piwik no script img

Gabenspenders kleine Helfer

Versandhaus-Service: Virtuelle Geschenke-Finder wollen inspirieren, wenn sich partout kein Einfall einstellen mag, und gehen dabei durchaus unterschiedlich zu Werke. Ein Site-Besuch

von KERSTIN HÖRMANN

Was braucht der Mensch zu Weihnachten? Geschenkideen für die Lieben! Etwas, das sie noch nicht haben, etwas, das sie gar nicht brauchen? Oder doch etwas Nützliches?

Geschenke-Finder sollen helfen, wenn sich partout kein Einfall einstellen mag, und gehen dabei durchaus unterschiedlich zu Werke. www.geschenkefinder.de, z. B. klärt zunächst die Preisfrage und präsentiert dann Artikelgruppen. Der virtuelle Geschenke-Scout des Hamburger Versandhandels Otto dagegen zeigt zwar in 5 Kategorien insgesamt 546.208 Kombinationen, die zu beglückende Person abzubilden. Die Begrenztheit der Geschenke-Auswahl steht jedoch in krassem Missverhältnis zu den schier endlosen Möglichkeiten.

Die Helfer verstecken sich meist auf Internet-Seiten von Versandhäusern. Otto find ich, Klick für Klick, bei www.otto.de ➝ „Jetzt Geschenke finden“ ➝ „Geschenkideen mit Geschenkefinder“. Was Quelle hat, steht am Ende des Pfades www.quelle.de ➝ „Von Herzen schenken“ ➝ „Geschenke-Finder“ ➝ „Hier finden Sie passende Geschenkideen“. Spätestens jetzt beschenken Suchende mit 56k-Modem ihre Lieben mit der Formulierung eines präzisen Weihnachtswunsches: Die Segnungen einer ISDN-Card erscheinen von Site zu Site unentbehrlicher, der analoge Aufbau von bunten Katalogbildern kostet Zeit, Geld und Nerven.

Bringt aber auch Erkenntnis. Kulturelle Interessen von Männern ab 14 Jahren konzentrieren sich laut Otto-Finder auf Fotoalben. Einerlei, ob der zu Beschenkende Großvater, Freund oder kleiner Bruder ist, die handliche Lichtbildablage scheint immer angemessen. Alles Weibliche kann mit Bleikristall-Statuetten bedacht werden, vorausgesetzt, die 14-Jährige wird als Großmutter, Familienmitglied oder Schwester und nicht als Teenager eingestuft. Teenager, seien sie männlich oder weiblich, bekommen Fotoalben.

Quelle-Babys von 0-1 sollen sich zwar neben Kuschelbären auch für Lätzchen und Geschirr begeistern, doch lässt sie das vermutlich dennoch entspannter feiern als PISA-gestresste Otto-Säuglinge vor PC-Spielen oder Klapptafel. Und Teens von 10-14 Jahren fühlen sich mit einem Mikroskop-Set von www.neckermann.de vielleicht beschenkter als mit dem Universal-Familien-Fotoalbum.

Kultur, wie sie im Buche steht, hat www.amazon.de. Mit einer DVD von Gründgens‘ Faust-Inszenierung oder Dietrich Schwanitz‘ Ansichten darüber, was Bildung sei, sind Schenkende auf der sicheren Seite. Für Kleinkinder sind die Altersbereiche deutlich abgegrenzt, für Schulkinder gibt es differenzierte Interessenbereiche. Das Fühlbuch fürs Kleinkind zwischen 1-2 Jahren taucht bei den 3-4-Jährigen nicht wieder auf. Obwohl 8-10-jährigen Jungen angeblich lieber Jim Knopf, gleichaltrige Mädchen dagegen Pippi Langstrumpf lesen, gehen danach die Listen nahezu identisch weiter. Die Stadt der wilden Götter und Krabat sind gemeinsame Favoriten der 12-14-Jährigen, Das letzte Einhorn haben alle gern.

Das erspähte Präsent lässt sich aus allen Geschenke-Findern heraus bestellen. Unterschiedliche Lieferservice-Angebote schonen des Weihnachtsmanns Rentier, auch eingepackt und gegrüßt wird professionell. Bezahlt wird per Kreditkarte, gegen Rechnung oder per Nachnahme. Wie bei allen Online-Geldgeschäften müssen sensible Daten durch die Leitung geschickt werden, von denen nie sicher ist, wer alles sie zu speichern bekommt.

Und wo werden die endlich Beglückten all dies wieder los? Bei www.ebay.de lässt sich Unerwünschtes versteigern, auf www.flohmarkt-hamburg.de verkaufen, und unter www.tauschboerse-deutschland.de kann bargeldlos ein Gegenstand gegen einen anderen, oder auch gegen eine Dienstleistung getauscht werden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen