G7 zum Raketeneinschlag in Polen: Aus G20 wird spontan G7
Joe Biden veranstaltet ein nächtliches Krisentreffen in seinem Hotel in Bali. Die gemeinsame Abschlusserklärung der G20 verurteilt Russlands „Krieg“.
Die Staats- und Regierungschefs der führenden Industriestaaten (G7) samt der EU-Spitzen sind Mittwochmorgen beim G20-Gipfel in Bali spontan zu einer Krisensitzung zusammengekommen, um über den Raketeneinschlag in Polen zu beraten.
US-Präsident Joe Biden nannte es nach dem Treffen in seinem Hotel „unwahrscheinlich“, dass die Rakete angesichts ihrer Flugbahn von Russland aus abgefeuert wurde. Er habe die Verbündeten über seine Gespräche mit Polens Präsident Andrzej Duda und Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg informiert. Dabei habe „völlige Einigkeit“ am Tisch geherrscht, die polnischen Ermittlungen zur Attacke zu unterstützen.
Die G7- und Nato-Staaten und EU-Spitzen sicherten dem Nato-Mitglied Polen in einer Erklärung ihre „volle Unterstützung und Hilfe bei den Ermittlungen“ zu. Biden und andere Regierungschefs waren wegen des Zwischenfalls in der Nacht zum Mittwoch von Mitarbeitern geweckt worden. Später verurteilten der US-Präsident und der britische Premier Rishi Sunak russische Raketenangriffe auf zivile Ziele in der Ukraine, die es am Dienstag verstärkt gegeben hatte, als „barbarisch“.
Am Mittwoch billigten die Staats- und Regierungschefs der G20 zum Abschluss ihres Gipfels in Bali einstimmig den am Vortag bekannt gewordenen 16-seitigen Entwurf der Abschlusserklärung. Zu G20 zählen neben den G7-Staaten auch die führenden Schwellenländer.
Keine Sicherheits- aber Wirtschaftsfragen
Die Erklärung kritisiert Russlands Krieg gegen die Ukraine. Sie spricht auch klar von einem Krieg, was Russland und China bisher zu vermeiden suchten. So heißt es: „Die meisten Mitglieder haben den Krieg in der Ukraine auf das Schärfste verurteilt und haben betont, dass er unermessliches menschliches Leid verursacht und bestehende Schwachstellen in der Weltwirtschaft verschärft.“
Es wird darauf verwiesen, dass der Krieg das globale Wachstum einschränke, die Inflation antreibe, Versorgungsketten unterbreche, Energie- und Ernährungsunsicherheit verstärke und Risiken für die Finanzstabilität erhöhe.
Die Zustimmung Russlands und China war möglich geworden, weil der Text auch den Hinweis enthält, dass es „andere Ansichten und unterschiedliche Einschätzungen“ der Situation in der Ukraine und der Sanktionen gibt und anerkannt wird, „dass die G20 nicht das Forum“ für Sicherheitsfragen ist. Für unzulässig erklärt wird der „Einsatz oder die Androhung des Einsatzes von Atomwaffen“, eine Fortsetzung des Getreideabkommen gefordert sowie ein russischer Rückzug.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Altersgrenze für Führerschein
Testosteron und PS
Zweite Woche der UN-Klimakonferenz
Habeck wirbt für den weltweiten Ausbau des Emissionshandels
Haldenwang über Wechsel in die Politik
„Ich habe mir nichts vorzuwerfen“
Krieg in der Ukraine
Biden erlaubt Raketenangriffe mit größerer Reichweite