Moskautaz | Katar liegt in diesen Tagen am Ende des Gorki-Parks. In dem Freizeitpark hat sich das Emirat einen kleinen Zipfel reserviert, um schon einmal zu zeigen, wie es so werden könnte in vier Jahren, wenn die nächste WM ansteht.
Männer in den traditionellen weißen Gewändern sitzen auf orientalischen Möbeln, damit man sie fotografieren kann. Wer will, kann sich einen Tee schenken lassen, und wer sich nicht ausdrücklich wehrt, findet sich mit einem Schild ausgestattet vor einer Fotowand und wird geknipst. „See you 2022“, steht auf dem Schild.
Die unfassbare Entscheidung der Fifa-Exekutive von 2010, von der noch nie jemand geglaubt hat, dass sie gefallen ist, ohne dass massiv bestochen wurde, wird immer realer. Die nächste Weltmeisterschaft wird wirklich am Golf stattfinden. Der ganze gewohnte Fußballrhythmus wird wegen eines gekauften Votums umgestellt. Vom 21. November bis zum 18. Dezember 2022 wird in Katar der nächste Weltmeister ausgespielt.
Ob das den Fans genauso viel Spaß macht wie in Russland, kann sich kaum einer vorstellen. Die Fanpartys werden in einem Land, in dem ein recht striktes Alkoholverbot herrscht, in abgetrennten Bereichen hinter hohen Zäunen stattfinden.
Elf Bilder sollt ihr sein
Der mit Abstand coolste Hund der WM: Senegals Trainer Aliou Cissé.
Foto:
dpa
Der mit Abstand Uncoolste: Jammerlappen Neymar.
Foto:
ap
Super Sache: Iranerinnen im Fußballstadion.
Foto:
imago/Aflosport
Auch schön: In Russland ist das Zeigen der Regenbogenfahne nicht erlaubt. Eine Gruppe von LGBTQ-Aktivist*innen hat einen Weg gefunden, das Verbot zu umgehen.
Foto:
Javer Tles/The Hidden Flag
Weniger schön: Superheld Cristiano Ronaldo feiert sich nach seinem Dreierpack gegen Spanien. Danach gab's allerdings nicht mehr viel zu feiern: Aus im Achtelfinale gegen Uruguay.
Foto:
reuters
Große Geste: Nach dem GEWONNENEN Elfmeterschießen tröstet Englands Trainer Gareth Southgate einen Kolumbianer. Gegen Kroatien war dann im Halbfinale Schluss. Ein Moment, den ...
Foto:
ap
... die Fans in London so erlebten. Mache Dinge realisiert der Körper offenbar vor dem Geist.
Foto:
reuters
Der brasilianische Fan straht eine gewisse Würde aus, während ...
Foto:
ap
... das für den russischen Fan nur bedingt gilt.
Foto:
ap
Frankreich ist Weltmeister. So feiert das Benjamin Mendy. Die Granden aus Fußball und Politik haben das so erlebt: ...
Foto:
reuters
Fifa-Chefgrinsebacke Gianni Infantino (l.) freut sich zusammen mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron (r.) über den WM-Titel. In der Mitte steht Oberrusse und Wachsfigur Wladimir Putin. Das ist das Ende.
Foto:
reuters
Am Donnerstag hat sich Fatma Samoura, die Generalsekretärin der Fifa, durch die kleine Katar-Welt im Moskauer Gorki-Park führen lassen. Mit ernstem Gesicht hat sich sie sich vom Chef des Organisationskomitees Hassan Al-Thawadi erklären lassen, wo welches Stadion stehen wird und wie weit die Fortschritte beim Bau gediehen sind.
Viele Bilder von frisch angerührtem Beton hat sie gesehen. Und Zahlen hat sie gehört. Niedrige Zahlen. Das eine Stadion ist 14 Kilometer vom Zentrum der katarischen Hauptstadt Doha entfernt, das andere 17, ein weiteres steht sowieso fast mitten in Doha. Die große Fußball-WM wird auf kleinstem Raum ausgespielt werden.
1.200 Arbeiter gestorben
Während Samoura brav über alles staunt, was ihr gezeigt wird, laufen im Hintergrund Bilder von den ruhmreichen Tagen des katarischen Fußballs. Derer gibt es nicht viele. 2014 hat Katar durch einen 2:1-Finalerfolg gegen Saudi-Arabien den Golf-Cup gewonnen. Immerhin. Das Land, das durch seine immensen Gasvorkommen so reich geworden ist, kann niemand als Fußballnation bezeichnen.
WM 2018: Und raus bist du!
Kroatien ist bei dieser WM genau genommen nicht ausgeschieden. Das Finale haben sie trotzdem mit 2:4 gegen Frankreich verloren. Und Mandzukic (Foto) geht als erster Eigentorschütze in die WM-Geschichte ein.
Foto:
dpa
Belgien verliert das Halbfinale mit 1:0 gegen Frankreich. Im Spiel um den dritten Platz können die Belgier jedoch punkten: sie gewinnen 1:0 und erklimmen damit das WM-Treppchen. Ein historischer Erfolg.
Foto:
AP
Ein zerplatzer Traum: Die letzte WM-Finalteilnahme der Engländer war im Jahr 1966 im eigenen Land. Auch dieses Mal hat's nicht gereicht; die Mannschaft verliert im Halbfinale 2:1 gegen Kroatien. Auch im Spiel um den dritten Platz müssen sie sich geschlagen geben: Belgien gewinnt 1:0.
Foto:
AP
Igor Akinfeew, im Achtelfinale gegen Spanien noch Elfmeterkiller, muss diesmal zu oft hinter sich schauen. Dennoch: Das in der Fifa-Rangliste schwächste Team hat sich hervorragend geschlagen, Zeiter in der Gruppe A, Spanien rausgeworfen, gegen Kroatien im Viertelfinale gut mitgehalten. Tolles Heimturnier.
Foto:
Reuters
Weit gekommen, gut verteidigt, Deutschland und die Schweiz rausgeschmissen: Schweden scheitert erst im Viertelfinale mit 0:2 gegen England.
Foto:
dpa
Brasilien war stark. Aber Belgien war stärker. Das Aus für Neymar und Co kam im Viertelfinale nach einem 1:2.
Foto:
dpa
Uruguays Torwart Muslera patzt: Frankreich gewinnt das erste Viertelfinale mit 2:0, die Urus (ohne den verletzten Cavani) sind raus. Dennoch: Starker WM-Auftritt von Uruguay. Souverän in Gruppe A gewonnen und ein gutes Achtelfinale gegen Portugal abgeliefert.
Foto:
Reuters
Achtelfinale. England gewinnt gegen Kolumbien. England gewinnt gegen Kolumbien im Elfmeterschießen. Kein Witz. Kolumbien fährt heim.
Die Schweizer können ihrer Favoritenrolle nicht gerecht werden. Emil Forsberg erzielt für Schweden in der 65. Minute den einzigen Treffer des müden Achtelfinales. Michael Lang (Schweiz, Foto) schleicht vom Platz.
Foto:
dpa
Japan schockt im Achtelfinale die favorisierten Belgier mit einem Doppelschlag nach der Pause: erst Haraguchi, dann Inui (Foto). Doch Belgien kommt zurück und schafft mit einem Tor in der Nachspielzeit den Lucky Punch. Japan muss heimfahren.
Foto:
Reuters
Torhüter Guillermo Ochoa kann dem Ball nur noch entgeistert hinterhergucken - das 2:0 durch den Brasilianer Willian besiegelt das Ausscheiden von Mexiko, das einigen bis dahin als Geheimfavorit gegolten hatte.
Foto:
dpa
Kroatien setzt zum Jubel an, Dänemark versteift. Erst im Elfmeterschießen konnten sich die Kroaten durchsetzen und treffen im Viertelfinale auf Russland. Dänemark scheidet als starke Defensivmannschaft im Achtelfinale aus.
Foto:
dpa
Russlands Torwart Akinfeew hält im Elfmeterschießen zwei Elfer, einen von Koke (im Bild). Die sehr defensiv spielenden Russen kommen ins Viertelfinale. Für Spanien, den Weltmeister von 2012, ist im Achtelfinale Schluss.
Foto:
dpa
Ein schönes, faires, sportliches Bild: Cristiano Ronaldo (Portugal, r.) führt den verletzten Edinson Cavani (Uruguay), der zuvor zweimal getroffen hatte, vom Feld. Wenn es ums Ergebnis geht, ist das Bild spiegelverkehrt. Uruguay ist mit weiter, Portugal scheidet im Achtelfinale nach einer 1:2-Niederlage aus.
Foto:
dpa
Argentiniens Torwart Franco Armani fliegt umsonst: Benjamin Pavard trifft zum 2:2. Frankreich gewinnt das erste Achtelfinale der WM mit 4:3 und zieht ins Viertelfinale ein. Argentinien ist raus!
Foto:
dpa
Vorrundenaus: Senegal, 4 Punkte, 4:4 Tore, Gruppe H: einmal gewonnen, ein Unentschieden, einmal verloren. Punkt und torgleich mit Japan. Raus wegen Fairplay: Japan hatte am Ende zwei gelbe Karten weniger. Ganz bitterer Abschied für Senegal.
Foto:
AP
Polen, 3 Punkte, 2:5 Tore, Gruppe H: Seit 12 Jahren hat Polen mal wieder an einer WM teilgenommen, die Erwartungen der Fans waren hoch. Aber Robert Lewandowski und seine Mitspieler lieferten nicht.
Foto:
imago/RussianLook
Panama, 0 Punkte, 2:11 Tore, Gruppe G: Panama hatte bei seiner ersten WM nicht das größte Glück, mit Belgien und England als Gruppengegner. Aber: Die Mittelamerikaner haben ihr erstes WM-Tor geschossen – gegen England! Gegen Tunesien hätte es fast noch zu einem Punkt gereicht. Fast.
Foto:
imago/ZUMAPress
Tunesien, 3 Punkte, 5:8 Tore, Gruppe G: Tunesien war neben Marokko das einzige Außenseiterteam, das versuchte, offensiv zu spielen. Auffällig war, dass die Tunesier am Anfang (Minuten 0 bis 10) und am Ende des Spiels (85. Minute bis Ende der Nachspielzeit) schwach waren. Nach einem knappen Sieg gegen Panama schieden sie aus.
Foto:
imago/ZUMAPress
Deutschland, 3 Punkte, 2:4 Tore, Gruppe F: Schland unter, das war's. Der amtierende Weltmeister und Gruppenfavorit verliert gegen Mexiko und Südkorea und scheidet damit in der Vorrunde aus. Verdient.
Foto:
AP
Südkorea, 3 Punkte, 3:3 Tore, Gruppe F: So sehen glückliche Verlierer aus. Trotz WM-Aus kann sich Südkorea über ein verdientes 2:0 gegen Deutschland freuen. Die Südkoreaner scheiden als Gruppendritter vor Deutschland aus dem Turnier aus.
Foto:
dpa
Costa Rica, 1 Punkt, 2:5 Tore, Gruppe E: Im letzten Spiel sicherte man sich knapp noch einen Punkt. Geholfen hat es nicht: Das Team muss nach der Vorrunde nach Hause fahren.
Foto:
Reuters
Serbien, 3 Punkte, 2:4 Tore, Gruppe E: Zuletzt traf Serbien 2014 in einem Freundschaftsspiel auf Brasilien – und gewann mit 1:0. Vier Jahre später verlieren die Serben 0:2. Damit sind sie raus aus dem Turnier.
Foto:
dpa
Island, 1 Punkt, 2:5 Tore, Gruppe D: Island ist das Team, dass irgendwie jeder mag. Die Isländer spielen körperbetont, aber nicht unfair und sie agieren als Team. Bei ihrer ersten WM-Teilnahme konnten sie zwar nicht in die K.o.-Phase vordringen, aber sie haben mit drei guten Partien gegen starke Teams eine gute Premiere hingelegt.
Foto:
imago/Xinhua
Nigeria, 3 Punkte, 3:4 Tore, Gruppe D: Ach ja, Nigeria. Es ist in den letzten vier Weltmeisterschaften immer dasselbe: Man ist mit den Argentiniern in der Gruppe, um knapp an ihnen zu scheitern.
Foto:
imago/ZUMAPress
Australien, 1 Punkt, 2:5 Tore, Gruppe C: Australien hat in dieser WM mal wieder überrascht. Aufgrund ihres Kaders, der größtenteils mit Spielern aus zweitklassigen Ligen besetzt ist, wurden die Australier mehr oder weniger abgeschrieben. In einer schweren Gruppe konnten sie aber mit jedem Gegner mithalten – fast.
Foto:
imago/SvenSimon
Peru, 3 Punkte, 2:2 Tore, Gruppe C: Peru hat die leidenschaftlichsten Fans der WM – eine riesige WM-Euphorie. Im letzten Spiel zeigten die Peruaner dann, wie stark sie wirklich sind und besiegten Australien mit 2:0.
Foto:
imago/SvenSimon
Marokko, 1 Punkt, 2:4 Tore, Gruppe B: Marokko ist der Pechvogel der WM. Gegen Iran verlor man wegen eines Eigentores in der 95. Minute. Marokko hat außerdem, im Gegensatz zu vielen Underdogs, das ganze Turnier über versucht, offensiv zu spielen. Gegen Portugal und Spanien war das Team durchaus ebenbürtig.
Foto:
imago/UPIPhoto
Iran, 4 Punkte, 2:2 Tore, Gruppe B: Der Iran hat bei der WM positiv überrascht. Besonders beeindrucked war, dass die Iraner sich von Spiel zu Spiel verbessert haben. Sie brachten sowohl Spanien als auch Portugal ins Schwitzen.
Foto:
imago/IndependentPhotoAgencyInt.
Ägypten, 0 Punkte, 2:6 Tore, Gruppe A: Auch Ägypten stellte einen Rekord auf. Im Tor vertraute das Team auf den ältesten Spieler der WM-Geschichte, den 45-jährigen Torwart El-Hadary. Ansonsten bot Ägypten ohne Mohamad Salah im 1. Spiel gegen Uruguay offensiv nichts, Salahs zwei Tore in den anderen Spielen halfen auch nicht mehr.
Foto:
imago/Golovanov+Kivrin
Saudi-Arabien, 3 Punkte, 2:7 Tore, Gruppe A: Saudi-Arabien hat einen speziellen Rekord aufgestellt. Mit 5:0 erlitten die Saudis eine der härtesten Eröffnungspleiten der WM-Geschichte. Trotzdem sind sie nicht so schlecht aufgetreten wie erwartet.
Foto:
imago/Bildbryan
Die meisten Bilder, mit denen Katar in Moskau für sich wirbt, haben mit Fußball nichts zu tun. In einer Multimediashow, die in einem Kubus untergebracht ist, der auf der Moskwa schwimmt, zeigt das Land, wie schön die Wüste hinter dem Persischen Golf sein kann und dass so mancher Katarer gute Arbeit als Falkner leistet. Man lernt, wie nicht nur Stadien, sondern ganze Städte aus dem Boden gestampft werden und kann den irrwitzigsten Hochhausprojekten beim Wachsen zusehen.
Wer nachfragt, hört, dass die Arbeitsbedingungen für die vielen Wanderarbeiter besser geworden seien. Ein Delegation des Europäischen Parlaments habe sich davon überzeugen können, sagte Außenminister Mohammed Al-Thani vor Kurzem. Aber man sei immer offen für Kritik.
Xavi Hernández, Weltmeister 2010 und mit Spanien auch zweimal Europameister, hat als WM-Botschafter Katars acht Wanderarbeiter nach St. Petersburg fliegen lassen. Sie durften sich das Eröffnungsspiel der WM anschauen. Dort haben sie, wie es in der Gulf Times stand, die besten Tage ihres Lebens verbracht.
Die 1.200 Arbeiter, die seit der WM-Vergabe nach Katar Schätzungen des Internationalen Gewerkschaftsbundes zufolge auf den Baustellen gestorben sind, haben sich ja vielleicht aus dem Jenseits mit gefreut.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei!
Jetzt unterstützen
"Die Fanpartys werden in einem Land, in dem ein recht striktes Alkoholverbot herrscht, in abgetrennten Bereichen hinter hohen Zäunen stattfinden".
So war es schon in Frankreich in der vergangenen Woche. Sammelläger für sicherheitsrisikovolle lobotomisierte Footballfans. Das begrüsse ich uneingeschränkt.
meistkommentiert
Sourani über das Recht der Palästinenser
„Die deutsche Position ist so hässlich und schockierend“
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Spardiktat des Berliner Senats
Wer hat uns verraten?
Autounfälle
Das Tötungsprivileg
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich