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G A S T K O M M E N T A R Reden und Bücher

■ Zum DDR–Schriftstellerkongreß

Das Wichtige sind die Bücher. Manches ließ aufhorchen auf dem zehnten Kongreß der Schriftsteller der DDR. Präsident Hermann Kant merkte an, Ausschlüsse müßten nicht für die Ewigkeit gelten. Hermlin, der uns, die wir nach dem Westen ausgetrieben wurden, schon mehrheitlich als Kriminelle und Friedensfeinde verunglimpfte, wollte eine Versöhnungshand ausgestreckt wissen. Günther de Bruyn nahm alle Kraft zusammen und forderte die Abschaffung der Zensur, die den Schriftsteller demütige und den Leser entmündige. Letzteres geschah noch nie so massiv von der Tribüne eines Kongresses herunter; die Verbandsspitze wird nicht so tun können, als habe sie gerade da nicht zugehört. Doch nicht noch so klingende und hallende Worte auf einem Kongreß sind wichtig, sondern die Bücher und die Wege, auf denen sie zu den Lesern kommen. Die DDR hat Nachholbedarf. Sie ist weite Wege gegangen, zugegeben. Vor 30 Jahren wurde ich mit Zuchthaus bestraft, weil ich die Bücher von Proust, Kafka und Joyce für den DDR–Leser gefordert hatte. Diese hat er, zumindest auszugsweise und in geringer Auflage, seit langem. Seit 25 Jahren aber wird dem Leseland DDR, so Hermann Kant, das Buch des DDR–Schriftstellers Fritz Rudolf Fries „Der Weg nach Oobliadooh“ vorenthalten. Die Bücher des Mecklenburgers Uwe Johnson haben das Recht auf Heimkehr. Als Gast, delegiert vom VS der Bundesrepublik, mochte mich Kant in Ost–Berlin nicht sehen. Ich verzichtete gern auf die Ehre einer Teilnahme, wenn meine Romane „Völkerschlachtdenkmal“ und „Zwiebelmuster“ den Weg nach Leipzig fänden. Erich Loest

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