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Fußball-Nationalelf auf der ErfolgswelleMit Geist und Gier

Die DFB-Auswahl fertigt Bosnien-Herzegowina mit 7:0 ab. Vorbei sind die Zeiten, in der man über die deutschen Kicker gelacht hat – schade eigentlich.

Letzter Streich: Tim Kleindienst erzeilt das 7:0 gegen Bosnien-Herzegowina Foto: Tom Weller/dpa

Berlin taz | Jetzt übertreiben sie es aber. Sieben Tore! Schon klar, der Gegner ist jetzt nicht wirklich eine Spitzenmannschaft. Auf Platz 74 der Weltrangliste steht Bosnien-Herzegowina – knapp vor Montenegro, Bahrain und Honduras. Es ist noch gar nicht lange her, da hätte man davon ausgehen könne, dass dies eine ideale Konstellation für eine wunderbare Blamage der DFB-Elf ist. Die Zeiten sind vorbei.

Mit 7:0 gewann die Auswahl von Julian Nagelsmann gegen völlig konsternierte Gäste am Samstagabend in Freiburg. „So ein Tag, so wunderschön wie heute …“, schallte es durchs Stadion und auch das höchste Lob, das man in Deutschland aussprechen kann, war nur allzu berechtigt nach dieser Partie, mit der die DFB-Auswahl den Sieg in der Nations-League-Gruppe A3 sichergestellt hat: Da kann man nicht meckern.

Schade eigentlich. Es hatte schließlich durchaus etwas schaurig Schönes zu beobachten, wie hilflos und arrogant zugleich die Nationalmannschaft seit der WM in Russland durch Turniere und Testspiele getapert ist. Was wurde noch vor einem Jahr gelacht, als sich das Team mit skurrilen Aufstellungen in den Partien gegen die Türkei und Österreich blamiert hatte. Da stand auch schon Julian Nagelsmann an der Linie und war vom Hoffnungsträger beinahe schon zur Witzfigur abgestiegen, weil er die Idee hatte, den Kreativspieler Kai Havertz als Schienenspieler mit Außenverteidigeraufgaben auszustatten.

Es war eine irre Zeit, in der man sich darauf verlassen konnte, dass nichts, aber auch gar nichts klappt, was der DFB mit seiner Nationalmannschaft anpackt. Unterhaltsam war das allemal. Und wenn auf dem Platz gerade keine Horrorshow abgeliefert wurde, dann blamierten sich andere für den DFB.

Inzwischen hört man Nagelsmann beinahe schon ehrfürchtig zu, wenn er spricht

Der Ausrüsterwechsel von Adidas zu Nike, der 2027 vollzogen werden soll, sorgte für Empörung bei der sogenannten politischen Elite im Land. Ein Satz von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck lieferte dabei eine der größten Pointen in dieser großen, deutschen Fußballcomedy, über die sich Fußballland jahrelang bestens amüsiert hat: „Da hätte ich mir ein Stück mehr Standortpatriotismus gewünscht.“ Was haben wir gelacht!

Völlig losgelöst

Heute lacht niemand mehr. Völlig losgelöst von jeder Kritik eilt die Nationalmannschaft von Spiel zu Spiel. Nur einmal hat sie in diesem Kalenderjahr verloren. Die Viertelfinalniederlage bei der Heim-EM gegen den späteren Titelträger Spanien war das wahrscheinlich beste Spiel, das eine deutsche Nationalmannschaft in den vergangenen zehn Jahren auf den Platz gebracht hat.

Mit Toni Kroos durfte sich ein echter Weltfußballer noch einmal im Nationaltrikot zeigen. Und als der dann seine Karriere beendet hat, segelte die Auswahl weiter auf einer Erfolgswelle, wie man sie lange nicht gesehen hatte. Dabei ist es beinahe völlig egal, wen der Bundestrainer auf den Platz schickt. Auch wenn die Wunderbubis Jamal Musiala und Florian Wirtz mal nicht können, läuft es.

Sogar der Gladbacher Tim Kleindienst, von dem man nicht wirklich wusste, ob er gut Fußball spielen kann, steht nun goldrichtig im Angriffszentrum. Und wenn sich gerade wirklich kaum mehr einer findet, der nicht angeschlagen ist, dann wird ein gewisser Jamie ­Leweling vom VfB Stuttgart mal eben zum Matchwinner.

Inzwischen hört man Nagelsmann beinahe schon ehrfürchtig zu, wenn er spricht. Über den „Geist der Mannschaft“ hat er sich gefreut nach dem 7:0 gegen Bosnien-Herzegowina und über die „Gier“, die er schon beim jüngsten Erfolg gegen die Niederlande gelobt hatte. Selbst jener Wettbewerb in der Nations League, für den sich hierzulande lange niemand interessiert hat, weil die Deutschen eh keine Chance hatten, wird inzwischen geschätzt.

Der DFB will sich um die Austragung des Finalturniers im kommenden Jahr bewerben, wenn die Auswahl das Viertelfinale übersteht. Aber wer würde im Moment daran zweifeln? Geist und Gier werden es schon richten. Verrückt!

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2 Kommentare

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  • Und da kotzen sie wieder, die Rechten, die warum auch immer, irgendwie die Misserfolge der Nationalmannschaft mit dem Zustand der Bundesrepublik in Zusammenhang gebracht haben. Die deutsche Nationalmannschaft hat keine Erfolge mehr, weil da so viele Dunkelhäutige spielen - Deutschland ist nicht mehr erfolgreich, wegen der ganzen Immigranten... Und, was jetzt? Mal sehen, was für eine neue abstruse These jetzt wieder erfunden werden muss, um seine eigene Unzufriedenheit zu kaschieren.

    • @Merke:

      Seit wann hat die AfD Ahnung von irgendwas, natürlich hat sie die auch nicht vom Fußball. Es rumpeln keine elf Michels über den Platz, Musiala ist auf dem Weg zum Weltstar, ebenso wie Wirtz, potentielle Remigrationskandidaten wie Rüdiger, Gnabry, Tah bringen verlässlich Leistung. Wenn das nicht Höckes Mannschaft ist, ist auf bestem Wege.