piwik no script img

FunkausstellungAlles auf Hochglanz

Auch in diesem Jahr wird auf der Internationalen Funkausstellung (IFA) die digitale Revolution verkündet. Und wieder könnte sie scheitern: an uns, den Verbrauchern.

Alles neu auf der IFA - aber wer braucht eigentlich einen noch größeren Fernseher? Bild: ap

BERLIN taz Menschen, Geräte, Sensationen: Die Internationale Funkausstellung (IFA) ist wie immer spitze. Rekordbeteiligung (1.212 Aussteller), Superlative allerorten, und dieses Mal startet das hochauflösende Fernsehen HDTV ganz bestimmt.

Wenn man die auf der IFA in den vergangenen Jahren als todsichere Entwicklung von morgen gepriesenen Errungenschaften zusammennimmt, ist das eine beachtliche Liste. Der kleine Schönheitsfehler: Reichlich viele von ihnen entpuppten sich als veritable Flops. Gut, dieses Jahr soll es ernst werden mit dem Hochglanz-Fernsehen HDTV. Aber vielleicht erinnert sich noch jemand an den letzten Versuch? D2-MAC, mit reichlich EU-Geldern gepäppelt, sollte die allein zulässige Norm für das Satellitenfernsehen der Zukunft werden, hochauflösende Qualität inklusive. Gut zehn Jährchen ist das nun auch schon wieder her.

Oder DAB: Diese Abkürzung steht für Digital Audio Broadcasting und meint einen eigenen technischen Standard fürs digitale Radio. Nur brauchen tut ihn leider keiner - denn in der digitalen Welt setzen sich derzeit Übertragungswege durch, die nicht mehr kleinlich unterscheiden, ob es sich um Radio, TV oder bloße Daten handelt.

Ebenfalls seit Jahren immer wieder gern verkündet: der unmittelbar bevorstehende Durchbruch des interaktiven Fernsehens. Sie wissen schon, wo man mit der Fernbedienung auf die Jacke des TV-Kommissars zielt und am übernächsten Tag kommt das Ding zwei Nummern zu klein per Nachnahme zu Hause an. Natürlich funktioniert Teleshopping; Verkaufskanäle wie QVC oder Home Shopping Europe (HSE) beweisen es seit langem. Allerdings, indem die KäuferInnen die Produkte wie ehedem brav per Telefon - oder immer stärker auch im Internet bestellen.

Doch die nicht eben taufrische Erkenntnis, dass nicht alles, was technisch möglich ist, hinterher auch jemanden findet, der es braucht, gerät zu IFA-Zeiten gern mal aus dem Blick.

Bemerkenswert ist dabei, wie souverän sich die Herstellerfirmen weiter von den Inhalten abkoppeln, die ihre schöne neue Technik transportieren soll. Motto: Erst mal das Gefäß, der Rest - also der "Content", der (auch das ist nicht eben neu) "King" ist - findet sich.

Wobei wir wieder beim Thema HDTV wären: Die entsprechenden Geräte gibt es, sie sind flach, schön - und teuer. Programme in HD-Qualität gibt es leider eher wenige. Denn auch sie sind schön - und vor allem teuer, viel teurer als normale TV-Ware. Nur stehen die Sender aktuell unter Sparzwang. Die privaten, weil ihre Konzernmütter zuallererst üppige Renditen sehen wollen und Risiken, wie sie mit jeder neuen Technik verbunden sind, scheuen. Und die öffentlich-rechtlichen, weil die Gebühr eh schon hoch genug ist und der vermaledeite Fußball auch nicht gerade billiger wird, aber natürlich weiter bei der "Sportschau" zu Hause sein soll.

Doch das ist alles nichts gegen den ärgsten Feind des Fortschritts: wir, die VerbraucherInnen. Wir sind nämlich hoffnungslos rückständig und nutzen nur etwas, dessen Sinn uns wenigstens halbwegs einleuchtet. "Mehrwert" muss "generiert werden", wie das so schön im Beratersprech heißt. Beim Mobiltelefon war das verhältnismäßig einleuchtend, bei der CD schieden sich schon die Geister, was den Siegeszug der Silberscheibe aber nicht aufhalten konnte. Bis der iPod kam.

Hochauflösendes Fernsehen, Kino-Qualität zu Hause, hört sich im ersten Moment ebenfalls durchaus klasse an. Doch dummerweise ist die Flimmerkiste für viele ZuschauerInnen gerade auf dem Weg vom Heimkino, das unsere ungeteilte Aufmerksamkeit genießt, zum Nebenbeimedium im Hintergrund. Wer aber zahlt schon freiwillig für Spitzenqualität beim Restrauschen? Damit ist das Hochglanz-TV natürlich nicht ein für alle Mal beerdigt. Doch es wird länger dauern, bis es sich als Standard durchsetzt. Und es muss zumindest zusätzlich zur Standardprogrammware Inhalte bieten, die mehr sind als die sattsam bekannten TV-Bilder, bei denen in Zukunft das Gras vielleicht ein bisschen grüner ist.

Eine fernsehtechnische Neuerung der IFA hat dagegen eher das Zeug zum schnellen Erfolg: ARD und ZDF gehen mit ihren Mediatheken an den Start. Fast alle Programme sind dann eine Woche nach der Ausstrahlung noch im Internet runterzuladen. Hier stimmen zumindest zwei von drei entscheidenden Faktoren: Es braucht zwar einen ziemlich schnellen Internetzugang, sonst wird der Mediathek-Besuch eine reichlich freudlose Angelegenheit. Aber es geht um Inhalte (die es bei ARD und ZDF reichlich gibt), und vor allem: Es kostet nichts. Wir haben mit der Rundfunkgebühr ja schon für alles bezahlt. Verbraucher lieben so was.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • I
    inwa

    Mit HDTV soll das Kopierschutzsystem HDCP eingeführt werden. In HD ready TVs ist dieser Kopierschutz verbaut, mit dem sich Aufnahmen in allen Qualitäten unterbinden lassen. Wer sich so ein Gerät kauft verzichtet auf sein bezahltes Recht auf Privatkopie nach § 53 Urhebergesetz. Das Umgehen eines Kopierschutz soll nach Plänen der Bundesregierung mit einer Strafe von bis zu einem Jahr Haft geahndet werden.

     

    Im BET-Broadcast-Fachwörterbuch ist zu lesen, dass die Einführung von HDTV nicht das Ziel verfolgt, dass das Bild schärfer wird. Ein auf den heutigen Fernsehstandart PAL optimiertes Gerät konnte in einem Test des Magazins Video die HDTV Auflösungen besser als die HDTV Referenzgeräte darstellen. Wer nicht (deutlich) unter dem 3fachen der Diagonalen eines 16:9 TVs oder dem 3,5fachen der Diagonalen eines 4:3 TVs zuschaut, darf sich von HDTV keine Qualitätsverbesserung erwarten. Denn das Auges kann die höhere HDTV Auflösung aus der Distanz nicht sehen.

     

    Die nächsten 10 Jahre wird PAL noch der vorherrschende TV Standard sein. Das ZDF gab bekannt möglicherweise 2010 HDTV zu senden, der ORF bietet HDTV nicht vor 2015 an. PAL hat aber auf den meisten HD ready TVs keine gute Qualität.

  • V
    vic

    Ich sehe wenig fern, finde das Bild meiner "Röhre" klasse. Die ist sehr groß und ich habe sie mal als B-Ware erstanden. Ist lange her und das Ding möge auch noch lange halten.

    Privatsender schaue ich nicht, ebenso wenig wie Fußball.

    Ich verfüge über eine gute Audio Anlage und was Flatscreens betrifft "ganz viel Zeit".