Gastkommentar Darknet: Anonymität muss geschützt werden

Seehofer will alle bestrafen, die den Zugang zum Darknet ermöglichen. Doch letztlich sind die Nutzer*innen verantwortlich für das, was dort passiert.

Horst Seehofer sitzt im Bundestag und tippt auf seinem Smartphone.

Ist Horst Seehofer wohl gerade im Darknet unterwegs? Foto: dpa

Zugegeben, wer zum ersten Mal ins Darknet abtaucht, findet weder Schauplätze tiefgreifender Polit-Debatten noch mutige Journalist*innen, die brisante Informationen über Diktatoren veröffentlichen. Der Einstieg in die dunkle Seite des Internets führt geradewegs zu Marktplätzen für Drogen, Waffen, Kinderpornografie oder gestohlene Daten.

Doch illegale Geschäfte gibt es auch offline. Es würde sie auch geben, würde man das Darknet „abschalten“; ein theoretischer Gedanke, denn technisch ist das unmöglich. Nicht das Darknet an sich, sondern seine Nutzer*innen sind verantwortlich für das, was dort passiert.

Journalist*innen und ihren Quellen kann die Anonymität im Darknet ihr Überleben sichern: Sie finden dort einen geschützten Raum, in dem sie recherchieren und Veröffentlichungen vorbereiten können, die einem Diktator nicht gefallen – selbst wenn sie überwacht werden.

Exilmedien können so auf sicherem Weg Informationen aus Krisen- und Kriegsgebieten erhalten und Propagandabilder entlarven. Die Technologie hinter dem Darknet ist vor allem der sogenannte Tor-Browser. Dieser erlaubt es, anonym im Internet zu surfen und Datenspuren zu verwischen.

Da Abschalten nicht funktioniert, will Horst Seehofer nun im Kampf gegen Drogen- und Waffenhandel den Strafgesetzbuchparagrafen 126 ändern. Sein aktueller Gesetzesentwurf sieht vor, diejenigen zu bestrafen, die Zugang zum Darknet ermöglichen. Das betrifft auch Reporter ohne Grenzen (ROG). ROG unterstützt das Tor-Netzwerk mit zwei Servern, um Journalist*innen die Umgehung von Zensur zu ermöglichen.

Ausnahmen für Medien sieht der Seehofer-Vorschlag zwar vor. Aber da Tor-Server in erster Linie von Organisationen wie ROG oder von Privatpersonen betrieben werden, würden diese nicht unter die Ausnahmen fallen. Statt ROG und andere zu kriminalisieren, sollten Seehofer und die Bundesregierung Angebote wie Tor im Zeitalter zunehmender Überwachung stärken. Die Änderung des Strafgesetzbuchparagrafen 126 darf nicht kommen!

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

ist seit 2012 Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen. Zuvor arbeitete er als Journalist bei verschiedenen Print- und Onlinemedien.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.