G-8-GIPFEL: AFRIKA IST FÜR DIE GROSSEN DER WELT IMMER NOCH UNWICHTIG: Kontinent als Sozialfall
So ein Glück – die reichen Länder der Welt wollen künftig in Afrika keine Kriege mehr schüren, keine Dummheit mehr fördern und sinnlose Hilfsprojekte unterlassen. Nur: Man muss schon sehr bescheiden sein, um das Versprechen der G-8-Staaten, in Afrika „Frieden und Sicherheit zu fördern, Expertise und Kapazitäten zu erhöhen, wachstumsorientierte Investitionen zu ermutigen und effektivere Entwicklungshilfe zu leisten“, als Durchbruch zu sehen.
So wird das nichts mit Afrikas Entwicklung. Natürlich gesundet Afrika nicht einfach, wenn man dem bankrotten Kontinent Milliardensummen verspricht. Aber der Umkehrschluss, für eine möglichst große Wirkung müssten die Zusagen möglichst klein ausfallen, ist auch nicht der Weisheit letzter Schluss. Wenn die G-8-Länder 20 Milliarden Dollar für die Verschrottung gefährlicher Waffensysteme in Russland lockermachen können, dürften ähnliche Größenordnungen für gezielte Vorhaben in Afrika ihre Möglichkeiten wohl nicht übersteigen. Zum Beispiel die Finanzierung eines Programms der Weltbank für allgemeine Grundschulbildung in achtzehn armen Ländern, dessen Kosten mit fünf Milliarden Dollar im Jahr angesetzt werden. Oder die Aufstockung des einst von Kofi Annan ins Leben gerufenen Aids-Fonds, dessen zehn Milliarden Dollar noch lange nicht beisammen sind. Ganz zu schweigen von den 200 Millionen Dollar, die Afrika für die Beseitigung all seiner importierten Giftmüll- und Pestizidabfälle bräuchte, oder den 80 Millionen Dollar, die der UNO zur Abwendung einer Hungersnot im südlichen Afrika fehlen.
Die Realität ist so bitter wie einfach: Afrika ist den Großen der Welt nach dem G-8-Gipfel nicht wichtiger als vorher. Man nimmt in Kauf, dass ein ganzer Kontinent zum Sozialfall wird. Diese Erkenntnis läuft dem Impuls globaler Solidarität, der dem afrikanischen Entwicklungsplan „Nepad“ zugrunde liegt, zuwider. Nepad versuchte, eine Selbstverpflichtung Afrikas gegen eine der gesamten Welt aufzurechnen. Jetzt, wo die Welt sich diesem Versuch verweigert, können Afrikas Staatschefs ihren Plan eigentlich begraben.
Ein Scheitern von Nepad wäre logisch – und eine Katastrophe. Die Idee hinter dem Plan war eine Demokratie- und Friedensdividende: Wenn Afrika sich zu guter Politik verpflichtet, kommt der Rest der Welt zu Hilfe. Aber wenn die Welt das nicht tut, könnten Afrikas Führer sich auch von Demokratie und Frieden verabschieden. Für Afrikas Menschen wäre das fatal. Der Kontinent steht am Scheideweg.
DOMINIC JOHNSON
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