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Fußball-Bundesligist Union BerlinAuf Max Kruse kann man wetten

Es läuft bei den Köpenickern: Unions Stürmer zeigt sich beim turbulenten 3:3 gegen Eintracht Frankfurt wieder als Torgarant.

Torgarant: Max Kruse (in Rot) im Spiel gegen Frankfurt Foto: reuters

Beim 1. FC Union scheint derzeit vieles möglich, was noch vor zwei Jahren undenkbar war. Maradona im Stadion An der Alten Försterei, sogar das gab es am Sonnabend. Leider nur aus traurigem Anlass: Bevor das Spiel der Köpenicker gegen die Frankfurter Eintracht angepfiffen wurde, erschien die Ikone des Zauberfußballs auf der Videowand, und die Spieler und restlichen Anwesenden im Stadion hielten für eine Minute inne.

Danach entlud sich die Trauer der Zuschauer in einem Aufschrei als Intro eines Spektakels, das sie in der jungen Bundesligageschichte des 1. FC Union noch nicht erlebt haben. Klar, der Aufschrei der Zuschauer war nur ein imaginierter im Kopf des Beobachters, weil die Ränge wegen Corona leer waren, aber das Spektakel gab es tatsächlich.

Es dauerte eine gute Minute, da lag der Ball im Tor der Eintracht, nachdem Robert Andrich einen Patzer von Keeper Kevin Trapp ausgenutzt hatte. Drei Minuten später zappelte der Ball schon wieder im Netz der Eintracht. Taiwo Awoniyi war gefoult worden und Max Kruse hatte den fälligen Strafstoß sicher verwandelt. 2:0, womit Union allen Ernstes auf Platz zwei in der Bundesliga-Blitztabelle lag, wohlgemerkt am 9. Spieltag.

Die paar Unionfans, die der Partie hinterm Zaun im angrenzenden Wald beiwohnten, dürften da genau wie die wenigen Beobachter im Stadion den ungläubigen Gedanken im Kopf gehabt haben: Geht das wirklich so weiter mit Union, achtes Spiel ungeschlagen, vierter Sieg in Folge?

Strategie und taktische Konzepte von Trainer Urs Fischer gehen bisher voll auf.

Es schien so, denn allein der aus Liverpool ausgeliehene Stürmer Awoniyi, der bei den Reds in Köpenick so richtig aufblüht, hatte in der 19. Minute zwei Riesenchancen zum 3:0. Damit wäre das Spiel wohl gelaufen gewesen. So aber ging es nicht weiter mit dem Gewinnen, weil die Eintracht ihrem Ruf gerecht wurde, eine schwer einzuschätzende Mannschaft mit sportlich divenhaftes Verhalten zu sein. Am Sonnabend folgte auf das „total verpennt“ ein grandioses Comeback.

Zwei Tore von Andre Silva hatten zur Halbzeit wieder alles offen gemacht und ein weiterer Treffer von Bas Dost in der 79. Minute dann sogar das Spiel – in dem Union weitere Großchancen vergeben hatte – auf den Kopf gestellt. Diesmal schienen die Köpenicker tatsächlich vom Gegner abgezockt worden zu sein, aber da machte Pokerfreund Kruse noch einen Strich durch die Rechnung. Und der war bildlich zu betrachten: als schnurgerader Flug des Balls von Kruses Fuß über 18 Meter in den Winkel des Tors.

Sein sechster Saisontreffer, womit er der 10-Tore-Marke immer näher kommt, die der Neuköllner „4 Blocks“-Star Kida Khodr Ramadan vor der Saison prophezeite und darauf eine 10.000-Euro-Wette anbot. Wenn sich tatsächlich ein Gegen-Wetter gefunden haben sollte, dann dürfte der vermutlich nicht in Unions sportlicher Leitung sitzen. Die kann sich nämlich freuen, mit Kruses Verpflichtung alles richtig gemacht zu haben, weil er sich als der erhoffte Unterschiedsspieler entpuppt.

Dass es Kruse war, der gegen Frankfurt aus dem Team herausragte, ändert nichts daran, dass Unions Höhenflug auf der Leistungssteigerung vieler Spieler beruht, wofür letztlich Trainer Urs Fischer verantwortlich ist. Seine Strategie und taktischen Konzepte gehen bisher voll auf. Am Freitag kommt es in Charlottenburg zum Derby gegen Hertha. Durch den Nichtsieg gegen Frankfurt ist Tabellensechster Union doch nicht der hohe Favorit. Das dürfte Urs Fischer nur recht sein. Es steigert die Chance, die 0:4-Klatsche im Olympiastadion aus dem Frühjahr wettmachen zu können.

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