Gastkommentar: Pfand verspielt
■ Debatte und Entscheidung vertauscht
Es ist viel gesprochen worden über die schon sieben Jahre laufende Debatte und über die Vorabsprachen (zum Großen Lauschangriff – die Red.), die zu den verschiedensten Zeitpunkten getroffen worden sind. Ich meine, das bemerkenswerteste Phänomen ist ein anderes. Der Bundestag entscheidet mit Zweidrittelmehrheit zugunsten der Grundgesetzänderung und der Folgegesetze, und dann geht die Debatte erst richtig los. Das ist offenkundig eine Situation, in der eine Bundestagsentscheidung nicht zu einer Beruhigung einer Meinungsdifferenz innerhalb der Bevölkerung führt, sondern den Widerspruch erst noch anheizt. Dann muß man sich sehr überlegen, ob da eine kluge Entscheidung getroffen worden ist.
(...) Ich finde, wenn denn neu verhandelt werden soll, dann kann man heute eigentlich nicht der Verfassungsänderung zustimmen. Es spricht meiner Wahrnehmung nach zumindest gegen die kleine Schule der Verhandlungskunst, daß man das Pfand vorher aus der Hand gibt, mit dem man nachher verhandeln will. Das scheint mir nicht sehr plausibel. Insofern bin ich eher der Meinung, daß es sinnvoll ist, diese Abstimmung zur Grundgesetzänderung zu verschieben.
Willfried Maier, Hamburger Senator für Stadtentwicklung, in der Bundesratsdebatte zum Großen Lauschangriff
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