Fußballer Arango über seine beiden Füße: „Sie brauchen sich“
Zum Rückrundenstart spricht Mönchengladbachs Mittelfeldspieler über Fehlpässe, Zaubertore und seine unterschiedlich begabten Füße.
taz: Herr Arango, müssen Sie Ihren rechten Fuß nachts eigentlich festbinden?
Juan Arango: Wieso? Nein. Warum?
Ich denke, der rechte wird den linken vielleicht treten, weil er eifersüchtig ist, weil dem linken scheinbar alles gelingt. Und der rechte ist zerfressen vor Neid.
Nein, ist er nicht. Das linke Bein war schon seit der Kindheit das fußballerisch bessere. Aber das rechte Bein brauche ich doch auch, um zu stehen, zu laufen oder beim Autofahren. Da gibt es keine Eifersucht. Die beiden brauchen sich gegenseitig. Der rechte hilft dem linken, so gut zu sein. Beide sind gleich wichtig – na, sagen wir: 60:40. Für links.
Sie haben fünf Tore geschossen in der Hinrunde, alle waren sensationelle Treffer, und in der Wahl zum Tor des Monats, dazu haben sie laut Fan-Abstimmung 2012 siebenmal Borussias Tor des Monats erzielt. Können Sie keine einfachen Tore?
Tja, kann ich offenbar nicht. Gegen Fenerbahce stand ich allein frei kurz vor dem Tor, klare Sache – aber nicht bei mir, der Torwart hat gehalten. Der Beweis: Einfach geht bei mir nicht.
Der 32 Jahre alte venezolanische Nationalspieler (110 Einsätze) arbeitet seit 2009 für Borussia Mönchengladbach als offensiver Mittelfeldspieler. Bevor er in die Bundesliga wechselte, war er in Mexiko und Spanien Profi.
War das immer so?
Eigentlich ja. Auch die Tore in der venezolanischen Nationalmannschaft sind immer spektakulär. Auch im Training gibt es nur ganz selten einfache Tore. Das liegt wohl auch an meiner Position.
Als Sie ein Kind waren, hat Ihr Vater oder der Trainer gesagt, nimm den rechten Fuß?
Ja, aber nur um den rechten auch zu trainieren. Ich schreibe mit rechts. Das ist meine Balance.
Kann Ihr rechter Fuß überhaupt schießen?
(schüttelt den Kopf, kneift die Lippen zusammen) Das versuche ich erst gar nicht.
Kämen Sie denn vom Elfmeterpunkt bis zum Tor?
Doch, das ginge wohl schon. Vielleicht auch rein, aber nur ohne Torwart.
Haben Sie jemals mit rechts das Tor getroffen? Ein Kullerball? Klappt das, wenn Sie angeschossen werden?
Das müsste sehr nah sein. Aber ich kann mich nicht erinnern, nicht mal im Training.
Vielleicht müsste der linke Fuß einen Tipp gegeben?
Der gibt laufend Tipps und der rechte guckt sich das andersherum ja auch an. Aber es geht nicht.
Sie haben mal gesagt: „Das Schwere fällt mir oft leicht, das Leichte dafür manchmal schwer.“ Stimmt das?
Ja, es ist so. Auch die schweren Tore sind nicht immer leicht. Aber einfacher als die einfachen.
Ihr Trainer Lucien Favre schwärmt: „Juan hat so viel Gefühl im Fuß wie andere in der Hand.“ Aber dann ist da diese Zahl: 223.
Die Zahl meiner Spiele bei Borussia?
Nein, das ist die Anzahl Ihrer Fehlpässe in der Hinrunde. Die meisten in der ganzen Liga! Wie kann das denn?
Ich spiele nach vorn oft riskant, daran wird das liegen. Wenn ich es nicht versuchen würde, gäbe es diese Zahl nicht, aber wir wären wahrscheinlich erfolgloser. Die kurzen Pässe treffe ich immer, fast.
Wie viele von den 223 waren wohl mit diesem rechten Fuß?
Höchstens zehn. Den benutze ich ja fast nie.
Das „Tor des Monats“ ist den Spielern immer wichtiger, als sie zugeben. Bei Ihnen auch?
So wichtig auch nicht. Ich bin zufrieden und dankbar, dass es im Dezember mit dem Tor gegen Mainz im fünften Versuch geklappt hat. Aber wichtiger ist, dass wir als Mannschaft gut dastehen. Und ich fand den Volleytreffer gegen Wolfsburg im November noch besser. Aber da war auch Ibrahimovic mit seinem Fallrückzieher in der Wahl.
Hat der nicht eifersüchtige rechte Fuß dem linken gratuliert?
Er hat ihn beglückwünscht. Das machen die beiden oft gegenseitig, bei einem guten Pass oder einem Tor.
Und danach habend sich die beiden Füße wohlgefühlt beim gemeinsamen Champagner-Bad?
Bei mir gibt es keinen Alkohol, auch für die Füße nicht. Dann sind sie betrunken und funktionieren nicht. Und besonders gefeiert habe ich das Tor des Monats nicht mal mit meinen Kindern.
Sie haben am Mittwoch nicht trainiert. Ist der Einsatz in Hoffenheim gefährdet?
Nein. Der Knöchel ist ein bisschen geschwollen, rechts. Und der hatte den linken Fuß dann um Erlaubnis gebeten, das Training zu lassen. Samstag sind beide wieder fit. Todo!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Kommen jetzt die stahlharten Zeiten?
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“