Für die Linke in NRW steht viel auf dem Spiel: „Absolut unverzichtbar“
NRW war ein wichtiger westdeutscher Landtag, in den die Linke einzog. Dass ihr das erneut gelingt, ist nicht sicher. Bei den Blitz-Umfragen liegt sie zwischen vier und fünf Prozent.
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KÖLN taz | Als alles vorbei war, zog es die Genossen in die Düsseldorfer Altstadt. In der Künstler- und Literatenkneipe Destille ließen die Abgeordneten der Linkspartei am Mittwochabend die Ereignisse des Tages, die in der Selbstauflösung des Landtags gipfelten, Revue passieren. Ob sie sich Mut antranken oder ihren Frust herunterspülten, allen gemeinsam war die Erkenntnis: Die kommenden Wochen werden hart. Für die Linke steht viel, wenn nicht alles auf dem Spiel.
Mit ihrer geschlossenen Ablehnung des rot-grünen Haushalts sind die elf Parlamentarier der Linkspartei ein hohes Risiko eingegangen. Ob sie jemals wieder die Gelegenheit bekommen werden, im Landtag über einen Antrag abzustimmen, ist ungewiss. Trotzdem sind sie überzeugt, das Richtige getan zu haben: „Wir waren immer gesprächsbereit“, sagt Fraktionschef Wolfgang Zimmermann. „Aber wir sind doch keine Lückenbüßer zum Nulltarif, wenn’s für Rot-Grün mit der FDP nicht klappt.“ Das wäre einer Selbstaufgabe gleichgekommen.
Es war ein schmaler Grat zwischen Anpassung und Totalverweigerung, auf dem sich die Fraktion bewegt hat. Als Newcomer haben sie dabei viel Lehrgeld zahlen müssen. „Wir haben jedoch auch einiges erreicht“, sagt Zimmermann. Die Liste der Beispiele, die er anführt, ist lang. Sie reicht von der Abschaffung der Studiengebühren, der Aufhebung der Residenzpflicht für Asylbewerber bis zur Einführung der direkten Abwahl von Bürgermeistern, die letztlich Duisburgs Oberbürgermeister Adolf Sauerland das Amt kostete.
„Als konsequente linke Kraft sind wir nach wie vor absolut unverzichtbar“, glaubt Zimmermann. Die Frage ist nur, ob die Wähler das auch so sehen. Anders als bei der FDP ist zwar die Hoffnung auf einen Wiedereinzug in den Landtag mehr als ein reiner Wunschtraum. Doch es dürfte äußerst eng werden: Bei Blitzumfragen vom Mittwoch landete die bunte Truppe zwischen vier (Infratest dimap) und fünf Prozent (YouGov).
Das Problem: Die Aufbruchstimmung, die die Linkspartei 2010 mit 5,6 Prozent in den Landtag brachte, ist verflogen. Der Parteiaufbau stagniert, von in der Höchstphase fast 9.000 Mitgliedern sind nur noch rund 8.100 übrig geblieben – und die sind bisweilen vor Ort untereinander heftig zerstritten. Auch die Aufstellung der Landesliste am 31. März und am 1. April dürfte nicht konfliktfrei abgehen. Wenn es um Mandate geht, wird mit harten Bandagen gekämpft.
Von einem Überlebenswahlkampf will Parteisprecher Hubertus Zdebel zwar nichts wissen. Aber er hofft auf bundesweite Unterstützung: „Der Gesamtpartei ist bewusst, welche Bedeutung NRW für sie hat.“ Über Auftritte von Lafontaine, Gysi oder Wagenknecht werde bereits verhandelt.
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