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Gastkommentar Ralf Fücks1. Mai, Antifa und der Krieg im Kosovo

■ Auch die NPD ist gegen die NATO-Intervention für den Kosovo – was tun?

Einig war sich die Bremer 1. Mai-Kundgebung vor allem im Protest gegen die NPD: „Gemeinsam gegen die Neofaschisten“ war der gemeinsame Nenner aller RednerInnen und vieler Transparente. Gespalten waren die DemonstrantInnen in ihrer Haltung zum Kosovo-Krieg. Als der grüne Bundestagsabgeordnete Cem Özdemir ins Mikrofon rief: „In der rot-grünen Bundesregierung gibt es keine Kriegs-treiber“, gab es Pfiffe und Buhrufe. Für viele geht der Protest gegen die NPD und gegen die NATO nahtlos zusammen.

Das ist erstaunlich. Nicht nur, weil auch die NPD „gegen den imperialistischen NATO-Angriff auf Serbien“ demonstrieren wollte. Während die Linke gespalten ist, ist die Ultra-Rechte von Schirinowski bis Le Pen in der Opposition gegen die NATO-Intervention vereint. Das Milosevic-Programm des ethnisch homogenen Nationalstaats hat ihre volle Sympathie, und der „Kampf gegen das Weltherrschafts-Streben der USA“ ist nicht nur ein Markenzeichen der radikalen Linken. Dazu kommt der nationalistische Appell „Kein deutsches Blut für fremde Interessen“, mit dem die Rechtsradikalen schon gegen die Beteiligung der Bundeswehr an einer internationalen Militäraktion zur Beendigung des Gemetzels in Bosnien mobilisierten.

Nun kann man sich seine Bundesgenossen nicht immer aussuchen, und wenn zwei das gleiche sagen, bedeutet es nicht unbedingt dasselbe. Aber wer es ernst meint mit dem „Widerstand gegen Rassismus und Nationalismus“, sollte die Berichte von Human Rights Watch und der OSZE über das, was im Kosovo geschieht, zur Kenntnis nehmen: systematische Vertreibung der albanischen Zivilbevölkerung im Zusammenwirken von Armee, Polizei und paramilitärischen Banden, gezielte Ermordung der Intelligentia, Massenexekution wehrfähiger Männer, barbarische Mißhandlungen und Verstümmelungen, Plünderung und Niederbrennen von Siedlungen. All das erfüllt die völkerrechtlichen Merkmale des Völkermords.

Im Kosovo wiederholt sich, was schon in Bosnien unter den Augen Europas geschah. Wurden dort die muslimischen Bosniaken als „Untermenschen“ behandelt, die es von der Landkarte zu tilgen galt, sind es jetzt die Kosovo-Albaner, die dem Traum eines rassereinen Groß-Serbien im Wege stehen. Völkische Lebensraum-Politik, Entrechtung, Vertreibung und Vernichtung ethnischer Minderheiten – was ist das anderes als der Faschismus in Aktion? Man muß nicht die historische Parallele zu Auschwitz bemühen, um zu verstehen, daß die Politik der „ethnischen Säuberungen“ notfalls auch militärisch bekämpft werden muß, bevor sie ganz Europa vergiftet.

Es gibt gute Gründe zu zweifeln, ob die Luftangriffe der richtige Weg sind, die Ausbreitung ethnischer Gewaltpolitik auf dem Balkan zu stoppen, die binnen eines Jahrzehnts 250.000 Tote und mehr als drei Millionen Flüchtlinge erzeugt hat. Und nur ein Narr kann gegen eine politische Lösung für den Kosovo sein. Aber „politische Lösung“ heißt nicht „Frieden um jeden Preis“. UN-Generalsekretär Kofi Anan hat die Kriterien für einen tragfähigen Frieden noch einmal bekräftigt: ein Ende des Terrors gegen die Zivilbevölkerung sowie das Recht der Flüchtlinge auf sichere Rückkehr und ein Leben unter voller Wahrung ihrer Bürgerrechte. Das setzt den Rückzug der serbischen Soldateska und die Stationierung einer internationalen Friedenstruppe voraus. Solange Milosevics Gewaltapparat intakt ist, bestehen wenig Chancen für einen Frieden, der seinen Namen verdient.

Ralf Fücks, Ex-Senator, heute Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung

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