Fusion von Thyssenkrupp und Tata: Neuer Stahlgigant mit Doppelpass
Der deutsche Traditionskonzern Thyssenkrupp gründet mit dem indischen Produzenten Tata ein Gemeinschaftsunternehmen.
Das deutsche Traditionsunternehmen Thyssenkrupp und der indische Hersteller Tata fusionieren ihr europäisches Stahlgeschäft. Der Zusammenschluss sei ein „historischer Meilenstein“, sagte Thyssenkrupp-Chef Heinrich Hiesinger, dessen Unternehmen künftig vor allem als Technologiekonzern aktiv ist. Die legendären Stahlhersteller Thyssen und Krupp haben sich bereits 1997 zusammengeschlossen. Sie haben mehr als 200 Jahre die Industrie an Rhein und Ruhr geprägt.
Thyssenkrupp Tata Steel wird nach Arcelor Mittal in Luxemburg der zweitgrößte Stahlhersteller Europas mit Standorten in Deutschland, den Niederlanden und Großbritannien. Rund 48.000 Beschäftigte sollen jährlich einen Umsatz von 17 Milliarden Euro erwirtschaften – wenn die Wettbewerbshüter zustimmen.
Weltweit wird zu viel Stahl hergestellt, deshalb sinken die Preise. Laut OECD werden jährlich 600 Millionen Tonnen Stahl zu viel gewonnen. Thyssenkrupp und Tata wollen billiger produzieren, indem sie etwa gemeinsam günstiger Rohstoffe einkaufen. Weltweit größter Stahlproduzent und Verursacher des Überangebots ist China mit jährlich mehr als 800 Millionen Tonnen. Darauf folgt die EU mit 162,1 Millionen Tonnen. In Deutschland produzierten Thyssenkrupp, Arcelor Mittal, Salzgitter, Saarstahl und andere Hersteller 42,1 Millionen Tonnen.
Überkapazitäten auf dem Stahl-Weltmarkt sind einer der Auslöser des Handelsstreits zwischen US-Präsident Donald Trump und der EU, der mit Zöllen auf Stahlexporte in die Vereinigten Staaten begonnen hat. Die USA sind nach Japan und Indien der fünftgrößte Stahlhersteller der Welt. Der aktuelle Zollstreit ist aber nicht der Auslöser für die Fusion, über die wird schon seit zwei Jahren verhandelt.
Großaktionäre unzufrieden
Ursprünglich haben Arbeitnehmervertreter die Fusion kritisch gesehen, denn Zusammenschlüsse kosten Jobs. Im Aufsichtsrat haben sie aber zugestimmt. „Von den uns bekannten Optionen ist die Fusion die beste“, sagt Mike Schürg, Sprecher der IG Metall NRW. Ein Verkauf oder die Zerschlagung der Stahlsparte wären schlechter gewesen. Die Arbeitnehmervertreter konnten immerhin erreichen, dass es weitere Investitionen in Werke gibt.
NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) freut sich. Die Fusion sichere die Zukunft der Branche, sagt er. Großaktionäre von Thyssenkrupp sind unzufrieden. Sie fordern einen weiteren Umbau des Konzerns, damit die Rendite steigt.
Die Stahlbranche verliert als Arbeitgeber weiter an Bedeutung. In den 1960ern arbeiteten dort rund 420.000 Beschäftigte, 1980 waren es noch 288.000. Heute sind bei Thyssenkrupp, Salzgitter, Saarstahl und Co knapp 85.000 tätig. Im Zuge der Fusion werden bei Thyssenkrupp rund 4.000 Arbeitsplätze abgebaut, davon 2.000 in Deutschland. Allerdings konnten die Arbeitnehmervertreter im Aussichtsrat Jobgarantien für die bleibenden Beschäftigten durchsetzen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!