piwik no script img

Fußball-Profi wechselt in die EishalleKufen statt Stollen

Ilhan Mansiz, als Fußballer mit der Türkei WM-Dritter 2002, trainiert für Olympia. Bald startet er beim Qualifikationswettkampf – als Eiskunstläufer.

Fußball-Profi Illhan Mansiz auf dem Rasen (Archivbild von 2009) Bild: imago/gepa pictures

BERLIN taz | Ilhan Mansiz (38) will sich nun doch für die Olympischen Winterspiele in Sotchi qualifizieren – als Einskunstläufer. Der Name des ehemaligen Fußballprofis, der 21-mal für die türkische Nationalmannschaft aufgelaufen ist, steht gemeinsam mit seiner aus der Slowakei stammenden Partnerin Olga Beständigova (34) auf der Startliste der Nebelhorntrophy in Oberstdorf, einem Qualifikationswettbewerb für Olympia am letzten Septemberwochenende.

Vor einem Jahr hieß es noch, Mansiz habe seine Olympiapläne fallen lassen. Ein Jahr später will er es doch noch einmal wissen.

Bei der Nebelhorntrophy werden vier Startplätze für den Olympischen Paarlaufwettbewerb vergeben. 16 weitere Paare konnten sich bei den Weltmeisterschaften im März in Kanada qualifizieren, darunter zwei für die Deutsche Eislaufunion.

Um die vier Restplätze bewerben sich im Allgäu Paare aus zwölf Nationen. Als gesetzt gelten die Japaner Narumi Takahashi/Ryuichi Kihara. Das Rennen um die verbliebenen drei Startplätze ist relativ offen, wobei Mansiz und seine slowakische Partnerin, die für die Türkei an den Start gehen, als Außenseiter gelten. Und das nicht nur, weil sie die ältesten sind im Teilnehmerfeld. Der im Allgäu als Sohn türkischer Gastarbeiter aufgewachsene Mansiz hat erst 2007 das Schlittschuhlaufen erlernt – für eine Show im Fernsehen.

Gemeinsamer Fernsehauftritt

Bei der türkischen Version der TV-Show „Stars on Ice“ lernte er die erfahrene Paarläuferin Olga Beständigova kennen. Das Prinzip der Sendung: Eine gelernte Eiskunstläuferin und ein Prominenter sollten binnen kurzer Zeit ein gemeinsames Programm auf dem Eis einstudieren und im Wettkampf präsentieren.

Aus der gemeinsamen TV-Show der Slowakin mit dem Exfußballer wurde eine Liebesbeziehung. Und Mansiz wollte seiner Liebsten den Wunsch erfüllen, noch einmal bei Olympia zu starten. In Sotchi. Mit ihm. Beständigova und ihr Bruder Josef Beständig waren mehrfache slowakische Meister im Paarlaufen. 2002 wurden sie 17. der Olympischen Spiele.

Seit 2010 trainiert Mansiz mit seiner Olga für den Traum von den Spielen. Dem Sport-Informationsdienst sagte Mansiz: „Klar, Leute, die jetzt nicht richtig mit involviert sind, halten uns für verrückt. Und viele verstehen nicht, wieso man von einer Sportart in die andere wechselt. Aber für uns ist es eben dieser Reiz, diese große Herausforderung zu meistern.“

Doppelsprünge und Dreifachwürfe

Auf ihrer Facebookseite kann man die Trainingsfortschritte des slowakisch-türkischen Duos ansehen. Sie springen Doppelsprünge nebeneinander. Mansiz wirft seine zierliche Partnerin zu Dreifachwürfen. Die beiden zeigen beachtliche Hebungen auf dem Eis. Besonders Letzteres ist zu würdigen: Für die Partnerin birgt so eine Hebung, bei der sie zwei Meter über dem harten Eis in der Luft akrobatische Figuren absolviert, ein enormes Verletzungsrisiko. Sie muss sich auf die eisläuferischen Fähigkeiten des Partners, der sie hält, verlassen können.

Das sportliche Paket, das die beiden sich in gut drei Jahren harten Trainings erarbeitet haben, ist durchaus international vorzeigbar, wäre da nicht noch etwas anderes wichtig im Eiskunstlauf: die Grazie. Die fehlt dem ehemaligen Fußballer völlig. Die Pirouetten der beiden sind, höflich gesagt, gewöhnungsbedürftig.

Aktuell trainieren die beiden in den USA und werden Anfang September wieder im Allgäu erwartet, wo sie länger als zwei Jahre jeden Tag die Schlittschuhe geschnürt haben und durch ihre enorme Trainingsdisziplin den Jüngeren ein Vorbild waren. Ihr damaliger Trainer, Alexander König aus Oberstdorf, freut sich auf das Wiedersehen mit den beiden.

Nicht ganz aussichtslos

„Man kann ihre Leistung mit zweierlei Maßstab messen“, sagt er der taz. „Mit Aljona und Robin ist das Programm nicht vergleichbar. Aber wenn man betrachtet, dass sie ihre Leistung in nicht mehr in ganz jugendlichem Alter in nur drei Jahren harten Trainings erarbeitet haben, ist das weltmeisterlich.“ Im Rennen um einen Olympiastartplatz hält König die beiden nicht von vornherein für aussichtslos.

„Das hängt natürlich von der Leistung der Konkurrenten ab, unter denen viele neue und unbekannte Paare sind“, sagt er. An dem ehemaligen Fußballer schätzt er neben seiner Trainingsdisziplin vor allem die Fähigkeit, Korrekturen schnell umzusetzen. „Dabei hat er schon manche verblüfft.“

Dem ansonsten eher verschlafenen Wettkampf um die Nebelhorntrophy, der jedes Jahr im Allgäu ausgetragen wird, verschafft die Teilnahme des exotischen Paares enorme Aufmerksamkeit. König: „Ich erwarte Fernsehteams aus aller Welt und eine ausverkaufte Eishalle.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • LK
    lasse kaffeetasse

    Vielleicht fehlt mir ja die Phantasie, aber was ist bitte ein "Einskunstläufer"?

    Die zahlreichen Flüchtigkeitsfehler im Artikel über das S21-Urteil sind ja dadurch entschuldigt, dass dessen Autor seit seiner Kindheit gern mit Wörtern spielt. Ein professioneller Umgang stünde einem Journalisten besser an, aber es erklärt immerhin den sorglosen Umgang mit seinem Handwerkszeug.