großartig und vielleicht auch ein Grund, drei Tage zu feiern. Aber es erschließt sich mir einfach nicht, wie man darauf verzichten kann, nachdem man Unterdrückung erlebt hat und nachdem man erfolgreich dagegen angegangen ist, nicht weiter macht. Frauen und Männer sind gleichberechtigt... Aber die eine Frau ist Milliardärin und die andere auf Hartz 4. Es ist (nur) ein Maßstab, ein Kriterium für Unterdrückung mehr oder weniger abgeschafft wurden. Das ist ein Erfolg, aber warum soll es das Ende sein?

     

    Wer hat das Frauenwahlrecht eingeführt?

    Wer die Sozialversicherung?

     

    Natürlich haben da so genannte "bürgerlichere" Leute mehr erreicht. Aber war deshalb Ebert wirklich besser als Luxemburg, Bismarck wirklich besser als die von ihm verfolgten SozialdemokratInnen? Antwort: Nö.

     

    Deine Kritik ist halbwegs zu teilen, aber die alternativen AktivistInnen als totalitär und destruktiv abzustempeln, finde ich doch ziemlich gemein. Es braucht doch Utopien, denk ich. Und bei 'ner Coca-Cola-Party geht's immer leicht unwohl, so plakativ das Beispiel sein mag. Da ist mir die schwarzrote Fahne allein vom Gefühl her lieber, irgendwie...